„WIR MÜSSEN ERKENNEN, DASS DIE FORM UNSERES NEUBAUS BEI MANCHEN VERANSTALTUNGEN EIN PROBLEM IST“
WO! im Gespräch mit Markus Reis (Geschäftsführer KVG), Frank Schumann (Projektmanager) und Eveline Wallach (Leiterin Tagungszentrum) – Teil 2
Der Name verriet es bereits. Im Gegen- satz zu dem in die Jahre gekommenen Mozartsaal sollte das neue Kultur- und Tagungszentrum nicht nur Tanzschulen und Vereinen eine neue Heimat bieten, sondern auch im großen Stil Tagungen nach Worms locken. Doch bekanntlich kam alles anders. Die Tanzschulen und Vereine wechselten nach Frankenthal und das Tagungszentrum konkurriert seitdem mit zahlreichen Anbietern, auch in Worms. Messen sind, bis auf die Weinmesse oder jüngst die Wollcraft Messe, eher die Ausnahme als die Regel.
Die größte Veranstaltung der vergangenen Jahre, die Winter Revue Worms, findet aufgrund gescheiterter Verhandlungen zwischenzeitlich im pfälzischen Landau statt. Ein Weg aus der Misere soll eine neue Preisstruktur weisen, wie Geschäftsführer Markus Reis in unserer letzten Ausgabe erläuterte. Ungewohnt ist auch der realistische Blick, mit dem die städtische Kultur- und Veranstaltungsgesellschaft neuerdings auf den Gebäudekomplex blickt. Für Eveline Wallach, Leitung Tagungszentrum, sind es aber nicht einfach die Preise: „Die Aussage mit den Kosten ist relativ. Unsere Preise liegen im Mittelbereich. Es gibt Häuser in Mannheim – Heidelberg mit Hotelanbindung, die deutlich teurer sind. Aber es gibt auch Anbieter, die günstiger sind.“ Natürlich ist sie sich dessen bewusst, dass auch das fehlende Hotel eine Rolle spielt, wo- durch die Reichweite des Tagungsgeschäfts von vorneherein eingeschränkt ist. „Da unklar ist, ob das Hotel kommt, sollten wir uns so aufstellen, dass wir ohne ein Hotel die Auslastung steigern können. Das heißt, mit Firmen aus Worms und nähere Umgebung“, so Wallach. Markus Reis ergänzt: „Natürlich muss man im direkten Vergleich mit Frankenthal sehen, dass diese räumlich ganz andere Möglichkeiten haben. So müssen wir schon erkennen, dass die Form unseres Neubaus bei manchen Veranstaltungen ein Problem ist. Große Kongresse, wie sie in Frankenthal stattfinden, sind schon aufgrund des Baus bei uns nicht machbar.“ Dennoch sieht er Chancen: „Unsere Nische ist wiederum, viele kleine Tagungsräume anbieten zu können und wer eine große Gala zudem möchte, kann den Mozartsaal dazu mieten.“ Ebenso gibt es den Weg, mit 15-jähriger Verspätung den Mozartsaal doch noch zum Wohnzimmer für alle zu machen. Dass dies nicht von heute auf morgen geht, ist den Verantwortlichen bewusst. Dennoch verweist Wallach auf erste Erfolge: „Hier haben wir im kommenden Jahr z.B. den Rheinhessischen Turnerbund e.V. zu Gast und wir haben einen Faschingsverein, der neu bei uns im Haus seine Sitzungen feiert.“ Bei dem Verein handelt es sich um den Wormser Liederkranz, der zuvor seine Sitzungen in der Aula der Hochschule der Aula abhielt. Während es allerdings in früheren Jahren sechs Termine waren, sind es 2026 lediglich zwei.
Neues Konzept, neue Zielgruppen
Auch wenn es kein Hotel in der unmittelbaren Nachbarschaft gibt, so sieht Managerin Wallach dennoch Chancen für das Tagungszentrum: „Ein wichtiges Argument ist, dass Worms eine super interessante Stadt ist und wir liegen wiederum sehr zentral und verfügen zudem über Parkmöglichkeiten. Das ist etwas, was andere Städte in dieser Größenordnung nicht bieten können. Ich sehe da Potential.“ Potential gibt es sicher- lich auch in der Einbindung der vielfältigen Möglichkeiten, die das große Kultur- und Tagungszentrum zu bieten hat. Schaut man sich indes die Broschüren an, mit denen nach Außen das Tagungsgeschäft beworben wird, vermisst man einen Hinweis auf die vielfältigen Möglichkeiten. „Es ist richtig, dass wir in den Flyern nicht auf diese Möglichkeiten hinweisen. Das tun wir wiederum in den Beratungsgesprächen mit den Kunden. Das beginnt mit der farblichen Gestaltung der Räume und anderen tech- nischen Wünschen, aber auch der Möglichkeit, Live Musiker zu buchen. Schließlich haben wir auch die entsprechenden Kontakte“, so Schumann. Reis ergänzt: „Tatsächlich sind wir auch gerade an dem Thema dran, wie wollen wir unseren Auftritt bewerben? Und natürlich sind wir bei manchen Kunden auf Messen raus, wenn wir erklären, dass wir kein Hotel bieten können. Manche wiederum erkennen den Vorteil einer Tagung bei uns darin, dass wir nicht auf der grünen Wiese liegen.“ Für Reis ist die Hotelfrage ohne- hin nicht daran gekoppelt, dass dies in unmittelbarer Nachbarschaft liegt: „Fest steht, wir brauchen unbedingt ein Hotel mit einer gewissen Anzahl an Zimmern. Wenn ein Hotel direkt neben unserem Tagungszentrum steht, wäre das schön, ist aber zweitrangig. Viele Kunden benötigen eine bestimmte Anzahl an zusammenhängenden Zimmern, was wir derzeit in Worms so nicht bieten können.“ Um dies zu verdeutlichen, nennt er auch ein Beispiel: „Vor wenigen Jahren hatten wir beispielsweise Gespräche mit einem großen Unternehmen aus Mainz, das bei uns einen mehrjährigen Vertrag abschließen wollte. Allerdings benötigte dieses 40 Zimmer in einem Hotel. Natürlich haben wir uns bemüht, dies zu organisieren, aber es war leider nicht möglich, alle in einem Hotel unterzubringen.“
FAZIT: Auch wenn die IHK Rheinhessen vor kurzem erneut das Fehlen eines entsprechenden Hotels in Rheinhessen betonte, dürfte für Worms – realistisch betrachtet – der Wunsch auch noch länger ein solcher bleiben. Nun gilt es, ab 1. Januar mit neuer Preisstruktur neue Kunden zu generieren.
Text: Dennis Dirigo





