30. Oktober 2017: Wormatia Worms – SV Elversberg 1:0

Nicht erst seit dieser Saison sind die Zuschauerzahlen bei Wormatia Worms rückläufig. Von der Euphorie in den Jahren 2008, kurz nachdem die Qualifikation zur Regionalliga geglückt war, bis 2012, als man im DFB-Pokal von sich reden machte, konnte man in den letzten Heimspielen nur träumen. Nur für einen Abend, den 30. Oktober 2017, war auf einmal wieder alles wie „früher“.

Dass der größte und aktivste Fanclub des Vereins, „Supporters Worms 1997“, Anfang der Saison 2017/2018 erklärt hatte, alle Gruppenaktivitäten bis auf Weiteres einzustellen, wurde Vielen erst bewusst, als sie bei den ersten Spielen ungewöhnliche Stille von der Vortribüne vernahmen. Kein Trommeln, kein Dauersingen, allenfalls vereinzelte Sprechchöre waren zu hören. Selbst in den Topspielen gegen Mainz, Offenbach oder Saarbrücken blieb es eher ruhig. Schon seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass die aktive Fanszene, die den Verein in Heimspielen lautstark unterstützt und auch auswärts begleitet, kontinuierlich abnimmt und in der aktuellen Saison ihren Tiefpunkt erreicht hat, wozu ein Stück weit auch die jüngste Finalniederlage im Mai 2017 gegen Morlautern beigetragen hat. Erschwerend kommt hinzu, dass in den letzten Jahren kaum junge Fans nachgerückt sind. Auch wenn die Platzierungen der letzten drei Spielzeiten aus sportlicher Sicht durchaus positiv zu bewerten sind, kann man potentielle Fans nur schwer für Regionalliga Mittelmaß begeistern, zumal diese eine Autostunde entfernt Bundesligafußball sehen können. In der laufenden Saison hat es die Wormatia aber selbst ihren treuesten Fans nicht leicht gemacht. Sieben Heimniederlagen in der Vorrunde sprechen eine deutliche Sprache. Die Zeiten, als das Wormatia Stadion als uneinnehmbare Festung galt, in der Gegner ungern antraten – auch wegen der hitzigen Atmosphäre auf den Rängen – gehörten vorerst der Vergangenheit an. Das waren natürlich triste Aussichten im Hinblick auf die Stimmung im Heimspiel gegen den SV Elversberg am 30. Oktober 2017, das live von SPOR T1 übertragen wurde. Hinzu kam, dass das Team von Trainer Jones gerade einen negativen Lauf hatte und aus den vorangegangenen vier Spielen nur einen Punkt holte, bei 2:10 Toren. Von daher erwies es sich als cleverer Schachzug des Vereins, den Fans einen lange gehegten Wunsch zu erfüllen, in dem man den Abend des TV-Spiels dazu nutzte, die Vortribüne in „Raphael-Hügel-Vortribüne“ umzubenennen. Das Gründungsmitglied der Sups war im August 2014 im Alter von 33 Jahren an Leukämie verstorben. Raphi war sehr aktiv in der Fanszene, äußerst beliebt und sorgte stets für deren Zusammenhalt. Zudem wurde die Aufmerksamkeit vor TV-Publikum von den Wormatia-Fans durch vielfältige Aktionen dazu genutzt, Spenden für die DKMS (ehem. Deutsche Knochenmarkspenderdatei) zu sammeln, so dass im Endeffekt 5.000.- Euro für den guten Zweck zusammenkamen.

Und tatsächlich war für einen Abend alles wieder wie „früher“. Die Vortribüne endlich wieder proppenvoll, darunter etliche Weggefährten von Raphi, die in der laufenden Saison noch kein Spiel, sowie einige, die schon seit Jahren kein Wormatia Spiel mehr gesehen hatten. Trommeln beim Einlaufen der Mannschaften, Dauergesang von längst vergessenen Liedern, Mitte der zweiten Halbzeit „V-f-R“-Wechselgesang mit der Gegengerade. Und wenn die an diesem Abend ungemein kampfstarke Wormser Mannschaft auf dem Platz schwächelte, waren die Zuschauer da. Ein torloses Unentschieden gegen einen Aufstiegskandidaten war in der aktuellen Situation bereits als Erfolg zu werten. Als Trainer Steven Jones in der 87. Minute Sebastian Schmitt für Jonathan Zinram einwechselte, brauchte der neue Mann nicht einmal eine Minute, um bei seinem zweiten Balkontakt eine Flanke vors Tor des SVE zu schlagen, die an Freund und Feind und letztendlich auch an Torhüter Frank Lehmann vorbei segelte zum vielumjubelten Siegtreffer. Das war die Krönung eines ohnehin schon (fast) perfekten Abends, an dem der Fußball trotzdem nur die schönste Nebensache der Welt war. Die Nachricht des Abends war nämlich eine andere: Wie ein Sprecher der DKMS verkündet hatte, konnten aus der im Jahr 2013 erstmals durchgeführten Typisierungsaktion im Wormatia Stadion bis zum heutigen Tag acht Menschenleben gerettet werden. Wenn man solche Ergebnisse hört, werden Fußballergebnisse sowas von zweitrangig.