Eine Pressemitteilung der Stadt Worms:
Wie bereits berichtet, hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) die städtische Haushaltssatzung für das Jahr 2025 global beanstandet, was bedeutet, dass die Stadt nun gefordert ist, einen neuen Haushaltsplan aufzustellen und diesen wieder der ADD vorzulegen. Um das voraussichtliche Defizit in Höhe von rund 70 Millionen Euro zu verringern, wird die Stadt nicht nur ihre Ausgaben nochmals reduzieren müssen, sondern – daraus macht die ADD keinen Hehl – auch die Einnahmen erhöhen. Zuletzt hatte der Stadtrat sich gegen eine erneute Anpassung der Realsteuerhebesätze als „Begleiterscheinung“ der Grundsteuerreform ausgesprochen und damit die geforderte sogenannte Aufkommensneutralität ausgesetzt. Die ADD hat diesen Verzicht auf die Anpassung der Hebesätze kritisch bewertet und daraus abgeleitet, dass die Stadt ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist, den Haushaltsfehlbetrag so gering wie möglich zu halten. Da die Stadt in ihrem ersten Haushaltsplan gemäß politischem Beschluss auf eine Aufkommensneutralität verzichtet hatte, fehlten auf dieser Berechnungsgrundlage im Vergleich zu 2024 ca. fünf Mio. Euro an Einnahmen.
Durch die Änderung der Bewertungsregeln für überwiegend nicht zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke („Geschäftsgrundstücke“) im Rahmen der Grundsteuerreform verlieren diese nach neuem Recht im Verhältnis zu Wohngrundstücken überproportional an Wert, sodass Geschäftsgrundstücke in Rheinland-Pfalz künftig weniger als bislang zum Grundsteuer-Gesamtaufkommen beitragen und dies bei aufkommensneutraler Besteuerung (ohne landesgesetzliche Änderungen) von den Wohngrundstücken kompensiert werden muss. Inzwischen hat der Gesetzgeber auf dieses Ungleichgewicht reagiert und sieht seit Februar dieses Jahres die Möglichkeit differenzierter Hebesätze vor (Grundsteuerhebesatzgesetz Rheinland-Pfalz/GrStHsGRP vom 19. Februar 2025). Das Gesetz gestattet rheinland-pfälzische Kommunen, differenzierte Grundsteuerhebesätze im Bereich der Grundsteuer B festzulegen, unterteilt in die drei Grundstückskategorien „unbebaute Grundstücke“, „Wohngrundstücke“ sowie „Nichtwohngrundstücke“.
Vor diesem Hintergrund soll sich der Haupt- und Finanzausschuss am kommenden Mittwoch mit vier möglichen Varianten befassen, die eine Aufkommensneutralität herstellen und jeweils ab dem Haushaltsjahr 2026 gelten könnten. Variante eins sieht einen aufkommensneutralen einheitlichen Hebesatz vor. Bei dieser Option wird der Hebesatz der Grundsteuer B für alle Grundstücksarten gleichermaßen von 633 auf 800 Prozent erhöht, um eine Aufkommensneutralität herzustellen. Die Einnahmen der Stadt würden sich bei dieser Berechnung ab 2026 um rund 4,6 Mio Euro erhöhen.
Aufkommensneutrale, differenzierte Hebesätze umfasst Variante zwei: Hier wird unterschieden zwischen Nichtwohngrundstücken (Anhebung auf 1248 Prozent), Wohngrundstücken (Anhebung auf 684 Prozent) und unbebauten Grundstücken (Anhebung auf 684 Prozent). In Summe würden aus dieser Variante 4,9 Mio Euro an Mehreinnahmen resultieren.
Zur Förderung von Wohngrundstücken schlägt die Stadt Variante drei vor, bei der lediglich die Nichtwohngrundstücke angepasst werden würden, hier ebenfalls auf 1248 Prozent. Wohngrundstücke und unbebaute Grundstücke würden den bisherigen Hebesatz von 633 Prozent behalten. Die Mehreinnahmen fielen damit entsprechend niedriger aus: rund 3,8 Mio Euro mehr könnte der städtische Haushalt bei dieser Variante verzeichnen.
Auch die vierte Variante soll Wohngrundstücke von den Anpassungen ausnehmen. Hier würden die Hebesätze für Nichtwohngrundstücke sowie für unbebaute Grundstücke auf jeweils 1248 Prozent steigen, was ein Plus von knapp 4,4 Mio Euro bedeuten würde. Möglich wäre zudem eine Art Stufenmodell mit einer Anpassung der Hebesätze für die genannten Grundstücke ab 1. Januar 2026 und einer Anhebung für Wohngrundstücke ab dem 1. Januar 2027 auf 684 Prozent. Damit wäre dann auch bei den Wohngrundstücken eine Aufkommensneutralität gegeben.
„Wir müssen leider davon ausgehen, dass die ADD uns den diesjährigen Haushalt nicht freigeben wird, sollte der Stadtrat zu keiner Einigung kommen, wie wir eine Aufkommensneutralität erreichen können. Auch wenn die Verwaltung selbst einer weiteren Anpassung der Hebesätze kritisch gegenübersteht, wird eine möglicherweise ganzjährige Haushaltssperre Auswirkungen auf alle Bürger unserer Stadt haben“, macht Oberbürgermeister Adolf Kessel deutlich.
Dabei ist die Stadt Worms bei Weitem nicht die einzige Kommune in Rheinland-Pfalz, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen muss. Zehn andere Städte und Landkreise, darunter das benachbarte Frankenthal und die Landeshauptstadt Mainz, sind ebenfalls von den globalen Beanstandungen der ADD betroffen und suchen derzeit nach Lösungen. Der Koblenzer Stadtrat hat eine Erhöhung der Grundsteuer bereits beschlossen, Mainz dürfte nachziehen, obwohl sich auch dort die Koalition zunächst dagegen ausgesprochen hatte.
In Kaiserslautern und Frankenthal hat man sich auf eine Differenzierung der Hebesätze geeinigt, andere Kommunen greifen offenbar nach den letzten Strohhalmen, indem sie etwa Diensthandys und Dienstkleidung abschaffen, um ein paar Euro einzusparen. Ob und wie Bund und Länder das grundsätzliche Problem der strukturellen und chronischen Unterfinanzierung der Kommunen angehen wollen, bleibt bisher offen. Mehrere Kommunen beschreiten inzwischen den Rechtsweg.
Lesen Sie auch: https://wo-magazin.de/kein-genehmigter-haushalt-fuer-worms/