Kürzlich hat mir jemand von der Stadt unter der Hand erzählt, dass man demnächst über 2.000 neue „Unnerum-Gasse“-Schilder in Worms aufstellen muss, weil der Begriff „Sackgasse“ nicht geschlechtsneutral genug wäre. Damit muss ich als alter Bock erstmal klarkommen, schließlich bin ich sowas wie der Thomas Gottschalk unter den Wormser Satirikern. Ich höre Sie deshalb schon wieder zu Tausenden fragen: „Sagen Sie mal, Herr Bims, was sagen Sie denn zu den jüngsten Aussagen von Thomas Gottschalk?“
Für meine jüngeren Leser: Das ist der blonde Grabsche-Onkel von früher, der bei „Wetten dass“ Frauen rein dienstlich angefasst hat. Bevor aber hier das Erbe des großen Tommy beschädigt wird, sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass Gottschalk durch sein bewegendes Schauspiel in deutschen Filmklassikern wie „Piratensender Powerplay“ oder „Zwei Nasen tanken super“ ein Millionenpublikum begeistert hat und seinerzeit nur ganz knapp an einer Oscar-Nominierung vorbeigeschrammt ist. In seinem kürzlich erschienenen Buch „Ungefiltert“ beklagt Gottschalk, dass er mit den Macken der jungen Leute nicht zurechtkomme und dass man in der heutigen Empörungsgesellschaft gar nichts mehr sagen dürfe. Was sich zunächst anhört wie ein typisches Lamento eines AfD-Wählers, könnte aber auch nur das demente Geplapper von einem schlecht gealterten Opa sein.
Bei manchen Aussagen ist man ähnlich peinlich berührt, wie wenn der Ur-Großvater in der Rede zu seinem 93. Geburtstag ausdrücklich betont, „dass früher beim Führer nicht alles schlecht war“. Lustig fand ich die Erzählung von Opa Gottschalks „Erweckungserlebnis“, das man heutzutage als ignorant, rassistisch oder kulturelle Aneignung bezeichnen würde. Er habe sich mal als Jimi Hendrix verkleidet, inklusive Blackfacing, und sei in dieser Verkleidung zu einer Party gegangen, auf der nur weiße Banker waren. Da habe er zum ersten Mal gewusst, „wie sich ein Schwarzer fühlt“. Mein Vorschlag zur Güte: Als ausgleichende Gerechtigkeit könnte sich doch z.B. Roberto Blanco bleichen und eine blonde Lockenmähne aufziehen, damit er mal nachvollziehen kann, wie sich ein Thomas Gottschalk nach dem Shitstorm fühlt.
Doppelmoral einer woken Gesellschaft
Gottschalk kann aber auch mit dem woken Quatsch nichts anfangen und spätestens da bin ich schon wieder bei ihm. Vom Gefühl her würde ich sagen, dass diejenigen, die den woken Gedanken nach vorne treiben, nicht irgendwen schützen, sondern aus ihrer eigenen kleinen Blase heraus andere Leute erziehen wollen. Leider treffen sie aber hierbei auf einen Bert Bims, der es nicht leiden kann, wenn sich alle auf eine Person einschießen und der schon seit Kindesbeinen ein massives Problem mit Regeln, Vorschriften und Erziehungsmaßnahmen hat, weil ihn das zu sehr an die 1930er-Jahre erinnert. Aber mit dieser Einstellung landet man heutzutage ruckzuck in der Schublade der „alten, weißen Männer“. Dabei haben doch über Jahrhunderte hinweg immer wieder die Jungen von den Alten gelernt. Umgekehrt genauso, schließlich ist die Gen Z heutzutage viel aufgeklärter, weil ja zur Not „Google“ auf alles eine Antwort weiß. Wenn man allerdings ohne gesunden Menschenverstand aufwächst und einem von der Helikopter-Mama alles abgenommen wurde, bleibt man halt ein Leben lang unselbständig und muss sich bei „Youtube“ Tutorials anschauen, wie man Eier hart kocht.
Unser Chef wollte mal einen Praktikanten zum 50 Meter entfernten Bäcker schicken, was dieser ablehnte, weil er in 16 Jahren, laut eigener Aussage, „noch nie alleine einkaufen war“. Wenn also junge Leute argumentieren, dass ein Thomas Gottschalk, der seine Hand auf das Knie seiner Gästin gelegt hat, vollkommen aus der Zeit gefallen sei und heutzutage nicht mehr tragbar wäre, dann frage ich mich, wie das damit zu vereinbaren ist, dass man gleichzeitig massenweise Trash-TV konsumiert, in dem jeder mit jedem vor laufender Kamera vögelt und sich selbst ernannte Feministinnen mit Plastiktitten und Schlauchlippen dadurch „auszeichnen“, dass sie besonders offenherzig und freizügig gegenüber der Männerwelt sind. Mit Verlaub, aber das passt wie die Faust aufs Auge zu der öffentlich zur Schau getragenen Doppelmoral einer strunz-
dummen woken Minderheit.
Danke für alles!!
Und was wären wir nur ohne Instagram und TikTok? Dann könnten wir ja gar nicht tagtäglich das grenzdebile Verhalten von Influencern live mitverfolgen. Auch die Unterhaltung im TV ist heute qualitativ viel besser, aufgrund der intellektuell extrem hoch angesiedelten Gespräche in Bumsformaten, die wahlweise auf Inseln, in Luxushäusern oder in Camps gedreht werden. Und was die jungen Leute heutzutage unter Respekt verstehen, kann man in Formaten wie „Dschungelcamp“, „Sommerhaus der Stars“ oder „Prominent getrennt“ live und in Farbe erleben. Zwar werden in den Primitivsendungen der heutigen Fernsehunterhaltung jeglicher Anstand und Moral vermisst, aber dann gleichzeitig mit dem Finger auf TV-Ikonen aus der Vergangenheit zeigen, passt irgendwie nicht zusammen.
Außerdem werdet ihr niemals schaffen, was Gottschalk erreicht hat, nämlich samstagsabends – wohlgemerkt zur gleichen Zeit – mal eben 20 Millionen Follower für sich zu begeistern. Von daher möchte ich an dieser Stelle eine Lanze brechen für alle „alten, weißen Männer“, schließlich gehöre auch ich bald zu dieser Gruppe (meine Redaktionskollegen rufen gerade: „Des bischde doch schun längschd!“). Ich lege aber großen Wert darauf, dass mein „weiß“ mit „s“ geschrieben wird. Außerdem scheint es mir alles andere als woke zu sein, jemanden aufgrund seiner Hautfarbe, seines Geschlechtes und seines Alters (sowie seiner Frisur natürlich!) zu stereotypisieren und in eine Schublade zu stecken. Es wird Zeit, dass auch die Minderheit der „alten, weißen Männer“ vor Diskriminierungen geschützt wird. #JeSuisGottschalk
Herzlichst,
Ihr Dr. Bert Bims