Seit einigen Jahren ist vermehrt zu beobachten, dass sich Bürger zusammenschließen, um Privatinitiativen anzustoßen oder Nachbarschaftsvereine zu gründen. Dabei sind nicht allein Bürgerinitiativen wie die wichtige Gruppe „Kein Haus am Dom“ gemeint, sondern auch die Projekte, die das nachbarschaftliche Miteinander im Blick haben oder das Thema Nachhaltigkeit. Wir stellen hier vier Initiativen aus dem vergangenen Jahr vor.

Das Thema Nachhaltigkeit haben besonders die beiden Wormser Christian Engelke und Ina Scholz im Blick. Die möchten in der Innenstadt einen „Mitgliederladen“ gründen. Was sich hinter dem Namen verbirgt, erzählten die beiden bei einem ersten Treffen im Lincoln Thater Mitte November. Ziel des Vereins, der 2018 gegründet werden soll, ist es, Menschen mit Interesse an Bio-Lebensmitteln zu vernetzen, mit regionalen Produzenten zusammenzubringen und einen Beitrag zu gesunder und guter Ernährung zu liefern. Hierzu soll im kommenden Jahr ein Ladengeschäft eröffnet werden. Beim ersten Treffen zeigte sich bei lebhafter Diskussion, dass die Idee einen Nerv trifft, allerdings noch sehr viele Fragen geklärt werden müssen.

Ein ganzes Stückchen weiter ist der Verein „Hamburger Tor“. Im Mittelpunkt steht die namensgebende Kneipe in der Altstadt. Seit Jahren verwaist, möchten Anwohner die Lokalität zu einem Ort nachbarschaftlicher Begegnungen ausbauen (Vereins- und Bürgerhaus). Die ersten Schritte sind getan. Ende April gründete sich der Verein mit dem Vorsitzenden Florian Dieckmann, der von Leipzig nach Worms zog und das Projekt anstieß. Unterstützung fand das Vorhaben bei der Wohnungsbau GmbH, der die Räumlichkeit gehört. Als Fürsprecher zeigte sich auch der OB, der versprach, dass man bei der Mietfinanzierung mit einem moderaten Mietzins entgegen kommt. Bei der Kulturnacht am 10. Juni 2017 öffnete der Verein erstmals seine Tore und lud zu einen Nachbarpicknick, öffentlichen Führungen und einem Konzert mit Dirk Beiersdörfer. Bis das Hamburger Tor allerdings auch regelmäßig für Hausaufgabenbetreuung und Stammtische genutzt werden kann, muss noch einiges auf den Weg gebracht werden, wie zuletzt bei einer Veranstaltung im Rahmen des Pop up-Festivals zu erkennen war.

Kein Vereinsheim, aber ein trockenes Dach über dem Kopf anderer Menschen, die mit ihrem Hund auf der Straße leben. Das war das erklärte Ziel eines Wormsers, der aus privaten Gründen nicht genannt werden möchte. In Worms gibt es für Obdachlose bzw. Nichtsesshafte zwei Unterbringungsmöglichkeiten. Zum einen die Notunterkunft in der Hafenstraße, über die wir im November 2016 berichteten, zum anderen die Nichtsesshaften-Herberge in der Klosterstraße. Beide Einrichtungen haben gemein, dass Hunde dort nicht untergebracht werden können. Warum also keine Schlafkabinen oder besser noch: Warum keinen Bauwagen mit Betten? Die Frage war allerdings, wie man das finanzieren soll. Der Mann sprach Patrizia Sonnek (Stadtrat SPD Worms) an, die wiederum ihren Parteifreund Pawel Zolotarev ins Spiel brachte. Beide organisierten einen Spendenaufruf. Die Gelder flossen schließlich direkt zum DRK, das die Herberge unterhält. Hausleiter Christian Blum freute sich ob der Spendenbereitschaft kurz vor Weihnachten und betonte, dass alle Gelder zu 100 Prozent für den Bauwagen verwendet werden. Insgesamt kamen bis zum 20. Dezember 8860.- Euro zusammen. Zwischenzeitlich steht der Bauwagen, der mit zwei Schlafplätzen, ein paar kleinen Schränken, Tisch, Feuerlöscher und Rauchmelder ausgestattet ist. Sollten sich zwei Hunde einmal nicht verstehen, hat das Tierheim angeboten, jenen Hunden Obdach zu gewähren. Hilfe und Spenden benötigt Christian Blum aktuell für besonderen Bekleidungsschutz, wie die Anschaffung von Thermounterhosen und extra großen Winterschuhen. Sollte dieses in Rheinland-Pfalz einmalige Projekt auf rege Nachfrage stoßen, würde man gerne eine Ausweitung dessen vornehmen.

Eigentlich kümmert sich der Tuningclub eher um die Verschönerung seiner Autos, im Dezember 2017 kümmerten sie sich jedoch um Wormser Obdachlose und verteilten Decken, Socken, warme Kleidung und luden die betroffenen Personen zu einem Kaffee ein. Auch die beiden Adressen Hafenstraße / Klosterstraße wurden aufgesucht. Ein Herz für Menschen, die so gut wie nichts haben, zeigte auch eine Gruppe von Jugendlichen, die der Einladung der Young Caritas Worms folgten, eine geplante Aktion tatkräftig zu unterstützen. Aus „Coffee to go“ wurde das Projekt „Coffee to bring“. Schüler der Nibelungen Realschule plus folgten diesem Motto mit dem Ziel, dass Menschen aufeinander zugehen und einander zuhören. Zum Kaffee wurden auch Backwaren, die die Bäckerei Hess zu Verfügung stellte, auf dem Weg durch die Innenstadt an Bedürftige gereicht. Am Ende der Tour durch Worms, besuchte die Gruppe noch die oben genannte Nichtsesshaften Herberge in der Nachbarschaft des EWR Kesselhauses. Letzte Gespräche folgten, sowie eine Führung durch das Haus und wahrscheinlich die Erkenntnis, dass das Leben manchmal anders laufen kann als gedacht.

WO! meint: Es ist schön zu sehen, dass Menschen auf einfache und unkomplizierte Art anderen Menschen helfen, denn letztlich leben wir alle gemeinsam in dieser Stadt. Und wie sagt ein Sprichwort?

„Eine Gesellschaft ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.“

Ein Satz, der allzu gerne vergessen wird.