„Der Diplomat“ sorgt für ein zufriedenes Publikum und glückliche Veranstalter

Nachdem 2023 P?nar Karabulut mit einer provokant frechen Inszenierung von „Brynhild“ sowohl Presse als auch Publikum verschreckte, übernahm Roger Vontobel zum dritten Mal die Regie bei den Nibelungen-Festspielen, während das Autorenduo Feridun Zaimoglu und Günter Senkel zum zweiten Mal für Worms schrieb.

Mit Jasna Fritzi Bauer hatte man auch einen bekannten Namen an Bord. Die Schauspielerin, die kurz vor der Premiere sich öffentlichkeitswirksam outete, mit einer Frau zusammenzuleben, übernahm in dem Stück die Rolle der Kriemhild. Titelgebender Diplomat war wiederum die Figur des Dietrich von Bern, die mit starker Präsenz von Franz Pätzold gespielt wurde. Im Mittelpunkt der Geschichte stand der Leidensweg eines Mannes, Dietrich von Bern, der der Gewalt abschwor, aber eben an diesen Burgunderhof kommt, wo Gewalt und Verrat längst die Grundmauern jener Feste vergiftet haben. Nun sollte es um die Frage gehen, wie mit den Mitteln der Diplomatie Kriege verhindert werden können? Mit Blick auf die Ukraine, die im Kontext mit dem Stück bei Gesprächen immer wieder angeführt wurde, ist die Antwort: Gar nicht! Denn auch am Ende der zweieinhalbstündigen Aufführung musste der Pazifist, ein Titel, der besser gepasst hätte, erkennen, dass Hass oftmals stärker ist, als der Wille zu vergeben.

Vontobel kleidete die nihilistische Erkenntnis in entsprechend düstere Bilder, inklusive eines höllisch infernalen Feuers am Ende. Wer jedoch ein großes Effektspektakel in der Tradition der beiden Vontobel Stücke „Siegfrieds Erben“ und „hildensaga.ein königinnendrama“ erwartete, musste dieses Mal erkennen, dass es der Schweizer Theaterregisseur tunlichst vermied, in die Erwartungshaltungs- falle zu marschieren. Am Ende der sechzehn Tage gab es für den zwischenzeitlich zum Nibelungen Experten avancierten Roger Vontobel noch den Mario-Adorf- Preis und die Aussicht, dass er aus dem Triple noch ein Quartett macht. Die Auslastung entsprach wiederum nicht ganz den Erwartungen an den Erfolgsregisseur. Ganz in diesem Sinne wollte bei einem Abschlussgespräch der Festspiele eine Journalistin wissen, ob womöglich die eigenwillige „Brynhild“ Inszenierung aus dem Vorjahr an der Auslastung von nur 87 Prozent schuld sei? Eine Frage, die Geschäftsführung und Intendanz freilich nicht beantworten konnten.

Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf