Eine Pressemitteilung der Stadt Worms:

Als das Wormser Stadtarchiv Ende Oktober dieses Jahres einen Suchaufruf mit der Bitte um nähere Informationen zum Schicksal der Familie von Karl Windecker veröffentlichte, hatte keiner mit der beeindruckenden Resonanz zu dem Aufruf gerechnet.

„Ob Print- oder soziale Medien – unser Aufruf wurde mehrfach aufgegriffen. Mit einer solch gewaltigen Resonanz hatten wir absolut nicht gerechnet“, freut sich der Leiter des Stadtarchivs, Dr. Gerold Bönnen. Ob Zeitzeugen, Angehörige oder Nachbarn – unter anderem aus Neuhausen oder dem Kollegenkreis des Polizisten Windecker – viele neue Hinweise und Hintergründe erreichten Bönnen und sein Team. Aber es konnten auch einige Annahmen korrigiert werden. Und sogar der Sohn des mittlerweile verstorbenen Karl Windecker wurde gefunden: Hans-Jürgen Windecker wohnt mittlerweile in Bingen und stellte sich für ein Interview zur Verfügung. „Für mich war dies eine einmalige Gelegenheit an dem Schicksal einer Wormser Familie im Nachkriegsdeutschland teilzuhaben. Für uns steht die Familie Windecker stellvertretend für viele Wormser Familien und Schicksale“, so Bönnen.

Mit Hilfe von Hans-Jürgen Windecker und vielen anderen konnte das Stadtarchiv nun die Geschichte von Karl Windecker festhalten: Karl Windecker arbeitete als Polizist und wurde bei Kriegsbeginn 1939 direkt für den Wehrdienst eingezogen. 1942 kam er an die Ostfront, wurde verwundet und befand sich seit Anfang 1943 in Stalingrad in sowjetischer Gefangenschaft. Nach mehr als zehn Jahren Zwangsarbeit in verschiedenen Lagern wurde er 1953 schließlich entlassen. Die Zeit in der Kriegsgefangenschaft hat Windecker für sein weiteres Leben zutiefst geprägt. Nach seiner Heimkehr musste er seinen Sohn, der erst 1942 geboren wurde, sowie die neuen Umstände im Nachkriegsdeutschland erst einmal kennenlernen und vieles Neue verarbeiten. Es brauchte seine Zeit, bis gegenseitiges Verständnis wachsen konnte. Mit Hilfe vor allem seiner Familie, Kollegen und Freunde konnte sich Karl Windecker, dessen Lebenswille und -freue ihm stets erhalten blieben, nach Einschätzung seines Sohnes letztlich wieder ganz integrieren und zufrieden auf sein Leben zurückblicken. Hans-Jürgen Windecker blickt heute mit viel Verständnis auf die für die Familie so überaus schwierigen Jahre nach 1953 zurück.

Nur dank der Unterstützung der engagierten Wormser ist das Schicksal hinter dem Foto nun bekannt und kann viel zum Verständnis der Zeit nach 1945 beitragen.

Das Stadtarchiv dankt allen Hinweisgebern auf das Herzlichste!

Bild: Die Heimkehr des Karl Windecker (Stadtarchiv Worms, Fotoabt. Abt. 307 Neg.-Nr. 0311_10; Urheber: J. Ochßner).