In der Januar-Ausgabe unseres Magazins stand in einem Kommentar nach der Entlassung von Ronny Borchers: „Im Moment hat man ein bisschen das Gefühl, dass man bei der Wormatia gerne den dritten vor dem zweiten Schritt machen möchte und wie so oft wird erst die Zukunft zeigen, ob es richtig war, an dieser Stelle die Brechstange rauszuholen.“ Seit gut drei Monaten sieht man Woche für Woche bei der Wormatia, dass die Brechstange selten ein guter Ratgeber ist. Anscheinend ist dieser Verein so speziell, dass ein hohes Gehalt und eine makellose Vita noch lange keine sicheren Erfolgsgaranten sind, dass jemand auch bei der Wormatia einschlägt. Denn das große Manko in dieser Saison ist, dass von den 13 Neuzugängen, von denen man sich so viel versprochen hatte, bisher nur Torhüter Rainer Adolf eingeschlagen ist. Es ist immer leicht, in diesem Zusammenhang die Schuld bei der sportlichen Leitung des Vereins zu suchen. In diesem Fall sind aber die Anhänger genauso ratlos, weil viele selbst davon überzeugt waren, dass man mit dieser Truppe vorne mitspielen würde. Wer hätte gedacht, dass ein Srdjan Baljak, der bei seinen vorherigen Stationen als tadelloser Profi beschrieben wurde, ausgerechnet in Worms die Lust am Fußballspielen verlieren würde und mit einem mickrigen Treffer aus 14 Spielen derart unter den Erwartungen bleiben würde? Wer hätte gedacht, dass ein Carsten Sträßer, der als erfahrener Zweitligaprofi die Mannschaft führen sollte, vor allem durch zwei Dinge auffallen würde: unerklärliche Fehlpässe und unnötige Platzverweise? Oder dass ein Kevin Wölk, der als zukünftiger Regisseur geholt wurde, nach einem guten Spiel zum Auftakt die restlichen Spiele komplett untertauchen würde? Auch von Torjäger Markus Müller (2 Tore in 8 Spielen) hatte man sich mehr erhofft. Paradoxerweise sind es die „Alten“ im Team wie Abele, Rösner, Steil, Bauer oder Jabiri, die sich als Stützen erweisen, während die Neuen durch die Bank weg unter den Erwartungen geblieben sind. Bei einem Blick auf die Tabelle wird einem bange zumute, wenn man sich vor Augen hält, dass man mit Mannschaften wie der wieder im Aufwind befindlichen TSG Hoffenheim II, TUS Koblenz, Kickers Offenbach oder Hessen Kassel um den Klassenerhalt kämpfen muss. Entweder begreifen schnellstmöglich ein paar Spieler, dass sie ihrem neuen Verein bisher nur sehr wenig von der in sie getätigten Investition zurückgezahlt haben – oder der Verein muss einen klaren Schnitt machen und sich von denen trennen, die viel kosten, aber wenig leisten. Da der Rest einer bereits verkorksten Saison, gerade auch von der Zuschauerzahl her, richtig hart wird, am besten nicht erst im nächsten Sommer, sondern gleich in der Winterpause, auch wenn das bei laufenden Verträgen und mangelnden Angeboten schwierig wird. Vielleicht wollen sich aber auch manche keine Söldner-Mentalität nachsagen lassen und zeigen so viel Anstand wie ihr Ex-Trainer, der freiwillig seinen Hut genommen hat? Die Spieler stehen in der Pflicht und der gerade erst im Amt bestätigte Vorstand muss die Weichen stellen, dass der Abstieg noch verhindert werden kann. Wenn man mit den Verantwortlichen des Vereins hadert, dann deshalb, weil man nicht bereits nach der Niederlage gegen Neckarelz am 5. Spieltag reagiert hat, weil bereits da absehbar war, dass Emmerling das Ruder nicht mehr rumreißen würde. Oder dass man seinem ehemaligen Trainer zu viel Macht bei der Kaderzusammenstellung eingeräumt hat, denn offensichtlich passen die Spieler doch nicht so gut zusammen, dass daraus ein Siegerteam entstehen konnte. Aber nochmal: Wer selbst geglaubt hat, dass ein derart hochkarätig besetztes Team wie ein potentieller Absteiger spielen würde, der werfe den ersten Stein.