WO! Buchbesprechung: Ein Herr. Ein Glaube. Eine Taufe
Vor zwei Jahren veröffentlichte der damals 26-jährige Mainzer Rafael Bravo seinen ersten Roman. Auch wenn die Geschichte überwiegend in Mainz und Umland spielte, machte der Debütant klar, dass er mit seinem Krimi nicht im Fahrwasser der üblichen Regionalkrimis mit ebenso regionalem Humor rumdümpeln möchte. Frei nach dem Motto „Think big“ entwarf der junge Autor einen Verschwörungsthriller, bei dem insbesondere die katholische Kirche nicht besonders gut wegkam. Im Zentrum stand eine mysteriöse Mordserie, die dem „Hirtenstabmörder“ zugeschrieben wurde und einem Mainzer Polizistenteam das Leben mehr als schwer machte. Am Ende blieben viele Leben auf der Strecke und nicht minder viele Fragen offen.
Die möchte Bravo nun in der Fortsetzung beantworten. Allerdings macht er bereits nach wenigen Seiten klar, dass er zugleich mit den überlebenden Figuren des Vorgängers ebenso abschließen möchte. Dafür führt er neue Figuren ein, wie die politisch aktive Studentin Lisa Holtmann oder den Journalisten Alexander Behrends, die jenen Lesern, die den Vorgänger nicht gelesen haben, den Einstieg erleichtern sollen. Dennoch dürfte unbedarften Lesern die komplexe Verschwörungsgeschichte um einen vom Vatikan angetriebenen politischen Umbruch zuwei- len etwas überfordern, zumal Autor Bravo oftmals den Krimiplot aus den Augen verliert. Vielmehr scheint er an einer Schilderung eines alternativen Deutschlands interessiert zu sein, das sich politisch unaufhaltsam in eine Autokratie verwandelt.
Parallelen zur AfD sind natürlich rein zufällig, wobei Bravos „Aufbruchspartei“ deutlich größere Ziele verfolgt („Herr Jacobi und seine Aufbruchs- partei planen keinen Aufbruch für dieses Land, wie sie es versprechen, nein, sie planen ganz klar die Umwandlung Deutschlands in einen Gottesstaat!“). Dabei verliert sich das Buch immer wieder in ausführlichen Schilderungen, wie sich der Alltag der Figuren schleichend verändert. Das ist für sich genommen interessant, mitunter auch span- nend, behindert allerdings das Tempo erheblich. So wirkt das Buch zuweilen etwas überambitioniert und man hat als Leser den Eindruck, dass eine stringentere Erzähl- weise dem Roman gutgetan hätte. Dennoch muss man dem Nachwuchsautor für seine originelle und mutige Idee Anerkennung aussprechen.
Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe
Autor: Rafael Bravo Verlag: unabhängige Veröffentlichung
406 Seiten | 17,- Euro
ISBN: 978-3769318913
Gelesen von Dennis Dirigo