9. Januar 2014 im
Lincoln Theater, Worms:

Neun Tage war das Jahr alt, als ebenso viele Jungpoeten auf der Bühne des Lincoln Theaters standen, um die unterschiedlichsten Geschichten vorzutragen. Die einzigen Gemeinsamkeiten waren wie immer die Bedingungen, dass die Texte selbstgeschrieben sein mussten und jeder maximal sieben Minuten Zeit hatte. Der Zuschauerzuspruch war im prall gefüllten Lincoln Theater auch bei der dritten Auflage ungebrochen.

Bereits in der ersten Gruppe stießen drei redestarke Jungpoeten aufeinander. Den Anfang übernahm ANDREAS IN DER AU (AIDA), der aufmerksamen Sprachenthusiasten bereits von der Comedy Schlacht bekannt sein dürfte. Mit kraftvollen und vor allem ironischen Worten kommentierte er das Leid des Älterwerdens und vom Schicksal seines Berufs: „Wer nichts wird, wird Finanzwirt“ witzelte er und legte anschließend eine mitreißende Rap-Einlage, inklusive raumfüllender Animation, hin. Auch DOMINIQUE CRISAND dürfte einigen noch bestens als Moderator der Comedy Schlacht, die am 15.02. erneut im Brauhaus Zwölf Apostel stattfinden wird, bekannt sein. Er las aus seinem Klagebuch und schilderte die Folgen eines leichtfertig daher gesagten „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag“, das er in einem Aldi an der Kasse entgegen geschleudert bekam. Gegen Ende hin etwas hysterisch, lud die amüsante Alltagsschilderung zum Nachdenken ein. Gewinner der ersten Runde und letztlich auch Gewinner der Herzen (ja, ist schon klar, dass das ein ganz schön abgenudelter Begriff ist, aber in diesem Fall traf er zu) war der gerade erst 18-jährige SAMUEL KRAMER aus Frankfurts „Vorhof“ Offenbach. Mit gewaltigen Satzkaskaden und einem traumwandlerischen Gespür für die richtigen Worte, ließ er das Publikum teilhaben an seinen Alltagsbeobachtungen – egal, ob in der Fußgängerzone oder zu den allgegenwärtigen musikalischen Klangteppichen. Dass bei der Stichwortwahl das Wormser Publikum Samuel den Titel „Der Poet“ verlieh, war zwar ein wenig unfair gegenüber den anderen Teilnehmern, drückte aber aus, wie beeindruckt das Auditorium war. Auch in den nächsten zwei Runden bekamen die Zuschauer allerhand Skurriles zu hören, wie z.B. SANDRA STEINERTS Erzählung vom Wunsch, ein Mann zu sein. Als Sieger ging am Ende Poetry Slam Routinier MARVIN SUCKUT hervor. Der 24-jährige Konstanzer gewann mit einer Geschichte, die davon erzählte, wie er in Gedanken nachts die Tiere des Waldes beobachtete. Natürlich ist das hier nur ein kurzer Überblick über die mal irrwitzig, mal grotesken, mal heiteren Geschichten. Am besten ist es, sich beim nächsten Mal selbst ein Bild zu machen, indem man dem Lincoln einen Besuch abstattet.

FAZIT: Wiedermal ein gelungener Abend, der ausschließlich mit der Kraft der Worte und der Fantasie bestritten wurde. Etwas seltsam zeigte sich das Publikum bei der Wahl der Stichworte, die den jungen Künstlern zugeordnet werden sollte. Das irritierte auch Moderator Jens Wienand sichtlich, der Qualität der Geschichten tat das letztlich aber keinen Abbruch.