Kampagne #wormsliebe wirbt für ein positives Worms Gefühl

Mit der Liebe ist das so eine Sache. Manchmal entsteht sie auf den ersten Blick, manchmal aber erst nach einiger Zeit. Doch was sie stets gemeinsam hat, ist, dass sie gepflegt werden will und der gemeinsame Weg mit vielen Missverständnissen und Gegen- sätzen gepflastert ist. Das gilt insbesondere bei der Liebe zu einer Stadt, ist diese doch viel komplizierter. Die Liebe fest im Blick, will die Kampagne #wormsliebe die Wormser nun zu Botschaftern machen, die den Wan- del vom „Meckerer“ zum „Macher“ mitgestalten sollen.

Scheinbar aus dem Nichts kommend, erklärt die Stadt bei der Präsentation, dass diese ihre Wurzeln im Tourismuskonzept „Worms 4.0“ habe, das bereits 2019 veröffentlicht wurde. Darin heißt es auf Seite 41 unter dem Absatz „Wormser Mentalität“: „Im „kollektiven Wormser Gewissen“ hat sich ein unvorteilhaftes Bild der eigenen Stadt gefestigt. Es unterstellt sich selbst, dass es sich gerne über die Schwächen der eigenen Stadt empört. Dem gegenüber steht jedoch le- diglich eine Auffassung, die als „man müsste mal“-Einstellung bezeichnet werden kann. Die Fehler aufzeigen ist das eine. In der Wormser Bevölkerung mangelt es jedoch an Visionären, bzw. an Men- schen, die im Sinne eines mutigen Unternehmergeistes auf eigene Initiative versuchen, am Status quo etwas zu ändern, so ein zentrales Workshopergebnis.“ An dem Workshop nahmen übrigens 47 Personen aus unterschiedlichen Bereichen im Umfeld der Stadt und des Einzelhandels teil.

DIE GEBURTSSTUNDE DER #WORMSLIEBE

Ausgehend von der wenig schmeichelhaften Charakterisierung kommt das Konzept zu der Empfehlung: „Eine lebenswerte Stadt Worms erfordert die Einbindung der Bewohner, der touristischen Akteure sowie der Verwaltung. Daher ist eine Kampagne zur Förderung der Identifikation mit der Stadt zu initiieren, die möglichst alle Wormser – Unternehmen, Vereine und Privatpersonen – erreichen kann. Als Arbeitstitel kann „Wormser für Worms“, „Mein Worms“ oder „Mein Lieblingsplatz in Worms“ herangezogen werden. Wichtig ist, dass mit dieser Kampagne ein „Wohlfühlgefühl“ zum Ausdruck gebracht wird.“ Für die Umsetzung zeichnen sich nun federführend die Tourist Info Worms und die Abteilung Kommunikation und Marketing der Stadtverwaltung verantwortlich, die zugleich den griffigen Claim entwickelten. „Das Konzept sieht eine stärkere Einbindung der Bürger in Stadtentwicklung vor und schreibt ihnen gleichwohl eine wichtige Rolle als Multiplikatoren nach außen zu“, heißt es in der Pressemitteilung. Die Idee dahinter: nur eine Stadt mit positiv gestimmten Menschen, kann diese im positiven Sinne nach vorne bringen. Doch wird nicht allzu oft Kritik mit Meckern verwechselt und Meckerer mit vermeintlichen Kritikern? Grundsätzlich ist natürlich eine Kampagne zur Stärkung eines besseren Wir-Gefühls nichts entgegenzusetzen und dennoch drängt sich die Frage auf, ob die Grundannahme eben auf genau jener Verwechslung fußt. So heißt es: „Und in der Tat haben die letzten Jahre gezeigt, dass sich die Menschen zwar nach wie vor stark mit ihrer Stadt identifizieren, gleichsam jedoch vermehrt Unzufriedenheit erkennbar ist, die insbesondere in den Sozialen Medien auch teilweise recht deutlich geäußert wird.“

Negative Facebook Blase

Ein Ausflug in die Tiefen der Kommentarspalten bei Facebook offenbart tatsächlich ein desaströses Meinungsbild von Worms. Von „es wird immer schlimmer“ oder „Wer braucht schon die Festspiele“ über „shithole Worms“ bis zu unverhohlen rassistisch geprägten Aussagen über die Stadtentwicklung, ist dieses Worms Bild weiter von Wormsliebe entfernt, wie die Stadt von einem ausgeglichenen Haushalt. Dabei ist es nur allzu leicht, sich in diesem Strudel destruktiver Gedanken zu verlieren. Oder anders gesagt, hier ist keine #wormsliebe mehr zu finden, also „obacht!“. Vielmehr droht diese wenig konstruktive Energie das „positive Meckern“ zu übertönen und irgendwie drängt sich der Eindruck auf, dass auch diese Kampagne ein wenig zu sehr den Fokus auf diese Blase lenkt. Zu den selbsterklärten Zielen der Kampagne gehört es, Transparenz zu schaffen, zu informieren, gemeinsame Ideen zu entwickeln und zu mehr Wertschätzung zurückzufinden, anstatt nur Kritik zu üben.“ Kritik ist allerdings ein wesentlicher Bestandteil eines gemeinsamen Dialogs und vor allem eine Wurzel des Lernens. Von den nimmermüden Meckerern lässt sich indes nur wenig lernen, außer dass es heute einfacher ist, seinen persönlichen Unmut über das eigentlich berechtigt ausgestellte Knöllchen im Internet lauthals zu äußern. Insofern bleibt zu hoffen, dass auch die Stadt lernt, Kritik zu verstehen und Ideen daraus zu entwickeln. Die #wormsliebe ist sicherlich bei vielen Wormser vorhanden und wie bereits Oberbürgermeister Adolf Kessel beim Jahresempfang der Stadt Worms 2023 erkannte, ist genau dieses „Meckern“ für ihn Ausdruck einer Wormsliebe…