Neueröffnungen, Ausstellungen und Events sorgten 2024 für Leben in der Innenstadt

In den vergangenen Monaten wurde oft über Geschäftsschließungen geschrieben und geredet. Dabei wurde auch immer wieder der Niedergang der Wormser Innenstadt betrauert. Die Probleme sind bekannt, doch Tatsache ist auch, dass es, abseits der nicht wegzudiskutierenden Geschäftsschließungen, immer wieder Menschen gibt, die auch im Jahr 2024 an die Innenstadt als Lebensmittelpunkt und Geschäftsort glaubten.

Ja ja, früher war natürlich alles besser. Die Welt unterteilte sich in Ost und West und die KW alias Wilhelm-Leuschner-Straße war noch eine Prachtmeile. Doch diese Zeiten sind unwiederbringlich vorbei. Insbesondere in den Wormser Gruppen bei Facebook wird immer wieder über die florierende Geschäftswelt von einst gesprochen und selbige betrauert. Heute ist die KW zwischen Kaltenborn und Barber Shop ein Spiegelbild des multikulturellen Worms. Man kann natürlich über den Mehrwert eines zehnten Barber Shops und des 20. Dönerladens diskutieren und darüber spekulieren, wie sich diese Geschäfte tragen. Man kann aber auch den Blick auf die Dinge richten, die zeigen: Es geht auch anders. Solche sind derzeit die Umgestaltung der AfA Passage, nebst aufwendiger Fassadensanierung an Gebäu- den entlang der KW, durch das Unternehmen „ems Schäfer Consultants“. Im März 2024 begannen die Arbeiten. An Stelle der AfA Passage entsteht ein fünfstöckiges Wohnhaus, während die Bestandswohnungen in den anliegenden Gebäuden kernsaniert werden. Wenn alles nach Plan läuft, sollen an dieser Stelle Ende 2025 schon die ersten Wohnungen bezugsfertig sein. Bezugsfertig war bereits seit vielen Jahren ein bis dato unbenanntes asiatisches Restaurant, das im ersten Stock jenes Gebäudes eingerichtet wurde, in dem sich früher der C&A befand, ehe dieser in die Kaiser Passage umzog. Seitdem stand das Gebäude leer bzw. irgendwann vor rund acht Jahren wurde das Lokal bereits fertig eingerichtet, doch es geschah nichts. Jahre vergingen, der Staub legte sich über Tische und Stühle und im letzten August öffneten sich plötzlich still und leise die Türen eines China-Restaurants na- mens „Gourmet Lin“. Angeboten werden chinesisch-mongolische Küche, Sushi und ein All-you- can-eat-Büfett. Auf rund 1.000 Quadratmetern können 300 Gäste Platz finden. Ob dem Lokal eine positive Zukunft beschieden ist, scheint jedoch fraglich, denn zwischenzeitlich suchen die Pächter über ImmoScout 24 bereits einen Nachfolger. Der Mietpreis ist dabei mit 10.000 Euro Kaltmiete nicht unbedingt ein Schnäppchen.

EIN CITY BEACH UND MEHR AM OBERMARKT

Nahezu unbemerkt vom bunten Treiben in der Fußgängerzone eröffnete im letzten Frühling im Rückgebäude der ehemaligen Stadtverwaltung unter dem Namen „Contherapia“ ein Institut für Kosmetik und Massage, das ergänzt wird durch die Parfümerie „Haus der Düfte“. Zudem befindet sich in dem Gebäude auch der Frisörsalon „Your Style“. Doch auch am Obermarkt gibt es Neues zu entde- cken. Kurz und bündig nach dem Ort und der Hausnummer benannt, bietet das OM16 eine Fusion aus Kunst und Genuss, oder wie die beiden Gründer Paul Weißbach und Maximilian Sittel es selbst be- schreiben: Wein-Bier-Limobar und Concept Store. Die Limo kommt dabei aus der Produktion von Paul Weißbachs eigener Getränkemarke „Laute Limo“. Da auch ansonsten regionale Produkte im Fokus der Bar stehen, werden zudem Sander Bier aus Worms, diverse regionale Weine, aber auch auch internationale und nationale Bierspezialitäten aus umliegenden Brauereien angeboten. Er- weitert wird das Angebot durch Shirts, Taschen und andere Accessoires, die aus eigener Produktion stammen. Mit Unterstützung von „Worms wird wow“ sorgte das OM16 Team zudem an mehreren Wochenenden im Juli für den „City Beach“. Inmitten der Stadt war das mit dem Strandfeeling zwar so eine Sache, dennoch entwickelten sich die Partys mit DJs oder Live Musik zu beliebten Treffs. Ob 2025 erneut der „City Beach“ öffnet, ist im Moment noch nicht klar. Klar ist dafür, dass es „Musik am Gammi“ wieder geben wird. Dann hoffentlich mit einer etwas besser an die Bedürfnisse des inner- städtischen Treibens abgestimmten Bandauswahl. Vielleicht auch mit einer späteren Uhrzeit, da während des bisherigen Zeitfensters, von 11 bis 14 Uhr, an Samstagen ohnehin die Besucherfrequenz in der Fußgängerzone relativ hoch ist. Auch dieses Format wird durch „Worms wird wow“ ermöglicht.

