Dass nach jahrelangen Debatten nun doch kein Gewerbegebiet „Am hohen Stein“ entstehen soll, dafür sollen angeblich ein paar kleine Feldhamster verantwortlich sein. Dabei wurde dieses Hamstertheater wohl eher aufgeführt, damit der SPD kein unangenehmes Thema in den baldigen Kommunalwahlkampf rauscht…

Fast 9000 Menschen hatten mit ihrer Unterschrift gegen das geplante Gewerbegebiet „Am hohen Stein“ protestiert. Eine beachtliche Anzahl an Gegnern, wenn man bedenkt, dass ein Gewerbegebiet, weit ab vor den Toren von Worms-Heppenheim, den meisten eigentlich ziemlich schnuppe sein sollte. Aber die Argumente, die dagegen sprachen, waren so gewichtig, dass immer mehr Wormser ablehnten, dass ein derartiger Eingriff in die Natur vorgenommen wird – dort, wo 140 Hektar Ackerland für alle Zeiten versiegelt werden sollten. Bestes Ackerland, wie Bodenuntersuchungen ergaben, und wo die viel zitierte „Frischluftschneise“ für Worms wegfallen sollte. Ein Problem war auch, dass die Stadt immer noch mit den veralteten Plänen von vor zwei Jahrzehnten gearbeitet hat, als man zum ersten Mal das Gewerbegebiet „Am hohen Stein“ geplant hatte und bereits damals auf massiven Widerstand gestoßen war .
Auch jetzt hatten es SPD und CDU bis zuletzt nicht verstanden, ihre Bürger davon zu überzeugen, dass die Erschließungskosten eines derartigen Millionenprojektes in einer gesunden Relation zu den zu erwartenden Einnahmen stehen. Und ob man dort unbedingt ein Gewerbegebiet braucht, weil es keine besseren Standorte gibt. Genau genommen war es alleine der OB selbst, der sich immer wieder in die Höhle des Löwen gewagt hatte, um die bei Bürgerversammlungen im Saal in überwiegender Anzahl vorhandenen Gegner überzeugen zu wollen. Derweil hatte sich die CDU als stiller Befürworter stets im Hintergrund gehalten, um nun – vor der entscheidenden Stadtratssitzung – schnell noch den Schwanz einzuziehen, weil man längst erkannt hatte, dass sich das ganze Projekt zu einem Fass ohne Boden entwickelt. Während sich die Grünen, FWG und FDP bereits frühzeitig gegen den Flächenverbrauch ausgesprochen hatten, scherte nun auch noch die CDU aus den Reihen der Befürworter aus, so dass der SPD am Ende nur noch die Flucht nach vorn blieb. Und so musste in der Stadtratssitzung ein Spektakel aufgeführt werden, das als „Hamstertheater“ in die Geschichte eingehen wird, als Professor Koch aus Stuttgart die Ergebnisse seines 33.000 Euro teuren Gutachtens vortrug. Dabei tat Koch nichts anderes, als die Fakten zusammenzutragen, die schon seit geraumer Zeit hinlänglich bekannt sind und schon seit mindestens einem Jahr auf der Webseite des Bündnisses Hoher Stein stehen. Vor allem sollte der Eindruck erweckt werden, dass es in der Hamsterfrage einen neuen Sachstand geben würde.

ANGST VOR STIMMENVERLUSTEN?
In einer Pressemitteilung schilderte der Sprecher des „Bündnisses Hoher Stein“ von einem Erlebnis mit Jens Guth (SPD), der ihm kürzlich in einem Wortgefecht vorgeworfen habe:

„Sie ärgern sich jetzt, weil Sie kein Thema mehr für die Kommunalwahl haben!“

Das lässt tief blicken. Wahrscheinlich hat Guth nur das ausgeplaudert, was die SPD hinter verschlossenen Türen schon längst ausbaldowert hatte, weil man gemerkt hat, wie gefährlich ein solches Streitthema, das derart viele Bürgerinnen und Bürger – und somit potentielle Wähler – mobilisiert hat, im Hinblick auf die Kommunalwahl 2014 sein könnte. Denn die 9000 Unterstützer des Bündnisses waren nicht etwa nur ein paar Heppenheimer oder solidarisierte Landwirte, sondern Menschen quer durch alle Alters- und Gesellschaftsschichten – also auch jede Menge potentielle SPD-Wähler. Dieser Widerstand war es letztlich wohl auch, der die Sozialdemokraten einen Rückzieher machen ließ. So sehr man dem kleinen possierlichen Feldhamster diesen Triumph ja gönnen würde, dürfen sich diesen Erfolg wohl eher die vielen engagierten Bürger auf die Fahne schreiben.