WO! – DAS Wormser Stadtmagazin feiert jetzt schon seit drei Ausgaben sein 20-jähriges Jubiläum. Ich höre Sie deshalb schon wieder zu Tausenden fragen: „Sagen Sie mal, Herr Bims, was haben Sie denn zu diesem gran- diosen Jubiläum beizutragen?“
Was für ein Zufall! Genau die gleiche Frage hat mir kürzlich unser Verlagschef gestellt, als er bei einer Redaktionssitzung über „20 Jahre WO!“ fabulierte und mir die Frage stellte, was ich denn zu diesem Jubiläum beizutragen hätte? Allerdings versehen mit dem Zusatz „Aber bitte nichts, was Anwaltskosten verschlingt und unnötig die Gerichte beschäftigt“. Schließlich bin ich hier schon seit 2013 als städtischer Satiriker angestellt, aber die Kosubek-Geschichte aus dem Jahr 2015 will mein Chef einfach nicht aus seinen Hirnwindungen verbannen. Schließlich hat ihn meine satiri- sche Schimpftirade gegenüber dem damaligen Dezernenten der Stadt seinen wohlverdienten Bahamas-Urlaub (mit den süßen schwimmenden Schweinchen) gekostet. Mehr noch: Da Ko- subek das Schmerzensgeld an die TSG Pfeddersheim gespendet hat, war dies ein doppelter Stich in das Wormatia-Herz unseres Chefs. Ei- gentlich war ich mir damals sicher, dass ich di- rekt gefeuert werde, stattdessen klingen mir heute noch die Worte im Ohr: „Bims, wage es nicht, dich aus dem Staub zu machen. Du bleibst hier so lange Satiriker, bis du deinen Kosubek-Deckel abbezahlt hast!“ Zwar wollte man mir ein paar Jahre später intern Druck machen, indem man für eine weitere Kolumne diesen Heiopei zu meiner Linken eingestellt hat. Aber da der Herr Politiker und Künstler Jim Walker jr. in 99 von 100 Fällen seine Kolumne erst auf den letzten Drücker abgegeben hat, sitze ich fester im Sattel denn je. Wenn es nach mir ginge, hätte man den Möchtegern Hemingway schon längst gegen eine astronomische Ablösesumme an die Wormser Zeitung vertickt. Zudem ist zehn Jahre später mein interner Deckel längst abbezahlt und mit der inbrünstig gelebten Attitüde, konsequent alle Gesellschaftsschichten und Parteien zu beleidigen und dabei vor keiner Randgruppe Halt zu machen (sofern dies satirisch verlangt wird…), habe ich mich in die Herzen der Wormser ge- schrieben.
THE TIMES THEY ARE CHANGING
Heute bin ich der bestbezahlte Satiriker der Stadt, besitze einen verlagseigenen Dienstwagen und habe einen Logenplatz bei den Nibelun- gen-Festspielen. Damit war in jungen Jahren nicht zu rechnen und ich habe lange Zeit geglaubt, dass meine bestandene Prüfung zum staatlich geprüften Schiffschaukelbremser der größte Triumph meines Lebens bleiben würde. Als Wormser war man in den glorreichen Achtzi- gern als geübter Schiffschaukelbremser der Held der Frauen auf jedem Backfischfest. Erst nach- dem ich alle Rummelplätze des Landes abgeklappert hatte, zog es mich hinaus in die weite Welt. Im Hongkong Disneyland habe ich junge chinesische Schiffschaukelbremser ausgebildet, ein paar Jahre später war ich als Berater beim Bau der ersten ägyptischen Schiffschaukel für den Freizeitpark Cheeky Monkeys Playground and Amusement Center in El Gouna tätig. Ohne meine jahrelange Arbeit an der Basis gäbe es an der Universität Ouagadougou in Burkina Faso heutzutage nicht den Studiengang „Schiffschaukelbremsen“. In den wilden Neunzigern habe ich Surfkurse gegeben im marokkanischen Taghazout, nördlich von Agadir und Sidi Ifni und bin im Dolphin Discovery Centre in Bunbury (Westaustralien) Abend für Abend mit wilden Delfinen aufgetreten. Ab 2005 hat mir meine Mutter jeden Monat eine aktuelle Ausgabe von diesem neuen, wunderbaren Wormser Stadtmagazin zugeschickt, um mich über meine geliebte Heimatstadt auf dem Laufenden zu halten. Egal, in welchem Winkel dieser Erde ich mich gerade befunden habe, war es mir auch einen tagelangen Marsch durch den brasiliani- schen Amazonas Regenwald von Maranhão und Mato Grosso wert, vorbei an lauernden Raubkatzen und hochgiftigen Schlangen, um an der nächstgelegenen Poststation die neueste WO! Ausgabe in Empfang zu nehmen. Wohlgemerkt: Barfuß! Ich habe tagtäglich auf kolumbianischen Kokafeldern in Putumayo geackert, damit den deutschen Yuppies nicht ihr weißes Zauberpulver ausgeht. Bei einem Ausflug nach Bogotá zwitscherte mir 2013 ein Vögelchen in engen kolumbianischen Gassen, dass in dem sagenum- wobenen Worms ein neuer Satiriker gesucht wird. Sofort schickte ich meinen umfassenden Lebenslauf an den Herrn Fischer vom WO! und verschwieg dabei kein einziges Detail aus meinem bewegten Leben. Auch nicht, dass ich vier Jahre im Gefängnis war. Aber der Knast gehört nun mal zu meiner Vergangenheit. Im Hochsicherheitsgefängnis in El Salvador habe ich als Hausmeister gearbeitet und täglich anfallende Arbeiten vorgenommen, wie Gitterstäbe einfetten, Schlösser austauschen oder Kloschüsseln wechseln und bin dabei mit der Unterwelt in Kontakt geraten. Wie ich finde wertvolle Kontakte, die sich unser Verlag heute noch zunutze macht, wenn ein Kunde seine Anzeigenrechnung nicht bezahlt. Oder wenn ein eingeschnappter Politiker mit rechtlichen Schritten droht, dann hol ich ganz schnell mein altes Notizbuch raus und lass der beleidigten Leber- wurst einen Besuch abstatten. Dann ist aber Ruhe im Karton. Der Rest der großen Erfolgsge- schichte ist bekannt: Beindruckt von meiner Vita und meinen Kontakten in alle Welt gab mir der Verlagschef eine Festanstellung als Satiriker beim Wormser Stadtmagazin. Seit ein paar Jah- ren nenn ich mich sogar „Dr. Bert Bims“, was eine Reaktion darauf war, dass der Wormser Kulturkoordinator plötzlich und unerwartet, quasi von heute auf morgen, Dr. David Maier ge- nannt werden wollte. Das konnte ich als Doktor der Satire nicht auf mir sitzen lassen.
PS: Noch ein Satz zu den Brunnen in Worms, de- nen unser OB Kessel einfach das Wasser abgestellt hat. Das hätte es unter seinem Vorgänger nicht gegeben. Der hätte zur Not die Champagner-Reste von der Premierenfeier der Nibelungen-Festspiele in die städtischen Brunnen gießen lassen!!
Dr. Bert Bims