Text: Hedwig Toth-Schmitz

Ein Rätsel: Wer ist gewissenlos, ohne innere Verpflichtung, rastlos, apathisch, aggressiv, ohne Menschlichkeit und führt ein sinnloses Leben? Glaubt man einer Reihe deutscher katholischer Bischöfe, so ist die Antwort klar: Es ist der ungläubige Mensch. Mehr noch: Der Mensch ohne Auferstehungsglauben werde zu einem „großen Sicherheitsrisiko“ für die Mitwelt, denn seine Hektik und Daseinsangst ließen ihn „zuschlagen und zerstören“, so z.B. Heinz Josef Algermissen, Bischof von Fulda, in seiner letzten Osterpredigt.

Solche und ähnliche Anschuldigungen sind nicht neu. Bereits die Psalmen des Alten Testaments „wissen“, dass Nichtgläubige verdorben seien, verwerflich und schnöde handelten und dass keiner von ihnen Gutes tue (Ps 14 bzw. 53). Man könnte denken, dass solcher Art Aussagen einer vergangenen Zeit angehören, dass sie heutzutage höchstens in islamistischen Kreisen verbreitet sind – hier zusätzlich verbunden mit der Forderung, die Ungläubigen gar zu töten (Sure 8 Vers 39, Sure 9 Vers 5, 47 Vers 4).

Dem ist aber nicht so. Auch im 21. Jahrhundert noch verkündigen führende Vertreter der katholischen Kirche in Deutschland ihre Vorurteile andersdenkenden Menschen gegenüber als gesichertes Wissen: neben Herrn Algermissen auch Dr. Overbeck (Militärbischof und Bischof von Essen), Dr. Meisner (Kardinal und ehemaliger Erzbischof von Köln) und weitere Bischöfe. Herr Overbeck behauptete anlässlich der 54. Soldatenwallfahrt nach Lourdes, ohne Religion gebe es kein Menschsein. Herr Meisner gab in einer Predigt auf dem Eucharistischen Kongress in Köln bekannt, wer im privaten und im gesellschaftlichen Leben Gott ausklammere, führe sich und die Menschen am Sinn des Lebens vorbei. Dabei sind sie nicht die einzigen, die nicht verinnerlicht haben, dass wir unsere Gesellschaft auf Prinzipien wie Achtung vor dem Andersdenkenden und Gleichberechtigung aufgebaut haben, denn die gleichen Diffamierungen sind auch von evangelikaler Seite zu hören – vom Vorsitzenden der Deutschen Evangelischen Allianz etwa, Michael Diener. Bei Bischöfen sind diskriminierende und diffamierende öffentliche Äußerungen allerdings besonders befremdlich, da sie ihr Einkommen aus den Steuergeldern der jeweiligen Landeshaushalte beziehen und somit auch von denjenigen Bürgern mit bezahlt werden, denen sie Gewissenlosigkeit, fehlende Menschlichkeit und fehlende Friedfertigkeit unterstellen. Diese Bischöfe lassen es sich gerne gefallen, dass ihr Gehalt vergleichbar ist mit dem von Landesbeamten in hohen Besoldungsgruppen und dass es durch die sog. „Anpassungsklausel“ von Jahr zu Jahr steigt, während die Zahl der zu betreuenden Kirchenmitglieder sich von Jahr zu Jahr verringert. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz stehen circa 90 Moscheen in Deutschland unter Beobachtung. Damit soll sichergestellt werden, dass nicht zu Intoleranz, ja gar zu Gewalt aufgerufen wird. Ebenso wäre es dringend nötig, im Auge zu behalten, was manche christliche, insbesondere katholische Bischöfe, in ihren Kirchen verbreiten. Angesichts der Tatsache, dass sie an hohen christlichen Feiertagen und zu weiteren besonderen Gelegenheiten vor Hunderten von Menschen Äußerungen tätigen können, die bestimmte Bevölkerungsgruppen herabwürdigen, gewinnen ihre Predigten volksverhetzenden Charakter.

Hinweis: Am 31. Juli 2016 lädt der Humanistische Verband Rheinland-Pfalz e.V. alle Interessierten zum Humanistenfrühstück um 9:30 Uhr in die Speyerer Straße 87 ein. Ohne Agenda oder festen Rahmen lebt das Treffen von dem, was jeder an Themen, Neugierde und Erwartungen mitbringt.