City Beach auf dem Obermarkt

GESCHÄFTSERÖFFNUNGEN, KUNST UND MEHR

Ebenso gefördert durch das Bundesprogramm zur Förderung der Innenstadt wurde 2024 die Neueröffnung des Kampfsportstudios „Morilla Sports“ in der Kämmererstraße und des „Cafes Jireh“ in der Hafergasse (siehe auch WO! DEZ 2024). Mit der Kampagne „Dein Style für Worms“ verwies „Worms wird wow“ aber auch darauf, dass es immer noch attraktive inhabergeführte Geschäfte gibt, die mit guter Beratung und einer attraktiven Auswahl überzeugen können. In der ersten Auflage dieser Nahbetrachtung des Wormser Einzelhandels stand die Mode im Vordergrund, präsentiert von den Ge- schäften PURPUR select, Modehaus Jost, Frobese Schuhe, Augenoptik Jäger, Boutique VIVI und atrium | wohnen & leben. Während das Traditionsgeschäft Lützenkirchen im März diesen Jahres nach rund 125 Jahren Vergangenheit sein wird, feiert die Kunsthandlung Steuer 2025 ihren 100. Ge- burtstag. Zugleich sorgte die Familie Steuer mit Vernissagen, zumeist unter Anwesenheit der namhaften Künstler wie Peter Gaymann oder Viktoria Prischedko, dass nicht nur Kampfsport in der Kämmererstraße ein Zuhause hat, sondern auch die vielfältige Welt der bildenden Kunst. Neben Traditionsgeschäften und Neueröffnungen gab es auch Ideen, die einfach mehr Platz brauchen. So vergrößerte sich das kleine und vor allem beliebte Lokal „Bottega Dei Sapori“ und zog von der Hafer- gasse an den Obermarkt. War das Platzangebot in der Hafergasse extrem reduziert, verfügt das Lokal in den ehemaligen Räumen von „Fisch Lorenz“ nun über einen separaten Speiseraum, ein um- fangreicheres Speisenangebot und eine deutlich größere Außenfläche.

FUSSGÄNGERZONE ALS ORT DER BEGEGNUNG

Dass die Innenstadt immer noch ein Besuchermagnet sein kann, zeigen zudem die Zahlen zweier Frequenzmessungen, die ebenfalls durch das Projekt „Worms wird wow“ initiiert wurden. Installiert einmal am Eingang der Kämmererstraße (vom Marktplatz kommend) und einmal am Eingang der Wilhelm-Leuschner-Straße / Bahnhofsstraße, sagen sie zwar nichts über die Kaufkraft aus, aber darüber, dass Veranstaltungen, wie der Mantelsonntag, durchaus Menschen anlocken. Während an gewöhnlichen Wochentagen im Schnitt rund 4.100 Menschen, ausgehend vom Optiker Delker die Kämmererstraße besuchen, waren es beispielsweise am Mantelsonntag 9.775. An einem besonders sonnenreichen „Worms blüht auf“ Sonntag waren es sogar beachtliche 13.353. Auch dem oft diskutierten Weihnachtsmarkt gelingt es, Menschen in die Innenstadt zu locken. Jonas Volz (Worms wird wow) stellte hierfür die Zahlen eines dreiwöchigen Vergleichszeitraums zusammen. So querten in der Zeit ohne Weihnachtsmarkt (1.11. bis 17.11.) 57.459 Besucher den Frequenzzähler. In den Wochen danach veränderte sich die Frequenz deutlich nach oben und 96.762 Besucher fanden den Weg in die Fußgängerzone. Das zeigt wieder- um, dass die Innenstadt als Ort der Begegnungen doch mehr Relevanz hat, als oftmals behauptet wird. Natürlich ist die Veränderung nicht wegzu- diskutieren. Geschäftsschließungen, wie die des Fachgeschäfts „Lützenkirchen“ oder von „Schuh Gabriel“ zeigen, dass sich das Kaufverhalten ver- ändert – oft zum Nachteil der stationären Händler. Dennoch zeigen auch die vorhergenannten Ent- wicklungen, dass die Innenstadt lebt. Und das wird sie auch 2025.

Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf