01. – 03. Juni 2018 | Wormser Innenstadt:

Der Rheinland-Pfalz-Tag hatte gerade begonnen, da öffnete der Himmel seine Schleusen und begrüßte das Länderfest mit einem lauen Sommerregen. Nachdem in der Nacht zuvor bereits ein ordentlicher Hagelschauer die Befürchtungen weckte, die drei Tage könnten sich nicht nur finanziell zu einer Katastrophe entwickeln, kam dann alles ganz anders.

Der Himmel zeigte sich nach dem mittäglichen Regen von seiner blauesten Seite, während die Sonne die Temperaturen stetig in die Höhe steigen ließ. Ein Umstand, den man fortan als gutes Omen deuten konnte. Das hatte die Megasause auch dringend nötig. Bekanntermaßen zeigten wir uns im Vorfeld extrem kritisch gegenüber der Entwicklung des Festes, hinsichtlich der Umwandlung der Innenstadt in eine „Hochsicherheitszone“ und eines zeitgleich ausufernden Etats. Ein paar Tage zuvor veröffentlichte die Stadt eine erste Schätzung, die den Zuschussbedarf mit mehr als einer Million Euro bezifferte. Heute, rund vier Wochen nach dem Fest der Superlative, ist der Rheinland-Pfalz-Tag Vergangenheit und die Ausgaben sind nicht mehr rückgängig zu machen. Dennoch stellt sich die Frage: „Waren die Ausgaben gerechtfertigt?“

Tolle musik und begeisterte Menschen
Aus organisatorischer Sicht kann man dem Rheinland-Pfalz-Tag bescheinigen, ein voller Erfolg gewesen zu sein. Worms präsentierte sich als toller Gastgeber, das Wetter zeigte sich durchgängig von seiner besten Seite und die gut gelaunten Besucher sorgten für ein Fest ohne besondere Vorkommnisse. Auch das Sicherheitskonzept wurde letztlich nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wurde, auch wenn sich die Barrikaden unschön bemerkbar machten und sie aufgrund ihrer scharfen Kanten ein gewisses Gefahrenpotential darstellten. Eines der Highlights war die Sportmeile, auf der sich ungefähr 40 Vereine samt ehrenamtlichem Personal präsentierten und zum Mitmachen einluden. Egal, ob Tennis, Skifahren, Fußball oder Ringen, die zahlreichen Besucher konnten sich in ebenso zahlreichen Sportarten ausprobieren. Wer sich eher für die verschiedenen Abteilungen der Staatskanzlei Mainz interessierte, wurde rund um den Weckerlingplatz fündig. Sympathisch und kompetent wussten die Mitarbeiter spannendes über Umweltschutz oder gesunde Ernährung zu erzählen und luden zu einem kleinen exemplarischen Ausflug in eine knapp 15 m² große Arrestzelle. Zu begeistern wussten auch die zahlreichen Konzerte.

Eine ganz besondere Schatzsuche
Als gelungen kann man, ohne wenn und aber, auch die Schaz-App bezeichnen, die in einer Kooperation zwischen der Hochschule Worms, der Stadt selbst und der KVG entwickelt wurde. Wer die App auf sein Smartphone runter lud, konnte sich so auf eine Schnitzeljagd durch Worms begeben. Einige Spiele konnte man zwar bequem von zuhause spielen, für viele musste man sich jedoch in die Stadt begeben. Wer die Strecke komplett hinter sich brachte, hatte am Ende des Tages rund zehn Kilometer zurückgelegt und dabei einiges gelernt. Um einen umfassenden Eindruck von Spiel und Fest zu bekommen, legte unser Redakteur Dennis Dirigo an den drei Tagen eine Gesamtstrecke von rund 25 Kilometern zurück. Eine besonders spannende Erfahrung war die Konfrontation mit der Virtual Reality Technik. Hierfür gab es eine eigens eingerichtete Station im Heylshofpark. Nach einer kurzen Einführung ging es, bekleidet mit einer entsprechenden Brille, direkt in eine virtuelle Schatzkammer, in der man zwischen verschiedenen Gegenständen wählen konnte. Hatte man sich für einen Weinbecher entschieden, fand man sich nach einem beherzten Schritt durch einen ebenso virtuellen Spiegel direkt in der Gondel des Riesenrades wieder, die sich sodann in Bewegung setzte. Zwar konnte die Grafik nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um eine Computersimulation handelte, das Gefühl wiederum interessierte das nur wenig. Es ist erstaunlich, aber auch ein wenig erschreckend, wie realistisch sich der Ausflug in die virtuelle Welt anfühlte. Zur Belohnung gab es im Anschluss an den Trip einen Code, mit dem die lustige Schnitzeljagd weitergehen konnte. Ebenso konnte man nach diversen Spielen der Schaz-App immer wieder an einem virtuellen Glücksrad drehen und kleine Preise gewinnen, die von den zahlreichen Sponsoren gestellt wurden. Für Unmut sorgte lediglich der Umstand, dass man diese noch am selben Tag abholen musste. Aufgrund des enormen Umfangs der Veranstaltungsfläche schaffte nicht jeder in dem vorgegebenen Zeitrahmen den Marsch zurück zum Bahnhof, wo sich die „Schatzkiste“ befand. dennoch war dies eine gelungene Idee.

