Stadt und Träger müssen in den nächsten Jahren 80 neue Erzieherstellen schaffen

Nicht nur, dass laut der jüngsten Bedarfsplanung in den nächsten Jahren rund 653 Kita-Plätze in Worms gebraucht werden, sorgt das neue Kita Gesetz zudem dafür, dass die Stadt und freie Träger 80 neue Erzieherstellen schaffen müssen. Als sei das nicht genug, erklärte jüngst das Bistum Mainz, dass es sich nicht an den Kosten zur Erweiterung zweier Kitas beteiligt.

Es war eine Nachricht, die gravierende Folgen für die Stadt haben wird, als Sozialdezernent Waldemar Herder im Jugendhilfeausschuss erstmals über die Auswirkungen des neuen Kita-Zukunftsgesetzes informierte. Das wurde 2019 von der SPD geführten Regierung verabschiedet und tritt am 1. Juli 2021 in Kraft. Im Wesentlichen lässt es sich auf drei Punkte reduzieren, nämlich die Einführung einer neuen platzbezogenen Personalbemessung, damit einhergehend die Einführung neuer Altersstrukturen und schließlich der konkretisierte Rechtsanspruch auf eine durchgehende Betreuung von sieben Stunden sowie zudem ein Anspruch auf Mittagsverpflegung. Das alles wirkt sich nachhaltig auf den Erzieherbedarf aus, sowohl bei den städtischen Kitas als auch bei den freien Trägern, aus. Insgesamt achtzig neue Stellen müssen in den nächsten sechs Jahren geschaffen werden. Im ersten Moment könnte man meinen, dass dies nicht unbedingt eine unlösbare Aufgabe ist, doch der Markt ist bereits jetzt leergefegt, wie Herder unumwunden zugibt. Steigende Kinderzahlen, der gesetzliche Anspruch für unter Dreijährige und eben das neue Gesetz sorgen auch in den umliegenden Kommunen dafür, dass der Bedarf an Erzieherinnen und Erzieher steigt.

Wie sehen kreative Wege aus?

Was tun? Waldemar Herder erklärte dementsprechend, dass man kreative Wege gehen müsse. Wie die aussehen, konnte er allerdings weder im Jugendhilfeausschuss, noch in der kurz darauffolgenden Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses abschließend klären. Hilfesuchend wandte er sich auch an Jürgen Rajewicz, den Leiter des Wormser Jobcenters, dem wiederum nicht mehr übrigblieb, als zu erklären, dass man erst mal definieren müsse, wer in der umfangreichen Kundendatei für diesen Beruf geeignet wäre. Herder stellt sich zudem Modellprojekte vor, in denen man versucht, berufsbegleitend mehr Attraktivität für potentielle Bewerber zu schaffen. In Worms bildet derzeit die Karl-Hoffmann-Schule Erzieher – sowohl in Vollzeit als auch Teilzeit – aus. Die reine schulische Vollzeitausbildung dauert zwei Jahre. Im Anschluss folgt ein Anerkennungsjahr in der Praxis. Wer den Beruf nicht als Quereinsteiger anstrebt und auch keine „dreijährige Führung eines Familienhaushalts“ vorweisen kann, muss zudem ein viermonatiges Praktikum absolvieren, um an der Schule aufgenommen zu werden. Letztlich eine lange Ausbildungszeit, in der man wenig bis gar kein Geld verdient. Auch im Anschluss an die Ausbildung steht der Erzieherberuf oft im Verdacht, dass Bezahlung und Anforderungen nicht im Einklang stehen. Tatsächlich sind die Aufgaben in den Kindertagesstätten umfänglicher geworden, die Entlohnung jedoch nicht merklich gestiegen. Auf der Suche nach kreativen Lösungen möchte man dementsprechend den Ausschussmitgliedern gerne zurufen, dass letztlich die Bezahlung ein entscheidendes Problem sein könnte. Derzeit sucht die Stadt Erzieherinnen und Erzieher für die Kita-Gibichstraße. Die Einstellung erfolgt in der Entgeltgruppe S8a. Das entspricht einem Bruttogehalt von 2.829,77 Euro und einem Nettogehalt von 1.830 Euro bei 39 Stunden. Für einen Beruf, der an die Substanz gehen kann und der eine mehr als wichtige Bedeutung für die Gesellschaft hat, keine wirklich angemessene Vergütung. Besser sieht es in der Jugendarbeit aus, weshalb insbesondere männliche Erzieher vermehrt in diesen Bereich streben. Viele zieht es im Anschluss zur Ausbildung hin zu einem Studium, das fachbezogen (Soziale Arbeit) möglich ist und ebenso mit besseren Perspektiven verbunden ist.

Finanzielle Herausforderungen für die Stadt

Kurzum, es dürfte kein leichter Weg sein, in den nächsten Jahren die entsprechende Zahl an Erziehern zu finden, ohne qualitative Abstriche zu machen oder mehr Geld in die Hand zu nehmen. Zusätzlich mit der jüngsten Problematik, dass die katholische Kirche sich finanziell nicht mehr an den dringend benötigten Erweiterungen der Kita St. Lioba und der Kita St. Martin beteiligt (ob sich weitere Träger an diese Entscheidung hängen werden, bleibt offen) und derzeit weitere Kitas für viel Geld in Planung sind (Fischmarkt, Salamandergelände) oder wegen des Kita-Gesetzes umgebaut werden müssen (mehr Ruheräume sowie Küche- und Speiseräume), bedeutet das für den Stadtrat, dass zukünftig deutlich mehr Geld in die Hand genommen werden muss. Es ist fraglich, ob sich die Stadt mit derlei Herausforderungen im Rücken einen Luxus wie Umweltdetektive finanziell leisten kann.