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Jahresrückblick 2025 Nibelungen-Festspiele:…und ewig sterben die Nibelungen

Erfolgreiche Bilanz für „See aus Asche – Das Lied der Nibelungen“

Siegfried und das Blatt

Es war eine selten einmütige Allianz aus weitestgehend zufriedenen Zu-schauern, sehr zufriedenen Veranstaltern und positiv gewillten Kritikern, die sich Autor Roland Schimmelpfennig, Regisseurin Mina Salehpour und das Ensemble mit „See aus Asche“ erspielten.

„100 Prozent Auslastung bereits eine Woche vor der Premiere und durchweg positive Kritiken von Feuille-ton und Besuchern: Die Inszenierung „SEE AUS ASCHE – Das Lied der Nibelungen“ (…) ist ein voller Erfolg“, bilanzierten die Nibelungen-Festspiele zum Abschluss der Saison. Am Ende gab es dann noch den Mario-Adorf-Preis für Lisa-Natalie Arnold, die die Rolle des Blattes spielte. Also genau jenes Lindenblatt, das Siegfried nach dem Drachenblutbad die Unverwundbarkeit verwehrte und dabei für Schimmelpfennigs verspielte Erzählweise stand. Angetreten war Schimmelpfennig mit dem Anspruch, die komplette Nibelungensage zu erzählen. Sich dessen bewusst, dass das in den heutigen Zeiten jegliche Dimension des Festspielbudgets sprengen würde, wählte Schimmelpfennig den Weg, die Geschichte einfach zu erzählen, statt als klassisches Theaterstück zu verfassen.

Salehpour startete dann auch gar nicht erst den Versuch, Sommerspektakel auf die Bühne zu bringen, sondern entschied sich für eine minimalistische Inszenierung, die das Ausmalen der visuellen Leerstellen den Köpfen des Publikums überließ. Eine Welt aus Kiesbergen, 160 Plastikstühlen und der kleine Bruder des metaphorischen „Sees aus Asche“ mussten dem Ensemble langen, das Publikum für knapp zweieinhalb Stunden in die Welt der Nibelungen zu entführen. Erzählend bedeutete wiederum, dass jeder Darsteller mehrere Rollen übernahm und – statt Dialoge beschreibend – Szenen vorgetragen wurden. Erstaunlicherweise kam dieser eigenwillige inszenatorische Kniff gut an. Vielleicht war es aber auch der Umstand, dass im Gegensatz zu den vergangenen Jahren tatsächlich die Geschichte und nicht etwaige politische Lehren im Fokus des Abends standen. So stellte Schimmelpfennig in Gesprächen immer wieder klar, dass er einfach Lust hatte, die Sage seiner Kindheit in Gänze zu erzählen.

Ganz ging es dann doch nicht ohne zeitgenössische Interpretationen. So reflektierte das Stück Gewalt gegenüber Frauen, ebenso wie den Umgang des Menschen mit der Natur, wobei wir wieder bei dem Lindenblatt wären. Am Ende war ohnehin jeglicher interpretatorische Ballast Nebensache, als uns die Nibelungen erneut deprimierend lehrten, dass sich die Spirale der Gewalt nicht durchbrechen lässt. Und so starben einmal mehr am Ende die Protagonisten, um im Sommer dieses Jahres erneut vom „Lied der Nibelungen“ zu erzählen. Dieses Mal aus Sicht der „Hunnenkönigin“.

Text: Dennis Dirigo Foto: Andreas Stumpf