Wormatia Worms kann Thema Aufstieg frühzeitig abhaken
Stell dir vor, es ist gerade mal Mitte Oktober und für den selbst ernannten Aufstiegskandidaten Wormatia Worms ist die Saison de facto bereits vorbei. Im Pokal früh ausgeschieden, steht das verunsicherte Team des VfR in der Liga nur noch im grauen Mittelfeld und kann jegliche Aufstiegshoffnungen frühzeitig begraben. Da passt es ins Bild, dass der Verein nach dem Rücktritt von Peter Tretter seit vier Spielen auf der Suche nach einem neuen Trainer ist, der ohnehin nur noch Schadensbegrenzung betreiben kann.
Dass der Fußball ein schnelllebiges Geschäft ist, zeigte sich selten so deutlich wie in den letzten vier Wochen rund um die Alzeyer Straße, wo der Oberligist Wormatia Worms beheimatet ist. Auch wenn die Leistungen des VfR bis dahin durchwachsen waren, so titelten wir noch in unserer WO! Oktober-Ausgabe „Punktemäßig im Soll“, verbunden mit der Hoffnung, dass die Mannschaft ihr wahres Potential noch zeigen wird. Denn bis auf den einen oder anderen vermeidbaren Punktverlust gegen „schlagbare“ Teams hatte die Punkteausbeute bis dahin gestimmt und die Wormatia war noch inmitten einer Spitzengruppe aus 6-7 Teams. Doch dann folgten zwei bittere Niederlagen, die den VfR mitten ins Herz trafen und letztendlich zum Rücktritt von Wormatia-Coach Peter Tretter und seinem Co-Trainer Benny Früh führten. Aber der Reihe nach.
Nach 17 erzielten Punkten aus acht Spielen ging es Ende September zum Spitzenduell zum SV GONSENHEIM, das mit 2:3 verloren ging. Was vom Ergebnis her wie eine enge Kiste wirkt, war aber lange Zeit eine ziemlich klare Angelegenheit. Tatsächlich trieb die Art und Weise, wie der VfR dieses wichtige Spiel frühzeitig abschenkte, nicht nur den mitgereisten Anhängern die Zornesröte ins Gesicht. Gegen viel zu passiv verteidigende Wormser konnten die Gonsenheimer in der Anfangsphase nahezu ungehindert agieren und lagen nach 18 Minuten bereits mit 2:0 in Front. Erst nach einer halben Stunde konnten sich die Wormser aus der Umklammerung befreien und eigene Angriffe vortragen. Jegliche Hoffnungen auf einen Anschlusstreffer wurden aber schon zwei Minuten nach der Pause mit dem dritten Treffer für Gonsenheim vernichtet. Erst als die Kräfte der Gastgeber, die unter der Woche eine deprimierende 2:6-Pokalniederlage bei Aufsteiger Idar-Oberstein einstecken mussten, zunehmend schwanden, kam Wormatia Worms besser ins Spiel und konnte durch Dahlke (60.) und Shaqiri (77.) noch einmal verkürzen. Trotz Chancen in der Schlussphase auf den Ausgleich stand am Ende eine vermeidbare 2:3-Niederlage beim Mitkonkurrenten Gonsenheim, weil man – wie schon beim letzten Duell im April – die Anfangsphase komplett verpennt hatte.
Unter der Woche stand das nächste Auswärtsspiel an, diesmal bei dem stark gestarteten Aufsteiger FV EPPELBORN. Normalerweise sollte das Spiel in Worms stattfinden, jedoch wurde das Heimrecht kurzfristig getauscht, da die Stadt Worms verfügt hat, dass bis Mai 2025 wegen fehlender Notbeleuchtung keine Flutlichtspiele in der EWR Arena mehr ausgetragen werden dürfen. Wer jedoch mit einer positiven Reaktion der von Co-Trainer Benny Früh betreuten Mannschaft gerechnet hatte, wurde abermals enttäuscht. Auf dem Kunstrasenplatz in der tiefsten saarländischen Provinz fand der VfR zu keiner Phase ins Spiel und ließ sich von den clever konternden Gastgebern ein ums andere Mal geradezu amateurhaft abkochen. Wieder einmal sah die Defensive bei den Gegentoren nicht gut aus, so dass der VfR zur Halbzeit, wie schon in Gonsenheim, mit 0:2 in Rückstand lag. Als dann vier Minuten nach der Pause der gerade erst eingewechselte Innenverteidiger Benjamin Franz nach einer Notbremse die rote Karte sah, war die Partie gelaufen. Gegen dezimierte Wormser erzielte der Aufsteiger sogar noch den dritten Treffer, ehe der eingewechselte Catovic (79.), der neun Minuten später noch gelb-rot sah, für den 1:3-Endstand sorgte.
