Alle Jahre wieder, zumeist im Sommer, kocht das Thema „Ruhestörung in der Altstadt“ hoch. Und alle Jahre wieder wiegelt das Dezernat von Bürgermeister Hans-Joachim Kosubek ab, es sei doch alles gar nicht so schlimm, zumal man schließlich regelmäßig dort kontrollieren würde. Und zwar parkende Autos.

Dass Politiker gerne dazu neigen, bei Problemen von Bürgern abzuwiegeln, daran hat man sich mittlerweile gewöhnt. Wer irgendwo weit draußen in einer Oase der Ruhe lebt, mag für die Probleme von Innenstädtern nur wenig übrig haben. Offensichtlich ganz besonders in Worms, wo der frühere Bürgermeister und Sozialdezernent Georg Büttler immer dann, wenn sein Dezernat in der Kritik stand, geradezu als „Meister im Abwiegeln“ bekannt war. Leider steht ihm sein Nachfolger, Hans-Joachim Kosubek, in nichts nach. Denn seit dieser – nach einer unsäglichen Klüngel-Aktion zwischen SPD und seiner CDU nach der Kommunalwahl 2009 – im rentenfähigen Alter noch einmal zum Bürgermeister hochgelobt wurde, scheint er die Arbeit komplett eingestellt zu haben. Zumindest fragen sich immer mehr Bürger: Was macht dieser Kosubek eigentlich den ganzen Tag – außer Dienstjahre für eine möglichst fette Pension anzusammeln?

Alte Fehler korrigieren

Aktuell wurde diese Frage einmal mehr, als es um das alljährlich wiederkehrende Streitthema „Ruhestörung in der Rheinstraße ging. Bei der letzten Stadtratssitzung im September hatte die SPD, auf Initiative von Carlo Riva, um eine erneute Prüfung einer generellen Ausweitung der Sperrzeit für die Altstadt gebeten. Das lehnt die Stadtverwaltung jedoch ab, da Lärmbelästigungen nicht nur „objektiv“, d. h. in Form von konkreten Messungen, festgestellt, sondern ebenso konkret einzelnen Gaststätten zugewiesen werden müssten. Und das ist insofern nicht ganz einfach, da sich in der Altstadt mittlerweile so viele Kneipen auf engstem Raum angesiedelt haben, dass es schwierig wird, die „schwarzen Schafe“ herauszufiltern. Oder anders gesagt: Aufgrund der zweifelhaften Verteilung von Konzessionen ist das Kind nun mal bereits in den Brunnen gefallen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass man – laut Kosubek – einige Kneipen im Visier habe, denen man womöglich schon bald die Konzession entziehen würde. Im Zuge einer Neuerteilung könne man dann gewisse Auflagen einbauen, sprich: zuvor gemachte Fehler wieder korrigieren. Das wirft natürlich unweigerlich die Frage auf, warum man 2 ??3 Gaststätten die Konzession entziehen möchte, wenn in dem besagten Gebiet – wie Kosubek gerne beteuert – angeblich keine Gesetzesübertretungen stattfinden?

„Subjektives Gefühl reicht nicht aus“

Wenn es zu klären ist, ob es in der Altstadt tatsächlich so laut ist, dass die Anwohner keine Nachtruhe mehr finden, beruft man sich von städtischer Seite gerne auf eine Messung durch den TÜV vor einigen Jahren, die sehr teuer war, aber in der besagten Nacht keine Grenzüberschreitungen zutage förderte. Das wiederum ließ den zuständigen Dezernenten Kosubek kurzzeitig zum Büttler werden, als er – wie sein Vorgänger – gebetsmühlenartig wiederholte, dass das „subjektive“ Gefühl der Bürger nun mal nicht ausreiche, um entsprechende Maßnahmen, wie z.B. eine Ausweitung der Sperrzeit, treffen zu können. Genauso gebetsmühlenartig pflegt auch Oberbürgermeister Kissel immer wieder zu betonen, dass die meisten Initiatoren der BI Rheinstraße vor allem Eigeninteressen vertreten würden, da sie u.a. um den Wert ihrer Immobilien fürchten würden. Jetzt mag man sich als Außenstehender einmal vorstellen, dass man mit seinem teuer verdienten Geld selbst ein Eigenheim erworben hätte, um dann hilflos mit anzusehen, wie deren Wert stetig sinkt, weil um einen herum ein Problemgebiet entstanden ist, in das keiner mehr ziehen will. Wer würde da nicht selbst auf die Barrikaden gehen, wenn man seine Kapitalanlage nahezu täglich schrumpfen sieht? Wer im Übrigen den Anwohnern der Altstadt Eigeninteressen vorwirft, der sollte auch hinterfragen, warum manche Politiker eine Verlängerung der Sperrzeit rigoros ablehnen. Offiziell, weil man ein attraktives innerstädtisches Leben erhalten will. Inoffiziell sind nicht wenige der ausländischen Mitbürger Klienten einer großen Wormser Rechtsanwaltskanzlei. Auch hier könnte man die Frage stellen, wessen Interessen denn tatsächlich von einem Stadtratsmitglied vertreten werden: die der Bürger oder die der eigenen Kundschaft?

Weitere Beratung im Ausschuss

Gleichwohl wurde der Antrag von Carlo Riva in der Stadtratssitzung vom 10.09.2014 einstimmig zur weiteren Beratung in den Ausschuss verwiesen, ehe der Haupt- und Finanzausschuss weitere Maßnahmen beschließen solle. Das wiederum veranlasste Mathias Englert (FWG Bürgerforum) daran zu erinnern, dass seine Partei bereits vor mehr als drei Jahren eine Erweiterung der Sperrzeit in der Altstadt beantragt hatte, aber seitdem nichts passiert sei, geschweige denn, dass das Thema überhaupt behandelt worden sei. Wenn er der Verwaltung und im Speziellen dem Dezernat Kosubek seit mehr als 1000 Tagen Untätigkeit vorwirft, liegt Englert damit sicherlich nicht verkehrt. Und es ist sicherlich nicht das erste Mal, dass die Bürger das „subjektive“ Gefühl gewinnen, dass Probleme im Dezernat Kosubek eher ausgesessen, als tatsächlich in Angriff genommen werden.

Die alte Leier

Naturgemäß wiesen sowohl der für Sicherheit und Ordnung zuständige Kosubek als auch Oberbürgermeister Kissel den Vorwurf der Untätigkeit entschieden zurück, da man in der Zwischenzeit sogar sehr intensiv in dem besagten Gebiet kontrolliert hätte. So habe man alleine im letzten Jahr 1582 Verkehrsverstöße, insbesondere wegen Falschparkens, geahndet. Das entspräche immerhin fünf Knöllchen pro Tag. Und erneut fragt man sich, wer hier eigentlich wen für dumm verkaufen möchte? Denn die Erklärung, was ein Parkverstoß mit einer nächtlichen Ruhestörung zu tun hat – diese Frage blieb von Hans-Joachim Kosubek einmal mehr unbeantwortet.