„1. Wormser Oktoberfest – Beste Wiesenstimmung in Worms“
…stand großspurig auf den Plakaten des Partyveranstalters MANFRED ALBERT aus Mannheim, der bereits in anderen Städten ähnliche Partys veranstaltet hatte. Das löste zunächst ein wenig Verwirrung aus, da etwa zur gleichen Zeit auch das Brauhaus Zwölf Apostel in der Alzeyer Straße nicht nur ein Oktoberfest, sondern gleich noch eine ganze Woche im Zeichen des bayrischen Volksfestes angekündigt hatte. So ist das nun mal in Worms, hat einer eine gute Idee, hat diese oft gleichzeitig noch ein anderer. Wobei man auch zugeben sollte, dass es in anderen Städten längst Gang und Gäbe ist, dass man die seit etlichen Jahren sonst nur auf der Theresienwiese vorherrschende Stimmung auch in die eigene Stadt transportiert. Schließlich kann und will sich nicht jeder einen Aufenthalt in München leisten, da holt man doch gerne mal die bajuwarische Gemütlichkeit in den eigenen Ort. Und was verbindet man mit Bayern? Brezeln, Bier, Haxen, Hendl, Weißwürste, Senf, Lebkuchenherzen, blau-weiße Fahnen, Dirndl, Lederhosen. Als die Besucher des „1. Wormser Oktoberfestes“ am 5. Oktober ab 18 Uhr die Turbinenhalle betraten, die meisten Damen erwartungsfroh im Dirndl und die Herren in feschen Krachledernen, war davon wenig zu sehen. Okay, es ist nicht einfach, einen nicht gerade kleinen, aber immerhin sehr ordentlich gefüllten Saal mit Industriehallenflair von heute auf morgen in ein Oktoberfestzelt zu verwandeln. Aber etwas mehr Mühe hätten sich die Veranstalter schon geben können, als 3 – 4 bayrische Fähnchen an den Wänden aufzuhängen, sowie blau-weiße Tischdecken zu verwenden. Nicht wenige fühlten sich dabei, mitten im grellen Licht, so ein bisschen wie bei einem Seniorennachmittag. Hätte nur noch gefehlt, dass jemand auf der Bühne ein paar Heizdecken verkaufen will. Die versprochenen Brezeln und Würste waren um 19.30 Uhr schon aus, die noch vorhandenen Haxen musste man mit Plastikbesteck von einem Plastikteller essen, was übrigens gar nicht so einfach ist. Von den Bedienungen hatten sich zwei in ein Dirndl geschmissen, der Rest bediente im Schlabberlook. Ganz zu schweigen von dem Einsatz von DJ Tom, der den Abend über mit Ballermann-Hits wie „Zehn nackte Friseusen“ oder „Das sind nicht 20 cm“ für bayrische Stimmung im Saal sorgen wollte. Wie man die Wormser so kennt, waren genügend dabei, die sich, trotz der wenig erbaulichen Rahmenbedingungen, gesagt haben: „Wir haben Eintritt bezahlt, also wird jetzt auch gefeiert!“
Nach der Veranstaltung hagelte es Kritik
Der Shitstorm für diesen misslungenen Versuch, ein zünftiges Oktoberfest zu veranstalten, sollte am Wochenanfang in den sozialen Netzwerken folgen. Bei FACEBOOK schrieb MELANIE KIESEWETTER: „Ich bin sowas von sauer. Das war mit Abstand die schlechtorganisierteste Veranstaltung auf der ich je war!!! Und das soll was heißen!…. ()…ich baue für die nächste Veranstaltung auf einen Wormser Veranstalter, der auch hält, was man verspricht und weiß wie man aus so ner Veranstaltung einen Knaller macht und nicht nur Leute in eine nicht mal für 50 Euro geschmückte Halle lockt und ihnen stundenlang Fastnachtsmusik um die Ohren haut und die Leute nur saufen lässt, damit sein Geld wieder in die Kasse kommt“ SUSANNE SZEBOLD schrieb: „Dann der trockene Spießbraten mit 1 trockenen Brötchen für 7,50€ …das hab ich zum Glück bei ihnen persönlich bemängelt, früh war alles ausverkauft…“ Andere gingen noch weiter mit ihrer Kritik und forderten einen Teil der 8.– (VVK) bzw. 12.