Die Ereignisse überschlagen sich
Der in Eppelborn anwesende „Haupttrainer“ der Wormatia, Peter Tretter, war über den desolaten Auftritt ebenso entsetzt wie der mitgereiste Anhang. Da Tretter nach seiner schweren Erkrankung noch eine zeit lang bis zur vollständigen Genesung benötigen wird und derzeit keinen direkten Einfluss auf das Team nehmen kann, bot Tretter dem Verein seinen Rücktritt an, damit man mit einem anderen Trainer womöglich neue Impulse setzen kann. Sein Co-Trainer Früh tat es ihm gleich, so dass der VfR nun vor der Aufgabe stand, einen Trainer zu finden, der das Ruder womöglich noch rumreißen kann. Im dritten Auswärtsspiel in Folge ging es anschließend zu Aufsteiger SC IDAR-OBERSTEIN. Gewarnt von deren Pokalcoup gegen Gonsenheim, musste ein Interimstrainerteam, bestehend aus U19-Coach John Antuna, Torwarttrainer Christian Adam und Christoph Schunck (Co-Trainer Analyse), die angeschlagene Mannschaft des VfR wieder aufrichten. Mit einem sichtlichen verunsicherten Team setzte es mit 0:1 die dritte Niederlage innerhalb einer Woche, was von der Anhängerschaft in Anbetracht schwindender Aufstiegschancen nur noch mit einem hilflosen Schulterzucken kommentiert wurde.
Die Wende?
Da der Abstand zu den Aufstiegsplätzen mittlerweile deutlich größer war als der Abstand zu den Abstiegsplätzen, sollte das folgende Heimspiel gegen ARMINIA LUDWIGSHAFEN auch die Richtung vorgeben, wohin man sich zukünftig orientieren kann. Vor allem aber ging es darum, dass die Mannschaft sich wieder etwas Selbstvertrauen holt. Von daher war der 4:2-Heimsieg gegen die Anilinstädter zwar noch nicht der ganz große Befreiungsschlag, aber immerhin mal wieder ein hart erkämpfter Dreier. Gleichwohl wurden auch die Schwächen der letzten Wochen wieder sichtbar. Nach der frühen Führung durch Mert Özkaya (11.) konnte die Gäste aus Ludwigshafen nach 36 Minuten ausgleichen und sorgten im Anschluss für einen merklichen Bruch im Spiel der Wormatia. Nach der Pause erzielte Shaqiri die erneute Führung (56.), der die Gäste kurz danach schon wieder den Ausgleich folgen ließen (69.), der erneut eine minutenlange Konfusion im Spiel des VfR verursachte. Erst mit der Einwechslung von Manganiello (74.), der zum Matchwinner avancierte, drehte sich das Spiel wieder. Zunächst gab Manganiello die Vorlage zur erneuten Führung durch Dahlke (82.), um in der vierten Minute der Nachspielzeit mit dem 4:2 höchstpersönlich für die endgültige Entscheidung zu sorgen. Das war ein wichtiger Sieg für die Moral einer Mannschaft, die sich auch durch zwei Rückschläge an diesem Tag nicht von der Siegerstraße abbringen ließ.
Dagegen war der folgende Auswärtsauftritt bei der SV AUERSMACHER wieder ein Rückfall in „alte Zeiten“. Speziell die erste Halbzeit erinnerte an die erfolglose Partie in Eppelborn zwei Wochen zuvor, als man von mutig aufspielenden Gastgebern überrumpelt wurde. Da die Wormatia aber diesmal zur Pause nur mit einem Tor in Rückstand lag, glückte Mert Özkaya schon in der 47. Minute mit einem sehenswerten Freistoß der Ausgleich, dem Jan Dahlke für einen nun dominanteren VfR sogar die Führung folgen ließ (67.). Aus dem anvisierten Dreier wurde aber nichts, da kurz danach erneut Innenverteidiger Benjamin Franz seine eigene Mannschaft in der Schlussphase mit einem Platzverweis (69. gelb-rot w/ Ballwegschießens) entscheidend geschwächt hat. Acht Minuten später konnte der SV Auersmacher gegen dezimierte Wormser ausgleichen und es blieb beim letztendlich leistungsgerechten 2:2, obwohl beide Teams in den letzten Minuten noch die eine oder andere gute Gelegenheit zum Siegtreffer hatten.
