Am 25. Mai 2017 hatten die Regionalligakicker von Wormatia Worms die große Chance, aus einer guten Saison eine perfekte zu machen. Doch leider setzte es im Finale des Bitburger-Verbandspokals in Pirmasens eine ganz bittere 1:2-Niederlage gegen den Oberligisten SV Morlautern, die dem Verein nicht nur aus finanzieller Sicht so richtig weh tut.

Als gegen 14 Uhr insgesamt 13 Busse, vollgepackt mit knapp 650 in rot gekleideten Wormatia-Fans, Richtung Pirmasens aufbrachen, schien es für dieses Pokalfinale eine Option im Vorfeld überhaupt nicht zu geben: Dass man dieses Spiel gegen den SV Morlautern, der gerade so dem Abstieg in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar entronnen war, auch verlieren könnte. Zu groß war die Zuversicht nicht nur in Anbetracht des Klassenunterschiedes, sondern auch weil das Team von Steven Jones bis zum letzten Spieltag Gas gegeben und auf den letzten Metern noch den sechsten Rang in der Regionalliga Südwest erreicht hatte. Die Mannschaft war seit Wochen gut drauf, zudem war man mit der Empfehlung von elf Punktspielen in Folge ohne Niederlage zum Finale gereist. Was sollte da schon schief gehen? Knapp sieben Stunden später stiegen die geschätzt 1.500 Wormser unter den 2.451 Besuchern des Pokalfinales wortlos, kopfschüttelnd und vollkommen konsterniert in ihre Busse oder Autos, um auf der Rückfahrt ein verlorenes Spiel zu analysieren, das man nie und nimmer hätte verlieren dürfen. Was war in den 94 Minuten auf dem Platz schief gelaufen, so dass am Ende plötzlich das „falsche“ Team den Pokal in die Luft recken durfte? Dabei hätten die klassenhöheren Wormser nur an den letzten großen Pokalfight der Wormatia im Jahr 2012 gegen Hertha BSC Berlin zurückdenken müssen, um zu wissen, zu was ein Underdog imstande ist und was einen erwarten würde: Ein bis in die Haarspitzen motiviertes unterklassiges Team, das um die größte Chance seines Lebens, eine Teilnahme am DFB-Pokal, kämpft und sein Heil überwiegend in der Defensive suchen wird. Genau so ist es gekommen.

BEREIT FÜR DIE GROSSE PARTY

Als die beiden Mannschaften um kurz vor 17 Uhr bei sommerlichen Temperaturen den Platz betraten und sich ein überdimensionales Wormatia-Banner nebst Drachen über den Wormser Fanblock spannte, darunter der Schriftzug: „Du sollst ewig Südwestmeister sein“, da schien alles angerichtet zu sein für die große Party. Wer jedoch gehofft hatte, dass auch nur ein Funken der Euphorie, die auf den Rängen herrschte, auf die Mannschaft überspringen würde, sah sich schon bald ernüchtert. Wie in einem Trainingsspiel gegen die B-Elf tuckerte der Wormatia-Motor gemächlich vor sich hin, ohne auch nur ansatzweise Betriebstemperatur zu erreichen. Bereits nach gut 20 Minuten war die anfängliche Vorfreude auf einen ungefährdeten Sieg, möglichst durch ein frühes Tor, der Erkenntnis gewichen, dass das bisher äußerst zähe Spiel keinesfalls ein Selbstläufer wird. Die ersten Akzente hatte der SV Morlautern gesetzt, während die Wormatia pomadig und einfallslos den Stiefel des vermeintlich überlegenen Teams runter spielte. Obwohl auch 20 Minuten später noch immer keine wesentliche Änderung eingetreten war, weil der VFR zwar weitaus mehr Spielanteile hatte, aber kaum nennenswerte Torchancen herausspielte, schien das Spiel dann doch den erwarteten Ausgang zu nehmen. Als Jan-Lucas Dorow nach Flanke von Alan Stulin in der 41. Minute zum Führungstreffer für den VFR einköpfte, geschah dies zu dem psychologisch wichtigen Zeitpunkt kurz vor der Pause. Das sorgte dafür, dass die zwischenzeitliche Skepsis unter der Wormser Anhängerschaft in der Halbzeitpause der Hoffnung wich, dass das Spiel nun einfacher werde, da Morlautern kommen müsse und sich irgendwann die individuelle Klasse von Konterspielern wie Dorow, Saiti oder Pinheiro durchsetzen würde. Oder Treske würde mal wieder für ein wichtiges Tor sorgen. Vermutlich hat der Treffer nicht nur Fans, Spieler und Umfeld, sondern auch das gesamte Trainerteam beruhigt, das sich bis dahin in seiner seit Wochen geäußerten Meinung bestätigt sah: „Wir sind personell besser besetzt und mit zunehmender Dauer des Spiels wird sich unsere individuelle Stärke durchsetzen.“ Nichtsahnend, dass der Glauben an die eigene Stärke nach dem Führungstreffer in Übermut bei den Spielern ausarten sollte.

