Eine Pressemitteilung der Stadt Worms:
In Folge des Grundsteuer-Reformgesetzes erfolgt ab dem 1. Januar 2025 eine Besteuerung von Grundbesitz anhand der Werte zum 1. Januar 2022 (= Stichtag der neuen Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte). Für die Besteuerung des Grundbesitzes gelten in Rheinland-Pfalz die vom Bund beschlossenen Reformgesetze (sogenanntes „Bundesmodell“).
Die Stadt Worms möchte Bürger über Problemstellungen im Bereich der Reform informieren und bereits heute auf mögliche und notwendige Steuererhöhungen hinweisen, die die Stadt ohne die auch von den kommunalen Spitzenverbänden geforderten dringend notwendigen landesgesetzlichen Regelungen nicht verhindern kann.
Bundesmodell führt zu „Belastungsverschiebung“ zu Lasten von Wohngrundstücken
Der Bundesgesetzgeber wollte mit dem Bundesmodell eine zeitgemäße und faire Bewertung der einzelnen Grundstücksarten vornehmen. Allerdings sollten die überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Grundstücke („Wohngrundstücke“) begünstigt werden, weshalb der Bundesgesetzgeber bereits mit dem Jahressteuergesetz 2022 eine entsprechende Differenzierung im Bereich der Steuermesszahlen vornahm.
Nach den nunmehr bekanntgegebenen Berechnungen des Landes wird das Ziel des Bundesgesetzgebers nicht erreicht. Vielmehr führt das Bundesmodell bei fast 40 Prozent der Kommunen in Rheinland-Pfalz und insbesondere auch in unsere Stadt zu einer erheblichen Belastungsverschiebung zu Lasten von Wohngrundstücken.
Wohnraum wird zugunsten von Gewerbeflächen teurer
Für die Stadt Worms bedeutet dies, dass der Grundsteuerhebesatz B in der Folge um etwa 190 Prozentpunkte (von derzeit 633 Prozent auf ca. 820 Prozent) zu erhöhen wäre, um eine Aufkommensneutralität zu erreichen. Der Begriff „Aufkommensneutralität“ bedeutet dabei allerdings lediglich, dass die Stadt nach Umsetzung der Reform (das heißt im Jahr 2025) ihr Grundsteueraufkommen insgesamt der Höhe nach stabil halten kann und muss – also im Jahr 2025 ähnlich viel an Grundsteuer einnimmt wie in den Jahren vor der Reform. Aufkommensneutralität bedeutet hingegen nicht die gleiche Belastung des Einzelnen, sondern der Höhe nach gleiche Grundsteuer-Gesamteinnahmen unserer Stadt. Und nochmals konkret: Einzelne müssen mehr zahlen (und hier überwiegend Eigentümer von Wohngrundstücken), die Stadt nimmt damit jedoch nicht mehr Geld ein.
Bereits in diesem Jahr musste die Stadt Worms den Hebesatz auf 633 Punkte erhöhen und liegt somit unter den kreisfreien Städten in Rheinland-Pfalz an der Spitze. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) des Landes hatte unter anderem diese Erhöhung zur Voraussetzung für die Genehmigung des städtischen Haushalts gemacht. Trotz Anhebung der Hebesätze verbleibt 2024 ein erhebliches Defizit in Höhe von ca. 39 Mio. Euro (Stand 30.6.2024). Eine weitere Anhebung würde zwar Einzelne noch stärker belasten, die Stadt dem Ziel des Haushaltsausgleichs jedoch kein Stück näherbringen.
Verzichtet die Stadt auf die neue Anpassung der Hebesätze auf die errechneten knapp 820 Prozent (um die Aufkommensneutralität zu erreichen), fehlen der Stadt Worms im Vergleich zu 2024 weitere ca. fünf Mio. Euro an Einnahmen. Insbesondere die fehlende finanzielle Ausstattung der Kommune durch Bund und Land führen zu den Fehlbeträgen im Haushalt.
In der Folge sind weitere unvermeidbare Erhöhungen zur Haushaltskonsolidierung erforderlich. Neben der Gewerbesteuer gehören die Erträge aus der Grundsteuer B zu den Haupteinnahmequellen einer Kommune.
