Als am 28. Oktober die Präsentation des neuen Imagefilms der Stadt Worms Premiere feierte, da bewies Dieter Wedels Assistent, Joern Hinkel, dass er nicht nur ein talentierter Regisseur ist, sondern ebenso gut geeignet für den Job des Moderators wäre. Locker flockig und witzig weckte er die Erwartungen für einen knapp 110.000.- Euro teuren Imagefilm, der fortan auf Messen und Veranstaltungen für Worms werben soll: „Worms – Eine Stadt – Tausend Welten“
Exakt 13 Minuten und 46 Sekunden dauert das Werk Hinkels, knapp 100 Stunden Rohmaterial sind in den letzten Wochen und Monaten an insgesamt knapp 60 Drehtagen entstanden, die ihn zusammen mit seinem Kameramann Marcel Mühlbeyer an die verschiedensten Orte in der Stadt geführt haben. Als der Film jedoch startet und es direkt mit den Nibelungen losgeht, ist man fast geneigt, schon wieder von Vorhersehbarkeit zu sprechen. Schauspieler der Nibelungen wie, na klar, Andre Eisermann, Anja Kruse, Roland Renner oder Walter Plathe sprechen pathetisch ein paar einführende Worte über die alte Nibelungenstadt. Weiter geht’s mit einer Fahrt über die Rheinbrücke, imposanten Aufnahmen des Hagendenkmals, einem Verweis auf die geografisch günstige Lage in einem Ballungszentrum im Südwesten, ehe wieder die Nibelungen an der Reihe sind. Spätestens da konnte man befürchten, dass es in erster Linie ein Werbefilm für die Nibelungen Festspiele geworden ist. Eine Befürchtung, die sich im weiteren Verlauf nicht mehr bestätigen sollte, gelingt es doch Hinkel vorzüglich, mit seinen beindruckenden Bildern und der Sprache Emotionen beim Zuschauer zu wecken. Wenn er einen, zugegeben, krassen Schnitt vom Spectaculum zu den Bildern der zerstörten Reichstadt Worms wagt, bleibt ein Kloß im Hals nicht aus. Bewegend auch die Stolpersteine und ihre Inschriften oder die Glasfenster des Domes. Vom ohnehin schon imposanten Kaiserdom gelingen Hinkel und seinem Kameramann großartige Aufnahmen, die die Wucht dieses Bauwerkes noch einmal nachhaltig unterstreichen, auch der Schwenk hinüber zum Judenfriedhof, dem ältesten Europas, ist als absolut gelungen zu bezeichnen. Wenn die Kamera über das Lutherdenkmal fährt und der Satz „Hier stehe ich und kann nicht anders“ erscheint, glaubt man in diesem Moment Geschichte atmen zu können. Selbst die Bilder sattsam bekannter Prominenter, die schon in Worms waren, von jeder Menge Nibelungendarstellern über Paul Kuhn, Joe Cocker bis hin zu Bob Dylan, nimmt man nicht unberührt zur Kenntnis.
Klar merkt man die Konzeption, die hinter dem Film steckt und die in Teamwork mit knapp zehn Leuten entstanden ist, die anschließend auf die Bühne gebeten wurden. Es galt natürlich, Worms als eine der ältesten Städte Europas zu präsentieren, als eine Stadt der Geschichte, der Religionen, des Weines, der Wirtschaft und der Kultur. Und das gelingt Hinkel, ohne auch nur eine Sekunde zu langweilen. Als roter Faden dient eine junge Dame, die mit ihrem kleineren Bruder die Stadt entdeckt, und dementsprechend an vielen Orten auftaucht. Netter Einfall, den man aber nicht zwingend gebraucht hätte. Gegen Ende hin wird es dann etwas persönlicher, der Film gewinnt an Wärme – unterstützt durch wunderbar einfühlsame Musik des Komponisten Robert Kesternich. Als ein paar Wormser über ihre erste Liebe berichten, hört man ein weiteres Mal viele im Publikum ihre Taschentücher zücken. Genau darin liegt auch die große Stärke von „Worms – Eine Stadt – Tausend Welten“: Joern Hinkel schafft es einfach, bestimmte Dinge, die eine Stadt wie Worms auszeichnen, hervorragend rüberzubringen. Sei es die rheinhessische Lebensfreude, den Lebenswillen oder den Kampfgeist – all dies hat sich die Stadt bewahrt, weil sie sich immer wieder, wie Phönix aus der Asche, neu erschaffen musste und sich vielleicht deshalb den Sinn für die Freude an den kleinen Dingen bewahrt hat.
Dass die Wormatia, eines der Herzstücke dieser Stadt, nur mit ein paar kurzen Einspielern in wenigen Sekunden abgehandelt wurde, konnte ich übrigens im Anschluss an die Premierenvorführung bei Joern Hinkel persönlich bemängeln, der sich doch tatsächlich mit komplizierten Rechten in dieser Sache rausreden wollte. Wir wollen ihm das mal so glauben und bescheinigen, dass er es mit Bravour geschafft hat, auf 13 Minuten komprimiert, zu zeigen, was diese kleine, geschichtsträchtige Stadt am Rhein doch tatsächlich an Kultur, Sport, Wirtschaft, schönen Orten und vor allem großartigen Menschen zu bieten hat. Der Film ist wie die Stadt selbst. Man entdeckt auch beim zehnten Ansehen immer noch etwas Neues. Wie das nun mal so ist in einer Stadt, die sich immer wieder neu erzählt. Gut gemacht Herr Hinkel! Da muss erst ein Berliner nach Worms kommen, um uns zu zeigen, wie schön und vielseitig unsere Stadt doch tatsächlich ist.