In der 2. Halbzeit läuft alles schief

Zunächst musste der Oberligist Morlautern sichtbar mit seinen Kräften haushalten und übernahm erst gar keine Anstalten, das Spiel machen zu wollen, sondern baute von Beginn an ein Bollwerk um den eigenen Strafraum. An der Fünfer-Abwehrkette mit einem defensiven Vierer-Mittelfeld davor, biss sich die Wormser Offensive weiterhin die Zähne aus. Oder besser gesagt, es wurde weiterhin weiträumig der Strafraum des SVM umspielt, ohne auch nur einen Hauch von Gefährlichkeit auszustrahlen. Kaum Tempo, kein Spielwitz, das alles getreu dem Motto: „Gegen Morlautern wird das schon reichen…“

Spätestes als Oehler in der 61. Minute – trotz Geleitschutz durch vier Wormser Spieler – nahezu ohne Bedrängnis aus 25 Metern abzog und der Ball vom Innenpfosten ins Tor prallte, hätten die Wormaten aufwachen müssen. Der Zeitpunkt für den Ausgleich war längst nicht mehr überraschend, sondern hatte sich in den Minuten zuvor schon bei zwei Möglichkeiten des SVM abgezeichnet. Vielleicht wäre das der richtige Zeitpunkt gewesen, zudem noch vor dem Hintergrund einer drohenden Verlängerung und der erstmaligen Möglichkeit, im Finale sogar vier Mal auswechseln zu dürfen, für frischen Wind von außerhalb zu sorgen. Die Lethargie auf dem Rasen schien sich aber auch auf das Trainerteam übertragen zu haben und es blieb vorerst alles wie bisher. Das Geschehen spielte sich nach dem Ausgleich vom Prinzip nur noch in der Hälfte der Morlauterer ab, die mit ihren groß gewachsenen Spielern einen Riegel um ihren Strafraum bauten, so dass die einzige nennenswerte Chance ein Kopfball von Florian Treske war, den Torhüter Hodel bravourös parierte (71.). Erst in der 76. Minute durfte mit Steffen Traub für den blassen Ricky Pinheiro ein klassischer Joker aufs Feld, der in der jüngsten Vergangenheit bereits vier Mal nach Einwechslungen getroffen hatte. In der 84. Minute folgte mit Fatih Köksal für Enis Saiti ein weiterer längst überfälliger Wechsel, hatte doch Saiti kaum Akzente in der Offensive gesetzt. Auch die beiden etatmäßigen Sechser, Sandro Loechelt und Benjamin Himmel, hatten sich zuvor mehr schlecht als recht bemüht, das Spiel anzukurbeln oder für eine überraschende Aktion in der Offensive zu sorgen. Köksal dagegen kann auch mal 1-2 Mann aussteigen lassen und mit einer Einzelaktion für Gefahr in Strafraumnähe sorgen – also genau das, was man in den 84 Minuten zuvor so schmerzlich vermisst hatte. Auch Güclü durfte als klassischer Stoßstürmer, als zweite Spitze neben Treske, in der 87. Minute nochmal für ein paar Minuten ran (für Loechelt). Beide Wechsel erfolgten allerdings erst, nachdem der SV Morlautern in der 81. Minute wie aus dem Nichts den 2:1-Führungstreffer erzielt hatte. Die zunehmend mit konditionellen Problemen kämpfenden Morlauterer hatten bei einem ihrer seltenen Gegenangriffe in der Schlussphase das Glück des Tüchtigen. Nach einem vollkommen unnötigen Freistoß von der Seitenlinie, der an Freund und Feind vorbei segelte, vollstreckte Olali am langen Pfosten zur 2:1-Führung für den Außenseiter. Dass es für die Wormser Spieler nach diesem Schock gar nicht mehr so einfach war, vom zuvor gemächlichen zweiten Gang plötzlich in den vierten Gang hochschalten zu müssen, wurde in der Schlussphase offensichtlich. Während die Wormatia weiter kopflos anrannte, bekam der zuvor müde wirkende Gegner nun die zweite Luft, warf sich in der Schlussphase in jeden Zweikampf und schaltete – die Sensation vor Augen – von 100 auf 120 Prozent hoch. Und so blieb es bei einem 2:1-Überraschungssieg des SV Morlautern, der entsprechend von den Oberligakickern gefeiert wurde. Auf Wormser Seite gab es nach dem Schlusspfiff lange Gesichter und ein paar Tränen über diese fahrlässig verpasste Möglichkeit, einen an sich nicht sonderlich starken Gegner mit spielerischen Mitteln auszuhebeln. Zumal der VFR auch noch in Führung lag, ehe dann in der letzten halben Stunde so ziemlich alles schief gelaufen ist.