Wenn es um den Genuss von Kaffee geht, sind Italiener gemeinhin Traditionalisten. Schließlich waren sie es, die 1570 die ersten Kaff eepflanzen nach Europa brachten. Von Venedig aus, wo die Seefahrer von Bord gingen, trat schließlich das aromatische Heißgetränk seinen Siegeszug durch Europa an. Dennoch betrachten sich die Südeuropäer noch heute als Meister der perfekten Zubereitung, der vielen unterschiedlichen Zubereitungsarten.

Tradition statt Fast Food Kaffee
Fragt man Italiener danach, bekommt man detailfreudige Anleitungen, angefangen bei der zu verwendenden Bohne bis hin zur richtigen Zubereitung. Die Begeisterung von Cafébetreibern merkt man schnell, wenn sie davon berichten, mit welcher Maschine letztendlich der Kaffee fertiggestellt wird. Ganz oben auf der Liste finden sich natürlich Siebträgermaschinen. Nicht nur, dass sie zumeist eindrucksvoll aussehen und bereits beim Anblick den Geschmack eines ausgewogenen, kraftvoll schmeckenden Kaffees verströmen, nach Meinung vieler Gastronomen sorgt diese Zubereitungsart auch für die besten Geschmackserlebnisse. Einer der viele Jahre ebenfalls auf diese Verarbeitungsart schwor, war der Eiscafébetreiber Pietro Vannini. Direkt neben der Eis Theke konnte man in dem angrenzenden Stehcafé den erfahrenen Barista dabei zusehen, wie sie mit professionellen Handgriffen innerhalb kürzester Zeit den gewünschten Kaffee mit ganzen Bohnen der Marke Illy zubereiteten. Heute wird der Kaffee, laut Vannini, weiterhin von seinen hauseigenen Barista aufgebrüht und eine Maschine im Hintergrund verströmt immer noch die Aura einer klassischen Siebträgermaschine, doch die Zubereitungsart hat sich gravierend geändert. Zwar findet sich an der Maschine noch der berühmte Handhebel, mit dem man Druck und Brühtemperatur aufeinander abstimmt, doch Herzstück ist eine kleine unauffällige Alukapsel, die allerdings große Empörung unter Kaffeeliebhabern auslöste.

Nespresso und die Nachhaltigkeit
Ende März verkündete Vannini stolz auf seiner Facebook-Seite, dass es ab sofort bei ihm das „einzigartige Kaffee-Erlebnis von Nespresso“ geben würde. Womit der Italiener nicht rechnete, war die empörte Reaktion vieler Kunden, die sich in unzähligen Kommentaren niederschlug. Vannini entschied sich ausgerechnet für ein Unternehmen, das schon lange in der Kritik steht. Immer wieder werden Vorwürfe laut, dass die Aluminium Kapseln des Unternehmens, das dem ebenso umstrittenen Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé angehört, eine große Belastung für die Umwelt sind. Zwar ist Deutschland für das Unternehmen mit der kultigen Werbekampagne immer noch einer der erfolgreichsten Märkte, dennoch muss man feststellen, dass George Clooney alleine das ramponierte Image nicht retten kann. Wie kaum ein anderes Unternehmen bemüht sich Nespresso seit einiger Zeit um Schadensbegrenzung, in dem es immer wieder erklärt, dass die Ökobilanz des Kapselkaffees nicht schlechter sei als bei herkömmlichem Kaffee. Auch Vannini verwies nach dem ersten „Shitstorm“ bei Facebook auf die angebliche Nachhaltigkeit sowie auf das umfangreiche Recycling-Programm. Tatsächlich gründete man vor einiger Zeit „Nespresso Sustainability Advisory Board“. Mit dem Programm baut Nespresso seine Nachhaltigkeitsaktivitäten aus. Der Anteil des durch die Rainforest Alliance zertifizierten Kaffees soll dadurch erhöht werden, damit auch der nachhaltige Anbau und die entsprechenden Schulungen der Kaffeebauern. Durch eine Fairtrade-Kooperation soll ein Rentenfonds geschaffen werden. Das Fairtrade-Siegel wird allerdings bei Nespresso weiterhin fehlen, auch wenn einzelne Bauern ihrerseits Fairtrade-zertifiziert sind.

Zwei Unternehmen in der Dauerkritik
Das ändert freilich immer noch nichts an den Unmengen an Alumüll. Zwar wird tatsächlich ein Teil der Kapseln für Fensterrahmen und Fahrräder (also nicht für neue Kapseln) wiederverwendet, aber ein nicht unbeträchtlicher Teil landet nach wie vor auf dem Müll. Nespresso selbst behauptet, dass mittlerweile 90% recycelt würden; eine Zahl, die sich nicht verifizieren lässt. Was sich verifizieren lässt, ist wiederum, dass eine Menge von 6 kg Kaffee bei Nespresso eine Menge von 5 kg Verpackung generiert. Das Ökoinstitut Freiburg kritisiert ebenso den gesundheitsschädlichen Aspekt der Kapseln, da die Verwendung von Aluminium das Risiko von Krebserkrankungen steigern würde. In Zeiten, in denen Nachrichten über Meere, die unter Schichten von Plastikmüll verschwinden und die Politik den beliebten Einkaufstaschen aus Kunststoff den Krieg erklärt hat, sind das ökologisch zweifelhafte Zeichen, die der Italiener mit seiner Entscheidung setzt. Zweifelhaft auch, weil er damit das kritikwürdige Unternehmen Nestlé unterstützt. Auch hierauf verwiesen Facebook-Nutzer in vielen klugen Kommentaren. Nestlé genießt seit vielen Jahren den zweifelhaften Ruf eines gewissenlosen Unternehmens, das sich ausschließlich auf seinen Profit konzentriert. Besonders der Umgang mit Wasserrechten sorgt immer wieder für Empörung. Weltweit kauft Nestlé Wasserrechte von staatlichen Wasserbehörden. Das erlaubt dem Unternehmen, Wasser direkt aus dem Grundwasser abzupumpen. Dieses Wasser reinigt Nestlé und verkauft es dann als abgefülltes „Tafelwasser“ in Plastikflaschen, zum Beispiel unter der Marke „Nestlé Pure Life“. Der für das Geschäft zuständige Bereich „Nestlé Waters“ hat 95 Produktionsstandorte in 34 Ländern. Darunter auch in Südafrika, Pakistan und Äthiopien!

Der Konsument hat die Wahl
Es ist letztlich Vanninis unternehmerische Entscheidung, für wen er sich als Partner entscheidet. Genauso ist es aber auch die Entscheidung der Kunden, gründlich zu überlegen, ob sie die Neuausrichtung mittragen oder eben nicht. Egal wie Vannini argumentiert, eine Entscheidung für den Umweltschutz – oder eben auch für einen reflektierten Umgang mit Ressourcen – ist es nicht. Selbst das aufwändige Recyceln der Kapseln verbraucht kostbare Energieressourcen. In Zeiten, in denen Städte wie Mannheim beispielsweise den Einweg „Coffee to go“-Bechern den Kampf angesagt haben, handelt es sich sicherlich nicht um die glücklichste Entscheidung des beliebten Eisverkäufers.