Eine Frage der Platzierung
Doch wo viel Licht ist, fällt auch Schatten. OB Kissel prophezeite bereits in einem Post bei Facebook, dass die Stunde der Besserwisser nach den drei Tagen kommen würde. Im Vorfeld wurde viel über die Platzierung der Zelte diskutiert. Besonders die Gastronomen fühlten sich bereits um ihre Einkünfte gebracht. Tatsächlich sahen die Pläne einige Aufbauten direkt vor den Eingangsbereichen diverser gastronomischer Betriebe vor. Ein Umstand, dem wir uns schon früh widmeten und im Sinne der Gastronomen hingewiesen hatten. Letztlich konnten viele Gastronomen von dem Fest profitieren, aber es gab auch welche, die unter dem Fest litten. So wirft die Platzierung eines Entdeckerzeltes des Landes Rheinland-Pfalz – direkt vor dem Eingang der Wormser Wurst Werkstatt – Fragen auf, denn beim Ablaufen der Strecke zeigte sich, dass eine sensiblere Organisation möglich gewesen wäre. Selbiges gilt für die hochinteressante Kiss-Meile in der KW, die allerdings zur Folge hatte, dass verschiedene Geschäfte bereits im Vorfeld beschlossen hatten, während des Landesfestes erst gar nicht zu öffnen. Sei es, weil das Personal aufgrund des Verkehrskonzeptes kaum eine Chance hatte, den Arbeitsplatz zu erreichen, oder weil man eben ein Zelt direkt vor die Nase gesetzt bekam. Besonders unsensibel zeigte sich das im Eingangsbereich der Kinowelt Worms, der komplett hinter einem Zelt verschwand. Andererseits beklagten sich andere Aussteller über ihre abseitige Lage und dass es dort zu wenige Publikumsmagnete gab. So geschehen auf der Strecke zwischen Kriegerdenkmal und Kaiser Passage. Ein Schicksal, das auch die Fischerwääder ereilte und die eher traurige Jugendmeile am Rhein. Wer ein ruhiges Örtchen zum nachdenken suchte, konnte dort fündig werden. Eine Verdichtung zum Wohle aller, wäre hier wünschenswert gewesen.

Stärkt der RLP-Tag den Tourismus?
Das erklärte Hauptziel des Festes, mit dem Michael Kissel die exorbitanten Ausgaben rechtfertigt, war die Förderung des Tourismus. in einem Artikel der Wormser Zeitung wurde positiv vermerkt, die Tage seien gut besucht gewesen, so dass Hotels und Pensionen komplett ausgebucht waren. Das war tatsächlich so, allerdings sagt das nichts aus über die Besucherzahl. Bereits bei einem Presserundgang, zwei Tage vor der Eröffnung, berichteten die Mitarbeiter des Organisationsteams, dass es keine Betten mehr in Worms gebe. Das lag aber nicht an Touristen, die vorhatten, drei Tage zu bleiben, sondern schlicht und ergreifend an den Ausstellern, Polizisten sowie den zahlreichen Mitarbeitern der Staatskanzlei Mainz, die natürlich gezwungen waren, sich eine Übernachtungsmöglichkeit zu suchen. Zwar kann es dem Hotelier egal sein, wer am Ende die Rechnung zahlt. Trotzdem kann man diese Zahl nicht heranziehen, wenn man auf den touristischen Erfolg des Festes verweisen möchte. Dass viele Menschen hier waren, lässt sich nicht von der Hand weisen. Ob es die genannten 320.000 Besucher waren, darüber kann man streiten. Eine seriöse Zählung gibt es nicht. In den vergangenen Jahren setzte Worms verstärkt auf das Thema „Tourismus“. Tatsächlich sind die Zahlen steigend, allerdings betrifft das überwiegend den Tagestourismus, der wiederum nur eingeschränkte Attraktivität besitzt, denn schließlich geht es ums Geld verdienen. Es ist fraglich, ob der Rheinland-Pfalz-Tag hierfür das richtige Mittel war. Die Logik der Verantwortlichen ruht in der Hoffnung, dass sich viele Menschen, die für einen Tag hierher kamen, die Stadt ein weiteres Mal anschauen möchten. Eine gewagte These! Ob andere Menschen durch dieses Fest nach Worms gelockt werden, darf ebenso bezweifelt werden. Hierzu sei eine Frage erlaubt: „Wie viele Rheinland-Pfalz-Tage haben Sie in den vergangenen Jahren besucht oder der ausrichtenden Stadt in der Folge einen weiteren Besuch abgestattet?“ Sie sagen keinen oder zumindest Alzey? Dann sind sie nicht alleine. Uns ging es so ähnlich und auch vielen anderen, denen wir diese Frage stellten. Natürlich ist diese Aussage nicht repräsentativ, aber sie vermittelt durchaus einen Eindruck von der Nachhaltigkeit eines solchen Festes. In Sachen touristischer Nachhaltigkeit dürften die Nibelungen-Festspiele sowie Martin Luther und sein Auftritt vor dem damaligen Reichstag in Worms deutlich die Nase vorne haben.

Unser Fazit
Das Fest ist gelaufen, das Geld ist weg und nutzte bestenfalls als Wirtschaftsförderung für Gastronomie und Hotels. Die Schaz-App ist durchaus ein interessantes Instrument, das man den Touristen mit gutem Gewissen an die Hand geben kann. Positiv zu vermerken ist auch die Schaffung von WLAN-Hotspots in der gesamten Stadt. Etwas, was längst überfällig war und nun endlich auch in Worms angekommen ist. Gerne sprach Herr Kissel, dass die Ausgaben auch dazu dienten, Worms ein wenig schöner zu machen. Wenn er damit die roten Graffitistriche in der Fußgängerzone meint, die ursprünglich als Markierung für die Zelte dienten, dann ist es zumindest gelungen, ein wenig Farbe in selbige zu bringen. Und wer wissen möchte, wo man den SWR findet, der muss zukünftig von der Friedrich-Ebert-Straße kommend einfach dem roten Pfeil folgen.