Für die meisten Menschen ist es fast schon ein ritueller Ablauf, wie ein durchschnittlicher Tag in Deutschland beginnt. Irgendwann am frühen Morgen klingelt der Wecker, sie stehen auf, gehen in das leicht vorgewärmte Bad und stellen sich unter die Dusche, die sie sich entsprechend ihren Gewohnheiten einstellen. Doch was ist, wenn all das, was wir als selbstverständlich betrachten, plötzlich nicht mehr funktioniert?

Für die Bewohner im Wohnviertel zwischen Würthweinstraße und Bebelstraße war das lange Zeit die bittere Realität. Wohnhaft in Sozialwohnungen der städtischen Wohnungsbau GmbH lebten die Menschen dort in eiskalten Räumen mit ebensolch kaltem Wasser. Bei den bisherigen Außentemperaturen dieses Winters war das mehr als nur eine Belastung für Körper und Seele. Insgesamt existierte das Problem knapp drei Jahre, ohne dass es besondere Bemühungen seitens der Stadt oder Wohnungsbau gegeben hätte, dieses zu lösen. Ursache war offenbar, dass das Fernwärmenetz, an das die Wohnungen angeschlossen sind, nicht richtig funktionierte. Gespeist wird die Energie durch das entsprechende Netz, welches im Liebenauer Feld seinen Standort hat. Laut Aussage eines Heizungsinstallateurs hatte dies zu wenig Druck, um die Wohnungen in diesem Bezirk ab dem ersten Stock entsprechend mit heißem Wasser und Heizwärme zu versorgen. Die Kosten für das Netz, als dieses vor rund drei Jahren seine Arbeit aufnahm, wurden dennoch – selbstverständlich – auf die Mieter umgelegt. Als verschiedene Anwohner bei der Wohnungsbau vorsprachen, wurden diese an die Firma Rauh verwiesen, die sich wiederum nicht zuständig fühlte. Das einzige Angebot von Seiten der Wohnungsbau war, den Mietern mit Kindern einen Elektroofen zur Verfügung zu stellen. Bis es soweit war, vergingen jedoch einige Wochen. Die Öfen sorgten zwar endlich für die entsprechende Wärme, aber sicherlich auch für entsprechende Rechnungen. Und das in Zeiten, in denen Strom immer teurer wird und die Bewohner von Wohnungsbauwohnungen bekanntermaßen nicht gerade zur einkommensstärksten Gruppe gehören. Bewohnern ohne Kinder wurde wiederum kein Ofen bereitgestellt. Was das warme Wasser anging, so wichen zwischenzeitlich die Bewohner auf Duschen von Bekannten aus, was natürlich auch mit zusätzlichen Kosten und einem höheren Aufwand verbunden war. Ein weiteres Problem ist, dass die Wohnungen, trotz umfangreicher Sanierungsmaßnahmen, mangelhaft lärmisoliert sind. Wie Anwohner berichten, ist diese so schlecht, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, dass man im dritten Stock den Lärm aus dem Erdgeschoss vernehmen kann. Eine insbesondere für schichtarbeitende Menschen nervenaufreibende Belastung.

EIN ANRUF WIRKT WUNDER
Laut Informationen von Franz Lieffertz (Die Linken) wurde im Laufe des Januars, der besonders kalt war, eine zuständige Quartiersmanagerin involviert, die in der Sache auch keine weiterführenden Ergebnisse vorweisen konnte. Die Mieter erstellten schließlich eine Unterschriftenliste, auf der mehr als 50 Familien unterzeichneten und überreichten diese der Wohnungsbau. Auch die Androhung von Mietminderung, ein nicht richtig funktionierendes Heizsystem kann sogar bis zu einer 100% Mietminderung führen, änderte nichts. Immer wieder sprachen Anwohner bei OB Michael Kissel persönlich vor, auch das führte zunächst zu keiner Besserung. Zuletzt schaltete sich die Stadtratsfraktion der „Linken“ in Person von Franz Liefferzt ein, der ein Schreiben an OB Kissel verfasste (Schreiben liegt der Redaktion vor), mit der Bitte um Stellungnahme. Ein Ergebnis war wohl, dass Stadtratsmitglied Timo Horst (SPD) in der Sache aktiv wurde. Dieser kündigte an, sich am 1. Februar mit dem Aufsichtsrat der Wohnungsbau treffen zu wollen, um das Problem zu erörtern. Bevor es soweit war, tätigte Timo Horst einen Anruf, der dann alles veränderte. Plötzlich funktionierte das Heizsystem, so wie es gedacht war. Warum die Angelegenheit drei Jahre nicht gelöst werden konnte, kann wohl nur die Wohnungsbau beantworten. Die Mieter freuen sich zwar, endlich warme Wohnungen und warmes Wasser zu haben, ein fahler Beigeschmack bleibt dennoch. Letztlich lehrt die Geschichte, dass das richtige Parteibuch offenbar Wunder bewirken kann. Ende gut, alles gut? Das wird der nächste Winter zeigen. Das Lärmproblem indes wird den Bewohnern noch ein bisschen erhalten bleiben.