Neue Bewertungsregeln sind Ursache der Belastungsverschiebung
Durch die Änderung der Bewertungsregeln für überwiegend nicht zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke („Geschäftsgrundstücke“) verlieren diese nach neuem Recht im Verhältnis zu Wohngrundstücken überproportional an Wert, sodass Geschäftsgrundstücke in Rheinland-Pfalz künftig weniger als bislang zum Grundsteuer-Gesamtaufkommen beitragen und dies bei aufkommensneutraler Besteuerung (ohne landesgesetzliche Änderungen) von den Wohngrundstücken kompensiert werden muss. Aus Sicht des Städtetags Rheinland-Pfalz hat es die Landesregierung versäumt, eigene Berechnungen zu initiieren und Warnhinweise (u. a. der kommunalen Spitzenverbände) nicht beachtet.
Der beschriebene Trend der Belastungsverschiebung wurde zwischenzeitlich von allen Ländern, die das Bundesmodell unverändert anwenden, und auch vom Bund bestätigt. Die Bundesländer Sachsen und Saarland, die ebenfalls die Grundsystematik des Bundesmodells anwenden, haben diese Problematik bereits in den Jahren 2020 bzw. 2021 durch eigene Modellrechnungen erkannt und mit der Festlegung landesspezifischer Steuermesszahlen entschärft. Andere Länder sind diesem Prinzip zwischenzeitlich gefolgt. Spätestens im Jahr 2021 hätte auch das Land Rheinland-Pfalz reagieren und eigene Anpassungen durchführen müssen, betont der Städtetag.
Die Landesregierung habe stattdessen (auch in Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden) stets betont, dass man vor dem 30. Juni 2024 keine belastbaren Zahlen vorliegen habe, um eine mögliche Belastungsverschiebung zu Lasten von Wohngrundstücken zu verifizieren. Außerdem vertritt die Landesregierung offenbar den Standpunkt, dass eine regional auftretende Mehrbelastung von Wohnraum nicht unbedingt zu beheben sei, da diese vielmehr eine Folge der jahrzehntelangen Unterbewertung von Wohngrundstücken – insbesondere bei Ein- Zweifamilien¬häusern – sei. Das Land befürworte die Umschichtung des Grundsteuer¬auf¬kommens und die damit einhergehende Verteuerung von Wohnraum somit im Ergebnis sogar, ist sich der Städtetag sicher.
Nichtsdestoweniger ist das Land an den Bund herangetreten und hat diesen um eine bundesgesetzliche Anpassung gebeten, um dem Problem der Belastungsverschiebung zu begegnen. Nachdem der Bund eine bundesgesetzliche Änderung u.a. mit Verweis auf die Länderöffnungsklausel abgelehnt hat, ist das Land nun gefordert, eine Verteuerung von Wohnraum und eine damit einhergehende zusätzliche Belastung für Bürger unbedingt durch landesgesetzliche Regelungen zu verhindern. Eine Belastungsverschiebung könnte mit einer landesgesetzlichen Anpassung der Steuermesszahlen vermieden werden. Alternativ könnte das Land eine sogenannte Härtefallregelung einführen oder bei den Hebesätzen künftig zwischen Wohn- und Gewerbeimmobilien unterscheiden, wobei diese Variante kaum rechtssicher umzusetzen wäre.
Aus Sicht des Städtetags hat sich das Land dem Problem der Belastungsverschiebung trotz aller Vorzeichen nicht rechtzeitig angenommen und zeige sich auch bislang nicht einsichtig.
Die Kommunen hingegen sind seitens der Kommunalaufsicht (ADD) angewiesen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, d. h. die Einnahmen müssen so geplant werden, dass diese die Ausgaben decken. Dementsprechend muss die Grundsteuer B als eine der Haupteinnahmequellen so geplant werden, dass die Finanzmittel zur Erfüllung der kommunalen Aufgaben ausreichen. Ob die Verwaltung also auf die geforderte Aufkommensneutralität verzichten kann, um eine weitere Erhöhung des Hebesatzes zu vermeiden, ist vor dem Hintergrund der ohnehin prekären Haushaltslage unserer Stadt fraglich.