Eine Pressemitteilung der Stadt Worms:
Der gesellschaftliche Wandel macht sich auch in der Bestattungskultur deutlich bemerkbar. Waren etwa vor wenigen Jahrzehnten Erdbestattungen in Deutschland absoluter Standard, wurden laut Bundesverband Deutscher Bestatter (BDB) im Jahr 2022 rund 75 Prozent der Verstorbenen eingeäschert. Neben einer möglichen Kostenersparnis entscheiden sich zahlreiche Menschen vor allem aufgrund der weniger aufwändigen Grabpflege für alternative Bestattungsformen. Im Trend (ja, auch im Bestattungswesen gibt es Trends) liegen derzeit demnach Gemeinschaftsgrabanlagen und Baum- bzw. Friedwaldbestattungen. Und auch ein anderer Wunsch der Menschen setzt sich immer weiter durch: gemeinsam mit dem geliebten Vierbeiner die letzte Ruhe zu finden.
In Worms gab es diese Möglichkeit bisher nicht, dafür jedoch zahlreiche andere Bestattungsformen, die gesellschaftlich immer attraktiver werden. Der städtische Integrationsbetrieb Friedhof bietet inzwischen beispielsweise mehrere Varianten der Baumbestattung an, hat sogar eine waldähnliche Bestattungsfläche auf dem Hauptfriedhof „Hochheimer Höhe“ angelegt und auch die Zahl der so genannten Urnenwiesen steigt. Zudem besteht inzwischen die Möglichkeit, sich in älteren Grabanlagen mit einzigartigen und erhaltenswerten Grabskulpturen und -steinen aus privater Überlassung bestatten zu lassen. Die Grabpflege übernehmen hier die Friedhofsgärtner.
Nun also sollen künftig auch so genannte Mensch-Tier-Bestattungen auf dem Wormser Hauptfriedhof möglich sein: „Für viele Menschen ist das Haustier ein Teil der Familie. Manchmal ist das Tier sogar der einzige Weggefährte auf dem letzten Lebensabschnitt“, weiß der zuständige Stadtentwicklungsdezernent, Timo Horst. Dieser Tatsache wolle die Stadt mit der neuen Bestattungsform Rechnung tragen: „Es ist eine Frage der Würde, dass Menschen, die am Ende ihres Lebens angekommen sind, selbst darüber entscheiden können, was ihnen wichtig ist für ihre letzte Ruhe. Und wenn dies die gemeinsame Bestattung mit dem geliebten Haustier ist, wollen wir ihnen dies gerne ermöglichen“, erklärt Horst.
Aus ihrer Sicht sei die Mensch-Tier-Bestattung ein weiterer Mosaikstein in der zunehmenden Individualisierung der Bestattungskultur der Neuzeit, macht die Leiterin des Integrationsbetriebs Friedhof, Christina Jung, deutlich. Ob See-, Natur- oder sogar Diamantbestattung, die Wünsche und Möglichkeiten seien heute sehr vielfältig. Selbst für Fußballfans gebe es inzwischen besondere Bestattungsformen – warum also nicht auch für Menschen, die eine besondere innige Beziehung zu ihrem Haustier haben?
Übrigens: Eine Bestattungspflicht besteht ausschließlich für Menschen, was letztendlich auch der Grund dafür ist, dass ein reiner Tierfriedhof wirtschaftlich nicht umsetzbar ist. Und als kleiner historischer Exkurs: Dass Menschen gemeinsam mit ihrem Haustier bestattet werden, ist keine Besonderheit der Neuzeit, im Gegenteil: Bereits in der Antike ließen sich Menschen gemeinsam mit Tieren beisetzen. Archäologische Funde belegen nicht nur gemeinsame Gräber von Mensch und Hund, sondern sogar von Mensch und Pferd. Auch im Mittelalter war es offenbar nicht unüblich, dass sich Fürsten gemeinsam mit ihrem besten Pferd bestatten ließen.
Der erste Mensch-Tier-Friedhof entstand 2015 in Dachsenhausen bei Koblenz, inzwischen ist die Anzahl bundesweit auf 38 gewachsen.
Entstehen könnte der Mensch-Tier-Friedhof in einem Randbereich des Hauptfriedhofs. Das mögliche Gräberfeld würde vom Humanfriedhof abgetrennt werden. Ein eigener Eingang zu diesem Bereich ist bereits vorhanden, sodass auch Hunde für Grabbesuche mitgebracht werden könnten.
„Einer ersten Vorstellung des Konzepts im Friedhofsausschuss wurde von den Mitgliedern positiv zugestimmt. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir auch für die nun konkreteren Pläne eine Zustimmung erhalten werden“, berichtet Dezernent Horst.
Was unter anderem noch aussteht, ist die Frage nach dem Umgang mit der Bestattungsreihenfolge. Auf manchen Mensch-Tier-Friedhöfen kann das Haustier bereits vor seinem Menschen seine letzte Ruhe finden. Die Verwaltung hält diese Lösung für sinnvoll, entscheiden darüber müssen jedoch die politischen Gremien.