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DIE SÜNDEN DER VERGANGENHEIT

Wie die Stadt Worms von den eigenen Fehlentscheidungen eingeholt wird

Wenn man auf das Jahr 2025 zurück-blickt, dann fällt auf, dass die politi-schen Entscheidungsträger in erster Linie damit beschäftigt waren, die in der Vergangenheit getroffenen Fehl-einschätzungen zu korrigieren. Über die geänderten Bebauungspläne des Salamandergeländes oder die Fehlkonzeption des Wormser Kultur- und Tagungszentrums haben wir bereits berichtet. In den kommenden Jahren wird sich nun die Frage stellen, ob der seinerzeit politisch forcierte Schritt zu einem Logistikstandort in naher Zukunft – dank KI und Robotik – harte Einschnitte für Worms mit sich bringen wird?

Mit den geänderten Plänen zur Bebauung des Salamandergeländes wurden die großspurigen Visionen der vorherigen Stadtführung auf ein bezahlbares Maß zurückgeführt (siehe WO! Juni 2025). In den letzten beiden Ausgaben haben wir über das Wormser Kultur- und Tagungszen-trum berichtet, das im Januar sein fünfzehn-jähriges Jubiläum feiert (siehe WO! Oktober & November 2025) Hier wurde den Bürgern ver-sprochen, dass man damit die Stadt zu einer bedeutenden Tagungsstadt machen würde. Heute muss man sich eingestehen, dass dieses hoch-trabende Ziel auch nach 15 Jahren (noch) nicht erreicht wurde und dass kein privater Unterneh-mer hierfür 45 Millionen Euro investiert hätte. Auch eine weitere Grundsatzentscheidung der Stadtführung, um die Jahrtausendwende ver-stärkt auf die Ansiedlung von Logistikfirmen in Worms zu setzen, könnte nun zu einem gefähr-lichen Bumerang werden.

Schon damals gab es viele mahnende Stimmen wegen der zu erwartenden Straßen- und Umweltschäden im Zuge des zunehmenden LKW-Verkehrs. Andere Kritiker haben darauf hingewiesen, dass Logistiker große Flächen und Hallen benötigen. Dementsprechend gab es schon bald keine verfügbaren Gewerbeflächen an der B9 und in der Folgezeit hatte Worms keine ausgewiesenen Plätze für Neuansiedlungen mehr frei. Trotzdem war die Entscheidung der Wormser Politik seinerzeit teilweise nachvollziehbar. Worms hatte damals eine hohe Arbeitslosenquote und gleichzeitig zu wenig qualifizierte Arbeitnehmer (Akademiker, abgeschlossene Ausbildung, etc.), die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung standen. Durch die Ansiedlung von Logistikern wie FIEGE (350 Mitarbeiter) oder TST (1.400 Mitarbeiter) wurden im Niedriglohnsektor jede Menge neue Arbeitsplätze geschaffen. Doch auch diese sind nun bedroht.

Amazon baut Stellen ab 

Inmitten der Wirtschaftsnachrichten um Entlassungen bei großen Fir-men, hat sich jüngst auch Amazon eingereiht. Der Konzern aus den USA kündigte Sparmaßnahmen an und damit verbunden auch den Abbau von 14.000 Stellen. Der offizielle Grund seien Sparmaßnahmen als Reaktion auf übermäßige Einstellungen während der Corona-Pandemie. Anfragen, wie viele Beschäftigte in Deutschland von Entlassungen bedroht seien, ließ Amazon zunächst unbeantwortet. Die Nachrichtenagentur Reuters und andere US-Medien berichteten, dass in mehreren Wellen sogar 30.000 Jobs betroffen sein sollen. Das Pikante an der Sache ist, dass die Stellen ausschließlich in der Verwaltung abgebaut werden, wo ca. 350.000 Personen arbeiten. Begründung: Der weltgrößte Online-Händler setzt zukünftig verstärkt auf „Künstliche Intelligenz“ in der Verwaltung. Der Zeitschrift „Fortune“ zufolge könnten allein in der Personalabteilung rund 15 Prozent der Stellen wegfallen. In den Bereichen Vertrieb und Lager beschäftigt Amazon mehr als 1,5 Millionen Menschen, die nicht von den Sparmaßnahmen betroffen sein sollen. Man könnte nun zynisch kommentieren, dass die schlechter bezahlten Jobs im Lager – vorerst – erhalten bleiben und lediglich die gut bezahlten Bürojobs wegfallen.

Auswirkungen auf das Logistikparadies Worms

Aus heutiger Sicht hatte die Ansiedlung von Logistikern kaum Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, denn auch aktuell liegt die Arbeitslosenquote in Worms noch bei stolzen 8,6 % (Oktober 2025 / bundesweit: 6,3%). Gleichwohl wird die Entscheidung von Amazon auf kurz oder lang auch Auswirkungen auf den Logistikstandort bzw. Arbeitsmarkt Worms haben. Wenn mit Amazon der weltgrößte Online-Händler in der Verwaltung verstärkt auf Künstliche Intelligenz setzt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch andere Logistiker dahingehend nachziehen werden. Viel größeres Ungemach droht jedoch, wenn man in Zukunft im Logistikbereich verstärkt auf Robotik setzt und auch die schlechter dotierten Jobs im Lager wegfallen. Auch das ist nur noch eine Frage der Zeit.

FAZIT: Es sind die Sünden der Vergangenheit, die die Stadt jetzt einholen. Ein Tagungszentrum ohne Tagungen, ein einst als Filetstück angepriesenes Gelände, dessen Entwicklung wohl noch eine Zeitlang dauern wird, sowie jede Menge Mitarbeiter in Logistikfirmen, auf die Massenentlassungen warten. Aus den großen Plänen und Visionen der Stadtführung aus der Vergangenheit ist nicht mehr viel übriggeblieben.

Ein Kommentar von Frank Fischer