– Euro (AK) zurück, weil die meisten der vorher angekündigten Programmpunkte ersatzlos entfallen waren und der bayrische Abend letztendlich daraus bestand, dass DJ Tom Fastnachtsmusik zu Haxe mit Plastikbesteck gespielt hat. Immerhin meldete sich daraufhin auch der Veranstalter und nahm Stellung zu den angeführten Kritikpunkten. Man hätte die Halle sehr gerne dekoriert: „Aber es ist uns schlicht und ergreifend verboten worden, die Wände zu bekleben, einen Nagel in die Wand zu schlagen oder gar zu bohren. Auch mit einem Hubwagen durften wir nicht in die Halle, um von der Decke etwas herunter zu hängen. Ebenso war es eine Auflage, kein normales Besteck zu benutzen zu dürfen. Von daher war nur Plastik die Lösung. Im Laufe des Abends waren 3 Leute damit beschäftigt frische Brezeln zu besorgen. Allerdings ist das Samstagsabend gegen 20 Uhr nicht einfach.“ Und dabei ist die Turbinenhalle, mit dem gegenüber liegenden WEP, ja geradezu von Bäckereien umgeben, die sogar bis 22 Uhr geöffnet haben. Ein wenig trotzig fügte der Veranstalter noch hinzu: „Mit Sicherheit war nicht alles optimal, aber dafür, dass wir das zum ersten Mal in Worms veranstaltet haben, war es ein großer Erfolg. Und wir lassen uns das von niemandem schlecht reden. Oder liegt die Kritik nur darin, dass der Veranstalter kein Wormser ist?“
Es geht auch anders
Dieses Selbstverständnis, was richtig Gutes abgeliefert zu haben, mag man dem Veranstalter des „1. Wormser Oktoberfestes in der Turbinenhalle“ auch gar nicht absprechen. Problematisch wird diese Aussage halt nur dann, wenn der andere, der auf die gleiche Idee gekommen ist, eine identische Veranstaltung richtig professionell aufzieht und ausschließlich positive Rückmeldungen erhält. Denn genau das passierte eine Woche später im Brauhaus Zwölf Apostel, wo man von Anfang an einen anderen Ansatz hatte. ILJA HADZIPETROU, der übrigens ebenfalls kein Wormser ist und das Brauhaus im Frühjahr von Richard Becker übernommen hat, führt insgesamt vier renommierte Gaststätten in der Region (Zapata Heidelberg, Zapatto Mannheim, König‘s Ludwigshafen, Brauhaus 12 Apostel Worms). Um in seinem neuen Brauhaus in Worms das Thema „Oktoberfest“ zu etablieren, hat er den Eventmanager MARKUS SEITZ engagiert, der sich wiederum bei der Verpflichtung der Bands richtig ins Zeug gelegt hat. Bands wie „Die Lumpen“, Blechblos’n“ oder die „Partylumpen“ sind normalerweise auf den großen Festen des Landes, wie dem echten Oktoberfest oder der Cannstedter Wasen, zuhause. Auch in Sachen Deko, Ausstattung der Bedienungen, einem Zelt im Freien für Raucher, Süßigkeiten aus dem Hause Nock und vielem mehr wurde ordentlich geklotzt. Dass man womöglich im ersten Jahr sogar Verluste einfährt, wurde dabei bewusst in Kauf genommen, weil man eben dauerhaft mit dem Thema „Oktoberfest“ Erfolg haben will – womöglich sogar mit einem größeren Zelt beim nächsten Mal. Dass es aber so sensationell laufen würde, darüber waren die Brauhausbetreiber mehr als überrascht und glücklich. Die Livekonzerte an den Wochenenden waren allesamt ausverkauft. Mittwochs bei der After-Work-Party waren knapp 150 Leute da, auch die Sonderaktionen wie XXL-Schnitzel, Grillhaxe oder bayrische Burger waren gut besucht. Wie ebenfalls den sozialen Netzwerken zu entnehmen war, hatten sich nicht wenige sowohl das Oktoberfest im Brauhaus als auch in der EWR-Turbinenhalle gegönnt und wussten anschließend von dem typischen Unterschied „wie Tag und Nacht“ zu berichten. Womöglich hat man im Brauhaus also ein Stück weit von dem Desaster eine Woche zuvor profitiert. Der Veranstalter des Oktoberfestes in der Turbinenhalle, MANFRED ALBERT, hat versprochen, im nächsten Jahr alles besser machen zu wollen. Unter diesen Voraussetzungen müsste man wohl eher raten, es besser gleich ganz sein zu lassen…
ÜBRIGENS: Am Abschlusstag der Oktoberfestwoche wurde auf der Facebook-Seite vom Brauhaus 12 Apostel eine Torte gepostet mit den Worten: „Das Apostel-Team möchte sich von ganzem Herzen bei all unseren Gästen bedanken, für grandiose 8 Tage voller Stimmung, guter Laune, Leidenschaft und den vielen Glückwünschen zu unserem 1. Oktoberfest im Brauhaus 12 Apostel.“ Das Schlusswort dieses Artikels gebührt in diesem Fall HEIKE WENZEL, die daraufhin bei Facebook gepostet hat: „Da ist mehr Deko auf einer Torte als im ganzen Kesselhaus beim ersten Wormser Oktoberfest…“