Im Rahmen seiner „The River“-Europa Tournee 2016 schauten Bruce Springsteen und seine „E-Street-Band“ auch für zwei Konzerte in Deutschland vorbei. Nach ausverkauftem Haus in München, begeisterte Springsteen auch im Berliner Olympiastadion über 70.000 Besucher mit einem Konzert mit einer Spielzeit von 3 Stunden und 20 Minuten.

Vorweg: Der einzige Wermutstropfen eines überwältigenden Konzertabends war der grottenschlechte Sound im proppenvollen Berliner Olympiastadion, der bei den rockigen Stücken derart übersteuert war, dass so manches Gitarrensolo schlichtweg Ohrenschmerzen verursachte. Zum Glück wurde der Sound im Laufe des Abends merklich besser. Dass die Berliner Tageszeitungen am Tag danach einhellig von einem der besten Konzerte sprachen, die das Olympiastadion je gesehen habe, hätte man nach dem etwas sperrigen Opener „Adam Raised a Cain“ nicht unbedingt erwarten können. Springsteen, der dafür bekannt ist, dass er seine Setlisten von Konzert zu Konzert munter durch würfelt, erfüllte zu Beginn einige Wünsche von den mitgebrachten Schildern seiner Fans. Der frühe Beginn (bereits um 19 Uhr!), eine tagsüber knallende Sonne und seltene Fanwünsche wie „Nights“, „It’s Hard to Be a Saint in the City“ oder „Lucky Day“ (Tourdebüt!) sorgten für ein etwas zähes erstes Drittel des Konzertes. So richtig wurde das Eis erst gebrochen mit dem zwölften Song des Abends, „Hungry Heart“, bei dem Springsteen munter durch die Zuschauerreihen spazierte und jede Menge Hände schüttelte. Kurz danach folgte der stärkste Teil des Konzertes mit vier Liedern am Stück, die mehr über die Geschichte Amerikas aussagen, als ein Donald Trump das jemals tun könnte. Zunächst „My Hometown“ (als Ode an die Heimat), dann „The River“ (mit Gänsehaut-Mundharmonika-Solo am Schluss), „American Skin / 41 Shots“ (inspiriert durch die Ermordung des aus Liberia stammenden Amadou Diallo, der unschuldig mit 41 Schüssen aus Polizeigewehren niedergestreckt wurde) und als Abschluss „The Promised Land“. Bei „Waiting on a Sunny Day“ durfte standesgemäß ein kleiner Junge aus dem Publikum den Refrain singen und machte seine Sache erstaunlich gut. Als bei „I’m on Fire“ Siebzigtausend im weiten Rund den Refrain „Ohoho – I’m on Fire“ übernahmen, war das ein weiterer Gänsehautmoment eines Konzertes, das mit „The Rising“ und „Land of Hope and Dreams“ sein vorläufiges Ende fand. Bevor es im Zugaben-Block bei vollem Stadion Licht traditionell so richtig abgeht, gab es für die Berliner Fans mit einer wunderbaren Version des live eher selten gespielten „Backstreets“ als erste Zugabe noch ein ganz spezielles Bonbon. Danach folgte Hit auf Hit. Erst „Born in the USA“, dann ein vollkommen entfesseltes „Born to Run“, „Seven Nights to Rock“, „Dancing in the Dark“, „Tenth Avenue Freeze out“ und das Isley Brothers Cover „Shout“ – jetzt brannte die Hütte in Berlin so richtig. Und während sich nach dieser Rock’n’Roll Sause so mancher wesentlich Jüngere im Publikum gefragt hat, wie es ein Bruce Springsteen auch mit 67 Jahren noch schafft, ein derartiges Pensum abzuspulen, schlurfte der mittlerweile müde aussehende Protagonist noch ein letztes Mal auf die Bühne, um „this fantastic Audience“ mit einer Akustikversion von „Thunder Road“ in die lauwarme Berliner Nacht zu entlassen. Was für ein Abschluss! Der Mann, der in jungen Jahren einst als die „Zukunft des Rock’n’ Roll“ bezeichnet wurde, macht zwar heutzutage längst keine zukunftsweisende Musik mehr. Aber immerhin hält Bruce Springsteen die Hoffnung aufrecht, dass der Rock’n’Roll so schnell nicht aussterben wird.

FAZIT: Mal eben 70.000 Leute so um den Finger wickeln, dass wirklich JEDER im Stadion mitmacht, das macht Bruce Springsteen mitsamt seiner kongenialen E-Street-Band so schnell keiner nach. Beindruckender Auftritt. One, two, three, four…