SAGEN SIE MAL, HERR BIMS?
In der zwanzigjährigen Verlagsgeschichte von WO! – DAS Wormser Stadtmagazin ist kürzlich Wundersames passiert. Wenigstens einer aus unserem faulen Redaktionshaufen hat es nach ganz oben geschafft. Ich höre Sie deshalb schon wieder zu Tausenden fragen: „Sagen Sie mal, Herr Bims, was sagen Sie denn zu der Ernennung Ihres Kolumnen- nachbarn zum Dezernenten der Stadt Worms?“
Nnatürlich gratuliere ich meinem satirischen Kolumnennachbarn Jim Walker jr. ganz herzlich zu seinem neuen Amt! Endlich mal ein Langhaariger im Stadtvorstand! Auf unser Magazin hat das neue Amt auch schon erste Auswirkungen. Nachdem unser Chef gehört hat, dass Peter als Dezernent ehrenamtlich arbeitet, wurde ihm mitgeteilt, dass er von nun an auch ehrenamtlich fürs WO! schreibt. „Du tust das doch nicht für den schnöden Mammon, sondern für die Frauen, Männer, Transmenschen, Kinder, Babys, Gebrechlichen und all die lieben Menschen in Worms“, argumentierte unser Chef gewohnt herzzerreißend und pathetisch. Da Peter erst wenige Minuten zuvor seine Ernennungsurkunde erhalten hatte und ohnehin emotional angegriffen war, legte unser Chef mit einem politischen Argument nach: „Peter, ich kann dir kein Honorar mehr für deine Kolumne auszahlen, sonst könnten wir in den Verdacht geraten, damit politische Entscheidungen kaufen zu wollen!“ Da musste ich aber lauthals loslachen. Mit 12,82 Euro kann man heutzutage nicht mal mehr eine Politesse bestechen, einen Strafzettel zurückzunehmen. Aber Peter stimmte unter Zeugen zu und arbeitet jetzt auch für uns ehrenamtlich. „Der hätte sein Honorar eh zum nächstbesten Dönerladen getragen“, flüsterte mir mein Chef beim Abgang noch ins Ohr. Nichtsdestotrotz hat mir unser Chef wenige Tage später, als er hörte, dass meine neue Kolumne von meinem geschätzten Satirekollegen handelt, strikt untersagt, irgendwelche Bodyshaming-Witze zu machen, da ihm noch die Ohren klingeln von den dicken Feministinnen, die wegen meiner infantilen Witzchen über Ricarda Lang protestiert hatten. Mein Argument, dass die ehemalige Grünen-Chefin aufgrund meiner stichnadelartigen Berichterstattung locker 30 Kilo abgenommen hat und heute eine leckere Schnitte ist, wollte er nicht gelten lassen. „Na gut, dann soll der Peter halt fett bleiben!“, hab ich im Abgang noch vor mich hin genuschelt und mich sofort daran gemacht, eine Lobeshymne zu verfassen….
PETER ENGLERT IST DICK IM GESCHÄFT
Mir jetzt schon bei der Überschrift, etwas unter- stellen zu wollen, wäre infam, schließlich musste Peter im Laufe der Jahre zwangsläufig an Muskelmasse zulegen, um auch als politisches Schwergewicht wahrgenommen zu werden. Kennengelernt habe ich ihn ca. 2010 auf einem Konzert der „Döftels“. Angetan von der ekstatischen Bühnenperformance des durchtrainierten Frontmanns, dessen Sixpack immer wieder unter seinem viel zu knappen Shirt hervorblitzte, reiste ich der Band fortan als Groupie durch die ganze Welt hinterher. Damals hab ich mich regel- mäßig als „Berta Bums“ verkleidet, um bei den „Döftels“ auch mal in die Row Zero zu gelangen. Sogar auf der Asien-Tour durch Thailand, China und die Philippinen war ich mit am Start, aber erst nach einem Konzert im New Yorker Madison Square Garden schaffte ich es, vorm Ritz Carlton Hotel ein Autogramm von Peter Englert auf meinem Hals zu ergattern, das ich heute noch stolz als Tattoo trage. Ja, das waren noch Zeiten, als ich stets in der ersten Reihe stand, um den drahtigen Döftels-Sänger beim Stagediving aufzufangen. Heute kann er das vergessen, ich hol mir doch nicht freiwillig einen Bandscheibenscha- den.
2018: WIE MEIN NACHBAR ZUR LINKEN BEINAHE OB WURDE…
Sieben Jahre später wird ja gerne die Legende verbreitet, Peter habe nach einer kurzen Bedenkzeit seiner OB-Kandidatur zugestimmt. Bedenkzeit – dass ich nicht lache. Unser Chef hat jeden einzelnen Mitarbeiter eindringlich angefleht, es doch wenigstens für unsere Stadt, unseren Verlag und die tollen Einwohner von Worms zu tun. Da aber keiner der WO! Belegschaft bereit war, als neuer Oberbürgermeister finanzielle Abstriche in Kauf nehmen zu müssen, wurde von unserem Chef einstimmig beschlossen, dass der OB- Kandidat in einem redaktionsinternen Schnick- Schnack-Schnuck-Turnier ermittelt wird. Jeder gegen jeden – und der Verlierer des Turniers muss als OB-Kandidat antreten. Normalerweise bin ich ein klassischer Turnierspieler, der sich im Laufe eines Wettbewerbs immer mehr zu steigern weiß. Aber am Tag der Entscheidung war ich psychisch angeknackst, weil die Frauen im Verlag kurz vor Turnierbeginn durchgeboxt hatten, dass man bei Schnick-Schnack-Schnuck „Brunnen“ nicht verwenden darf, schließlich könne man damit zwei Mal gewinnen. Meine Taktik, dass dann ja auch „Blatt“ zwei Mal ge- winnt, war damit dahin.
Wie mir Peter später mitteilte, hatte er diesbezüglich eine ähnliche Taktik ausgeklügelt. Und so kam es, wie es kom- men musste. Da wir beide selbst gegen die Frauen im Verlag chancenlos waren, musste das Duell der beiden Kolumnisten über das Schicksal der Stadt Worms entscheiden. Kein „Best of 5“, sondern ein einziges Schnick-Schnack-Schnuck-Duell, und der Verlierer muss anschließend OB werden wollen. Um Peter zu verwirren, haute ich einen überraschenden Move heraus, indem ich verbotenerweise „Brunnen“ nahm. Peter, der sich für „Stein“ entschieden hatte, protestierte heftig und forderte eine Verwarnung für mich, so dass mir gar nichts anderes übrig blieb, als ihm ansatzlos einen Kinnhaken zu verpassen. Unser Chef erfasste sofort die Situation und ich hörte ihn nur noch lauthals brüllen: „Die Entscheidung fällt in einem Cage-Fight. Keine Regeln, keine Verbote!!“ Naja, der Ausgang ist bekannt und ist heute ein wichtiger Fakt in der jüngsten Wormser Politikgeschichte, weil ich dem Peter so sehr die Fresse vermöbelt habe, dass er als OB-Kandidat antreten MUSSTE. Heute ist er sogar Dezernent der Stadt Worms. Und ich kann nur vermuten, dass er im Schnick-Schnack-Schnuck-Duell gegen Carolin Cloos von den Grünen verloren hat, sonst müsste er jetzt nicht auch noch im Stadtvorstand abhängen.
Dr. Bert Bims
50 WO! DAS NACHSPIEL