Autorin: Heike Schreiber-Wolfsiffer

Am 28. Juli wurde im Rahmenprogramm der Nibelungen Festspiele das Stück „Hilde und Hilde“ aufgeführt. Im Mittelpunkt der Geschichte stand das ambivalente Verhältnis der beiden Frauen Kriemhild und Brünhild. Darüber hinaus integrierte die Regisseurin Jasmin Schädler elf Frauen aus Worms in die Inszenierung. Als Chor im Sinne der griechischen Tragödie umrahmten sie die Geschichte. Jede einzelne hatte aber auch die Aufgabe, das Stück mit einem selbstverfassten Beitrag zu ergänzen, in dem es um frauenspezifische Probleme ging. Die Wormser Gästeführerin Heike Schreiber-Wolsiffer befasste sich in ihrem Text mit der oft fehlenden oder falsch verstandenen Frauensolidarität.

FRAUENSOLIDARITÄT
Mann, was für ein schöner Begriff! Frau kann darüber ins Schwärmen kommen! Sie impliziert: Wohlwollen, Unterstützung, In-Schutz-nehmen, Sich-mal-fallenlassen dürfen, Aufgefangen-werden, zielführende Allianzen, gemeinsam Angelegenheiten regeln, gegenseitige Partizipation an den jeweiligen Talenten, an-einem-Strang-ziehen, Zusammenhalten. – Auf jeden Fall mal zumindest eine POSITIVE GRUNDHALTUNG zueinander haben – sich miteinander und aneinander freuen. Gibt es Frauensolidarität im richtigen Leben? Wo sind die Vorbilder? Ist sie ein Stück Vergangenheit aus Zeiten der Gesellschaftsform des Matriarchats?

In meinem Kopfkino sehe ich die mutigen Souffragetten vor mir oder jene starken Frauen, die sich vor 100 Jahren in „Vereinen zur Erlangung des Frauenwahlrechts“ zusammenschlossen. Wo könnten wir sie denn nun eigentlich heute finden? Ist Feminismus aus Frauensolidarität entstanden? Im Berufsleben findet frau sie zu allermeist nicht! Die, die es sozusagen gepackt haben, in den Männerriegen der Führungsetagen anzukommen, sind fast alle gegen Frauensolidarität immun. Die meisten sind gegen die Quote, aber ohne diese werden wir es nie zu Gendergerechtigkeit bringen. Doch es sind nicht nur die Frauen in den Führungsetagen, die sich entsolidarisieren. Das kann frau genauso in vielen Frauenvereinen beobachten; überall gibt es sie, diese „Herrschaften der kleinen Macht“. Allerdings entspricht das wohl dem gesamtgesellschaftlichen Zeitgeist, der schon seit Jahren eine Entsolidarisierung erkennen lässt. Findet frau keine Frauensolidarität, kann das bisweilen eigene Kräfte freisetzen und stark machen. Eine so wichtige Erfahrung, die wohl jene nie so befriedigend verspüren werden, die stets zur gewissen Beruhigung eine Schar hinter sich wissen. Trotzdem! Meine Rede ist kein Schwanengesang bezüglich Frauensolidarität! Frauensolidarität beginnt mit einer persönlichen Entscheidung dazu. Frauensolidarität kann man nicht alleine betrachten. Wir müssen uns ALLE umeinander kümmern, damit die Welt nicht verkümmert! Lasst uns nicht in die Individualismusfalle tappen, sondern leben wir doch unsere Diversität, denn wir sind alle gleich wertvoll in unserer Unterschiedlichkeit!

ICH KOMME ZU DEM SCHLUSS:
Frauensolidarität ist für mich nicht an ein Geschlecht gebunden, sondern gilt allen Menschen, die unterdrückt, ausgebeutet, vergewaltigt und abgewertet werden. Bei Kriemhild und Brunhild habe ich sie nicht entdeckt. Wenn sie für mich spürbar ist, empfinde ich sie außerordentlich wertvoll und beglückend. Personifizierte Frauensolidarität in diesem Sinne heißen bei mir: MIRIAM, Sabine, Margarete, Gülten, Renate, Steffi, Stephanie, Ute, Maria und Ines. Und vielleicht, ja ganz bestimmt kommen auch noch in Zukunft Frauen dazu, mit denen ich sie dann auch erleben kann, diese Frauensolidarität.