Es kommt nicht oft vor, dass eine Stadtratssitzung von einer Kundgebung begleitet wird. So geschah dies bei der konstituierenden Sitzung des bei der vergangenen Kommunalwahl neugewählten Stadtrates. Anlass für die Kundgebung war, dass im Wormser Stadtrat erstmals ein Mitglied einer rechten Partei vertreten ist. Bei der Wahl am 25.05.14 erreichte NPD Mitglied Michael Weick 2,8%. Mit dem „Haus am Dom“ hatte der neue Stadtrat zudem gleich noch ein sensibles Thema zu diskutieren.

Bevor die Sitzung jedoch begann, lud der runde Tisch der Luthergemeinde zu einer Kundgebung vor dem Rathaus. Da Weick selbst zuvor bei Facebook seine Parteifreunde aufgefordert hatte, ihn bei der ersten Sitzung zu unterstützen, fanden sich auch rund 100 Polizisten auf dem Markplatz ein. Letztlich war von der Parteiunterstützung an diesem Tag nichts zu sehen, dafür allerdings von zahlreichen Wormsern, die dem Aufruf „Kein Platz für Rechte“ folgten. Verschiedene Redner wie Pfarrer Dell, OB Kissel und Timo Horst verwiesen auf die demokratische Gesinnung der Wormser Bürger. Um 14 Uhr begann dann im Ratssaal die erste Sitzung mit einer Eröffnungsrede Kissels, in der er auch die Kundgebung kommentierte: „Dass viele aktive Demokraten ihre Entrüstung über den Einzug eines Vertreters einer rechtsextremen Partei Ausdruck verleihen wollen, gehört zur Meinungsfreiheit und ist auch politisch legitim. Schließlich ist es skandalös und beschämend, dass erklärte Gegner des demokratischen Rechtsstaates die Freiheitsrechte der Demokratie missbrauchen, um Mandate in Stadt- und Gemeinderäten zu erringen“. Kissel verwies zugleich aber auch auf die Notwendigkeit, solch verführte Menschen wieder zurückzuholen. Nach diesen deutlichen Worten folgte die Wahl des ehrenamtlichen Stadtvorstand Mitgliedes. Die einzige Bewerberin, Petra Graen (CDU), wurde mit 32 von 43 Stimmen wiedergewählt. Die fünf Vertreter der FWG enthielten sich der Wahl, da sie prinzipiell gegen ein fünftes Stadtvorstandmitglied sind. Eine Stimme war ungültig. Petra Graen wird zukünftig für die Kultur- und Veranstaltungsgesellschaft (KVG) zuständig sein.

Gleich einen dicken Brocken hatte der neue Stadtrat mit dem „Haus am Dom“ zu diskutieren. Anlass für die neuerliche Diskussion war ein erneutes Bürgerbegehren. Vertreten durch Dr. Hilmar Kienzl vom Wormser Bürgerverein, wollte dieser mit einer letzten großen Rede den Stadtrat dazu veranlassen, für die Durchführung eines Bürgerentscheids zu stimmen. Ausführlich erläuterte Kienzl die Forderungen des Bürgervereins, der für einen freien Blick auf den Dom kämpft. So fragte er den Stadtrat, warum dieser bisher den Wormser Bürgern eine Befragung verweigere und damit ein demokratisches Meinungsbild verhindere. Kienzl appellierte: „Sie sind nicht an die Vorgaben von Juristen gebunden, sondern allein Ihrem städtebaulichen Empfinden“. Des Weiteren fragte er, warum der Stadtrat die Aufstellung eines Bebauungsplans verweigere und gab zu denken, warum es seit einem Jahr keine Bauattrappe gebe, obwohl der Bürgerverein die Kostenübernahme zugesagt hätte. Kienzl forderte: „Herr OB, Sie sind der Öffentlichkeit Transparenz und Offenheit schuldig!“ Nicht ohne Resignation stellte Kienzl fest, dass die Domgemeinde wohl fest entschlossen sei, das Haus zu bauen, dass dies aber der traurige Abschied von Volksnähe sei. Zumal der BV immer wieder Alternativen aufgezeigt hätte, die bis heute nicht diskutiert worden wären. Nach diesen Worten erinnerte Kissel den Stadtrat daran, dass es in der Abstimmung nicht darum ginge, über den Entwurf zu entscheiden, sondern ausschließlich über die rechtliche Zulässigkeit des Begehrens. „Es ist nicht die Kompetenz des Rates, über eine Attrappe abzustimmen“, erläuterte er.

Nach einer zum Teil hitzigen Diskussion, bei der sich Timo Horst (SPD) über Kienzl empörte, da dieser die Legitimität des Stadtrates in Frage gestellt hätte und Karl Müller (FWG) das Begehren mit klaren Wormser Worten zusammenfasste: „Wollt`ihr so`n Kaschte vorm Dom, oder net?“, kam es schließlich zur Abstimmung. In einem letzten Plädoyer gegen das Begehren erklärte Horst, dass bei einer Abstimmung für das Begehren der Willkür Tür und Tor geöffnet werde, was mit Sicherheit nicht im demokratischen Interesse sein könne. Bei der anschließenden Abstimmung wurde der Antrag mit 31 Stimmen abgelehnt, 16 stimmten dafür, ein Mitglied enthielt sich der Wahl. SPD und CDU hatten nahezu geschlossen gegen die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens gestimmt.