Bezahlkarte – ein Instrument zur Schikane, Stigmatisierung und Ausgrenzung von Geflüchteten im täglichen Leben!

Eine Pressemitteilung des Helferkreis Asyl e.V.

Der Wormser Stadtrat hat am 25.06.2025 mehrheitlich beschlossen, die Bezahlkarte in Worms – voraussichtlich ab Januar 2026 – einzuführen. Bezieher*innen von Asylbewerberleistungen sollen eine „Social Card“ der Firma secupay AG bekommen und können damit in ausgewählten Geschäften wie Drogerien und Supermärkten einkaufen und auf die vom Sozialamt angelegten Konten einer „Positiv-Liste“ Geld überweisen. Der Haushaltsvorstand der betroffenen Familien soll monatlich 130 Euro in bar zur freien Verwendung bekommen, die anderen Familienmitglieder lediglich 50 Euro.

Die Beschlussvorlage bezieht sich auf Vereinbarungen zwischen der rheinland-pfälzischen Landesregierung und den Kommunen, vertreten durch die kommunalen Spitzenverbände.

Zwischen den Empfehlungen der Landesregierung und der Wormser Beschlussvorlage besteht ein gravierender Unterschied, der den Stadtratsmitgliedern offensichtlich nicht aufgefallen ist und nicht thematisiert wurde:

Der rheinland-pfälzische Ministerrat betonte in seiner Pressemitteilung am 10.06.2025, dass die Maßgaben des Landes zur Ausgestaltung der Bezahlkarte im Rundschreiben vom 10.01.2025 weiterhin gelten. In diesem Rundschreiben ist zu lesen: „Der monatlich abhebbare Bargeldbetrag wird als Regelempfehlung auf 130 Euro pro Person und Monat – und zwar unabhängig vom jeweiligen Leistungssatz – angesetzt. Die Regelempfehlung gilt gleichermaßen für minder- wie volljährige Leistungsberechtigte.“ (S. 8, https://mffki.rlp.de/fileadmin/07/Dokumente/Themen/Integration/Rundschreiben_zur_Fluechtlingspolitik/RS_des_MFFKI_vom_10.01.2025_zur_Bezahlkarte__Landeseinheitliche_Ausgestaltung_der_Bezahlkarte_im_Bereich_des_Asylbewerberleistun.pdf).

Eine Abweichung von dieser Empfehlung durch die Barauszahlung von lediglich 50 Euro führt zu weiteren Einschränkungen für die betroffenen Familien.

Im Jahr 2025 bekommt der Haushaltvorstand für Kinder bis sechs Jahren monatlich 126 Euro, für Kinder von 7 bis 14 Jahren 131 Euro und für Jugendliche von 15 bis 18 Jahren 133 Euro. Wer die regulären Preise für Schuhe, Kleidung, Ausstattung beispielsweise für Schule und Sportvereine kennt, der kann gut nachvollziehen, dass die betroffenen Familien häufig in Billig-oder Secondhandläden, auf Basaren und Flohmärkten einkaufen, was mit der „Social Card“ nicht mehr möglich sein wird. Möglicherweise werden Eltern dann beim Kauf von Lebensmitteln einsparen und auf – für viele deutsche Kinder und Jugendliche selbstverständliche – Freizeitangebote wie Schwimmbad, Tierpark, Kino, Theater oder gar „Backfischfest“ …  völlig verzichten müssen. Die Stigmatisierung dieser Kinder und Jugendlichen ist absehbar, ihre Integration wird massiv in Frage gestellt.

Im o.e. Rundschreiben wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „die vorliegende Regelempfehlung insbesondere für die vulnerable Gruppe der Kinder und Jugendlichen

(Leistungssatz 4-6) von Vorteil ist und die Maßgaben des Art. 23 Abs. 1 der

EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU) bei der Implementierung der Bezahlkarte würdigt. Bei Kindern und Jugendlichen steht im Ergebnis der volle persönliche notwendige Bedarf nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums als abhebbarer Geldbetrag zur Verfügung.“ (S.10/11)

https://mffki.rlp.de/fileadmin/07/Dokumente/Themen/Integration/Rundschreiben_zur_Fluechtlingspolitik/RS_des_MFFKI_vom_10.01.2025_zur_Bezahlkarte__Landeseinheitliche_Ausgestaltung_der_Bezahlkarte_im_Bereich_des_Asylbewerberleistun.pdf).

Durch die Abweichungen von den Empfehlungen der rheinland-pfälzischen Landesregierung wird der Flickenteppich geschaffen, den der Stadtrat vermeiden wollte.

Es ist beschämend, dass für die Mehrheit des Wormser Stadtrates das Misstrauen gegenüber Geflüchteten und die gesteuerte Kontrolle von Menschen bei der Verwendung der äußerst knappen Asylbewerberleistungen wichtiger ist das in der UN-Kinderrechtskonvention verankerte Kindeswohl (Artikel 3, Absatz 1):

„Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleich viel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“