Wer auch immer bis dahin noch geglaubt hatte, dass der VfR mit den Spitzenteams der Oberliga mithalten kann, wurde bei der 0:6-Auswärtspleite beim ungeschlagenen Tabellenführer FK PIRMASENS eines Besseren belehrt. Dabei hatten die zum vierten Mal von John Antuna betreuten Wormser lange Zeit forsch aufgespielt, um dann durch einen Konter der Gastgeber in Rückstand zu geraten (27.). Trotzdem war die Wormatia gut im Spiel und hatte gerade eine Tausendprozentige durch Willrich vergeben, als die Mannschaft erneut durch einen Platzverweis auf die Verliererstraße abbog (35. / Graf gelb-rot). Kurz danach fiel das 2:0, bis sich dann die verbliebenen zehn Wormser in der zweiten Halbzeit gegen einen clever agierenden FKP noch vier weitere Gegentore einfingen. Auch wenn das Ergebnis deutlich zu hoch ausgefallen ist, konnte man in dieser Partie schmerzlich sehen, wie groß der Abstand der Wormatia zur Spitze ist.
Die Qualitätsfrage
Ist die Mannschaft qualitativ besser als das, was man auf dem Spielfeld sieht? Oder wird der Kader überschätzt und besitzt gar nicht die Klasse, um oben mitmischen zu können? Im Moment geht die Tendenz dahin, dass die aktuelle Mannschaft sogar schwächer als das Vorjahresteam ist, das schließlich auch nur Fünfter wurde. Als nicht oberligatauglich hat sich bisher die Defensive mit durchschnittlich zwei Gegentoren pro Spiel präsentiert. Ständig zu weit weg vom Gegenspieler, immer wieder Leichtsinnsfehler und jede Menge Tore nach Eckbällen, weil die Zuordnung nicht stimmte, sprechen eine deutliche Sprache. In der Innenverteidigung konnten neben dem soliden Smiljanic weder Benjamin Franz, noch der – mangels Alternativen – vom Sechser zum Innenverteidiger umfunktionierte Laurenz Graf die von Abwehrchef Ludwig (zu RW Oberhausen) hinterlassene Lücke ausfüllen.
Auf der Sechs bringen weder Jensen noch Kaan Özkaya die Konstanz und körperliche Präsenz eines Jannik Marx (zu VfR Mannheim) auf den Platz. In der Offensive ist mit den Abgängen von Sentürk, Azahaf und vor allem Fesser das Tempo auf den Außen komplett flöten gegangen. Und auch wenn er mit sechs Treffern die interne Torschützenliste anführt, ist Jan Dahlke kein adäquater Ersatz für den letztjährigen Torschützenkönig Daniel Kasper. Was also nun tun mit der angefangenen Saison, die bereits Mitte Oktober gelaufen war? Bestenfalls die richtigen Schlüsse für die nächste Saison ziehen, diesmal frühzeitig ein Team aufbauen und den einen oder anderen Neuzugang zukünftig vor Vertragsunterzeichnung etwas besser unter die Lupe nehmen. Von den externen Neuzugängen hat bisher noch keiner voll eingeschlagen und das muss sich auch die sportliche Leitung ankreiden lassen.
Aufstieg kein Thema mehr
So schnell kann es manchmal im Fußball gehen. Innerhalb von vier Wochen wurde Wormatia Worms aufgrund fehlender Erfolgserlebnisse (nur vier Punkten aus den letzten sechs Spielen) vom Aufstiegskandidaten zu einer grauen Mittelfeldmaus, die zudem bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe immer noch auf Trainersuche war. Aktuell auf Platz sieben stehend, ist der Abstand zu Platz eins auf nunmehr 17 Punkte, auf den Zweiten und Dritten auf 14 Punkte angewachsen, da sich an der Spitze der FK PIRMASENS, der 1. FC KAISERSLAUTERN II. und TSV SCHOTT MAINZ kaum eine Blöße gaben. Bis zur Winterpause sind mit dem Viertplatzierten TuS KOBLENZ, dem 1. FC KAISERSLAUTERN II und TSV SCHOTT MAINZ noch drei Spitzenteams Gegner der Wormatia, weshalb der VfR in der aktuellen Verfassung die Abstiegszone nicht außer Acht lassen sollte, zumal der Abstand zum ersten Abstiegsplatz nur acht Punkte beträgt.