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NA BEEF!? EIN LETZTES MAL (VORERST)

Alles hat irgendwann ein Ende. Geht vorbei und kommt vielleicht nie wieder. Selbst die „Doors“ besangen schon in Francis Ford Coppolas „Apokalypse Now“ das Ende. „Aus, aus, aus, das Spiel ist aus.“ Ozzy Osbourne hat es vorgemacht, noch einmal einen raushauen, sich verabschieden und dann im Stillen gehen. Goodbye. Es ist vorbei. Aber was eigentlich?

Liebe Leser,

auch wenn der Nachbar zu meiner Rechten es gerne so hätte, damit er in Zukunft eine ganze Doppelseite WO! Magazin für sich beanspruchen möchte. Noch ist es nicht vorbei, zumindest nicht mit mir und meiner Ko- lumne. Es sei denn, ich werde – wie die „Lindenstraße“ des einst – wegen mangelnder Einschaltquoten irgend- wann eingestampft. Ich bleibe meiner Kolumne noch etwas treu, zumindest wenn der Chef mich lässt..

Andere Dinge gehen diesen Sommer aber wie im Flug vorbei. Beispielsweise der Sommer selbst, der will dieses Jahr erst nur so halb und hebt hoffentlich das gute Wetter für den August auf, damit Jazz & Joy und natürlich das Backfischfest nicht im Regen stehen. Apropos Jazz & Joy, ich freue mich ja riesig auf Kool and the gang und Level 42. Böse Zungen behaupten, dass da die großen Zeiten schon lange vorbei sind. Aber hey, mit ein paar Schorlen, die man sich in den Bauch gefreut hat, dazustehen und mit vollem Elan „Get down on it“ oder „She‘s fresh“ mit zu grölen, hat doch schon einiges für sich, auch wenn von der Band eigentlich nur noch Kool lebt. Aber so ist es ja irgendwie immer. Bei „The Sweet“ lebt nur noch Andy Scott, bei „The Four Tops“ gar keiner mehr und bei Abba kommen direkt die Avatare. Ist ja auch kein Wunder, denn langsam aber sicher stirbt die Nachkriegspopkultur aus. Als Letzten hat es jetzt den Wrestler Hulk Hogan getroffen, dessen Bart den Stil einer ganzen harten Männergeneration mitgeprägt hat. Da ich von Wrestling so gar keinen Schimmer habe, ist mir Hulk Hogan eher durch „Thun- der in Paradise“ in Erinnerung geblieben. Eine 22-teilige Actionserie der Baywatch Produzenten, die auf einer empirischen Wertungsskala einfach ein „Nein“ erreichen würde. Dafür wird in jeder Folge die halbe Kulisse in Schutt und Asche gelegt. Asche ist das richtige Stichwort für einen anderen Part des Wormser Sommers. Vor dem Dom hatten die dies- jährigen Nibelungen-Festspiele als Bühnenbild mehrere hundert Tonnen Kies aufgeschüttet, in der Mitte gab es noch einen Tümpel, der sogar Feuer konnte und natürlich jede Menge weiße Gartenstühle.

Wie gehen Sie mit den Nibelungen-Festspielen um? Waren sie schon mal drin oder sind sie aus der Frakti- on: „Alles unnötig, koscht nur Geld“ oder aber auch „Des Stück versteh ich net, aber de Park is schääh!“? Mir hat das Stück dieses Jahr insgesamt gefallen (Ich höre schon die Stimmen, die sagen: Das muss er sagen, als neuer Kulturfuzzi. Glauben Sie mir, ich würde es auch schreiben, wenn ich es als totales Desaster empfun- den hätte). Für mich war das entscheidende Element der Text von Roland Schimmelpfennig, der mich schier begeistert hat. Die Idee, Handlungen und Figu- ren über Texte, die in der dritten Person vorgetragen wurden, darzustellen, brachte wirklich einen neuen Aspekt mit ein. Es dauerte zwar eine Zeit, bis ich die Idee und die Form begriff, dafür war ich dann umso mehr von ihr gefesselt. Auch die Zitate von Hebbel, die er einbaute und einzelne Handlungen, die wirklich im Nibelungenlied schwer nachzuvollziehen sind, hat er mit seinem Text ad absurdum geführt. In diesem Jahr war auch das Ensemble sehr hochkarätig besetzt und machte einen wunderbaren Job. Sehr begeistert war ich von Wolfram Kochs Leistung. Für mich ein Manko der Inszenierung war die Länge. Das Stück wollte am Ende etwas zu viel und unbedingt noch nach Siegfrieds Tod die komplette Etzel Geschichte erzählen, allerdings in gefühlten 25 Minuten, was dem Handlungsbogen nicht gerecht wird. Außerdem wollte das Stück nicht so recht ein richtiges Ende finden, aber sei es drum. Es war ein ordentliches Nibelungenjahr, das mit einer Maximalauslastung von 100% zu Ende gegangen ist. Bravo!

Und eine Frage habe ich natürlich an Pyrospezialist Uwe: Wie habt ihr das zum Teufel mit dem selbst entzündeten Feuer auf dem Wasser gemacht?! Wobei Feuer und anschließend Wasser kein gutes Omen für Theaterräume sind. Man braucht hier nur beim Lincoln Theater nachzufragen, deren Theater ist vor fast zwei Jahren abgesoffen, weil es oben drüber im Handyladen gebrannt hat. Manche Dinge brauchen eben Zeit, kommen dafür aber gut. Erst erschien das durch den Brand sehr lädierte Dom-Hotel wieder in neuem renoviertem Hochglanz, jetzt kam Hagen als wunderbares Graffiti zurück, und schlussendlich macht jetzt bald ein renoviertes Lincoln Theater wieder auf. Eine gute Nachricht für das Comedyprogramm, welches im Lincoln immer seinen angestammten Platz hatte, aber vor allem für die Jugendtheatergruppen, wie die Nibelungenhorde oder das Theater Curiosum. Endlich ist die Spielwiese wieder da! Theater ist schon was Schönes. Vor allem haben die Menschen, die man am Theater trifft, alle einen leichten Schlag weg und das macht es am Ende des Tages zu etwas Besonderem. Für mich ist Zeit für den Abschied gekommen und erstmal dem Theater kurz Lebewohl zu sagen. Nach elf Spielzeiten Bad Hersfeld verstreuen sich Ensemble und Gewerke im August in alle Himmelsrichtungen und ich weiß jetzt schon, dass es verdammt weh tun wird. Und es werden in diesem Fall gar nicht mal so sehr die Rol- len sein, die ich vermisse, oder das ekstatische Gefühl auf dieser überdimensional großen Bühne zu stehen und am Ende (wenn man es nicht ganz so schlecht ge- macht hat) ein wenig Applaus zu ernten.

Das wars. Aus und vorbei. Der (bei uns zwar nicht vorhandene) Vorhang fällt. Danke für alles!

Bis nächsten Monat! Jim Walker Jr.