„Wir steigen auf und ihr bleibt drin!“ Die Hohngesänge der Trierer Fans beim Gastspiel in Worms klingen den Wormatia Fans noch in den Ohren. Nach zuletzt mäßigen Leistungen, mit vier Niederlagen in den letzten fünf Spielen, ist Wormatia Worms auf dem Boden der Tatsachen gelandet und kann als aktuell Fünftplatzierter die Hoffnungen auf den zweiten Platz begraben.
Als die Mannschaft von Wormatia Worms in den Monat April gestartet ist, da war klar, dass dies ein Monat der Vorentscheidungen im Kampf um Platz zwei werden würde. Die Voraussetzungen waren nicht die besten, denn bereits die verdiente 1:4-Auswärtsniederlage bei Abstiegskandidat COSMOS KOBLENZ und der glücklich zustande gekommene 3:1-Heimsieg Ende März gegen den Vorletzten, die SPIELVEREINIGUNG QUIERSCHIED, waren keine verheißungsvollen Vorboten für die anstehenden Spitzenspiele gegen den wiedererstarkten 1. FC Kaiserslautern II, Mitkonkurrent SV Gonsenheim und den bereits feststehenden Meister Eintracht Trier. Dass sich die Wormatia in diesen drei Spielen jeglicher Aufstiegschancen berauben würde, hatte auch mit der bitteren Erkenntnis zu tun, dass in Spielen gegen hochkarätige Teams eine gute Halbzeit nicht ausreicht, um etwas Zählbares abzustauben. Aber der Reihe nach. Gewarnt von einem überraschenden 3:0-Sieg des 1. FC KAISERSLAUTERN II. beim SV Gonsenheim eine Woche zuvor, bestätigte sich auch diesmal, dass die Trauben für den VfR auf dem Betzenberg besonders hoch hängen, auch wenn das Spiel diesmal nur auf einem Nebenplatz stattfand. Trotz einer passablen ersten Halbzeit mit Chancen zur Führung, stand am Ende eine 0:3-Auswärtsniederlage bei den kleinen roten Teufeln, die insgesamt in Ordnung ging, weil von der Wormatia nach der Führung der Lauterer kurz nach der Pause (47.) nicht mehr viel kam.
Bereits zum dritten Mal im Jahr 2024 traf der VfR eine Woche später auf den SV GONSENHEIM. Nach einem 2:0-Heimsieg Anfang März, folgte kurz danach das Pokalaus gegen die Mainzer Vorstädter. Im dritten Aufeinandertreffen blieben die Gonsenheimer zuhause mit 3:1 siegreich, weil Wormatia Worms in der ersten Halbzeit eine völlig indiskutable Leistung ablieferte, die der eines Spitzenspiels nicht würdig war. Nach 23 Minuten hatten die Gonsenheimer bereits drei Treffer erzielt und schienen auf einen Kantersieg zuzusteuern. Erst nach einer deutlichen Steigerung nach der Pause konnte der VfR durch Azahaf (65.) auf 1:3 verkürzen und nochmal etwas Spannung ins Spiel bringen. Trotzdem war dies insgesamt zu wenig in einem
„Alles-oder-nichts-Spiel“. Nach diesen beiden Niederlagen am Stück war zugegebenermaßen ein wenig die Brisanz aus dem folgenden Heimspiel gegen EINTRACHT TRIER genommen.
Während Trier eine Woche zuvor mit einem 1:0-Heimsieg gegen den FCK II vor 6.100 Zuschauern die vorzeitige Meisterschaft in der Oberliga Rheinland-Pfalz-Saar feiern konnte, hatte sich die Wormatia mit nunmehr sechs Punkten Rückstand auf Platz zwei vorzeitig aus dem Aufstiegsrennen verabschiedet. Dass sich trotz der zuletzt mäßigen Leistungen des VfR, wenig Aussicht auf Erfolg (ausgerechnet gegen den Spitzenreiter) und einem unangenehm nasskalten Wetter trotzdem 1.500 Zuschauer zum Duell der alten Rivalen einfanden, lag in erster Linie an dem reisefreudigen Trierer Anhang, der knapp die Hälfte des vorhandenen Publikums stellte. Das Spiel begann standesgemäß, als es bereits nach 80 Sekunden zum ersten Mal im Tor der Wormatia klingelte. Am Ende einer zerfahrenen ersten Hälfte, in der die Trierer nach der frühen Führung nur das Nötigste tun mussten und die Wormatia nicht so recht ins Spiel fand, fiel das zweite Trierer Tor noch vor dem Pausenpfiff und schien endgültig alle Hoffnungen der Wormser zu zerstören. Tatsächlich fand die Wormatia aber nach der Pause besser ins Spiel und ging deutlich engagierter zu Werke – so wie man sich das schon zu Beginn der Partie gewünscht hätte. Lohn für die Mühen war der Anschlusstreffer durch Marx (52.), der den Wormsern Auftrieb gab. In der Folge spielten sich die Wormser weitere Chancen heraus, blieben aber glücklos im Abschluss. Und während der bei einer Ecke nach vorne geeilte Torwart der Wormatia, Luka Pedretti, in der dritten Minute der Nachspielzeit die große Chance zum Ausgleich vergab, starteten die Gäste noch einmal einen Konter, den Hammel zum 3:1-Endstand für Eintracht Trier abschloss (90.+5).
Einbruch in der Rückrunde
Die Niederlagenserie der Wormatia hat auch in der Tabelle ihre Spuren hinterlassen. Aktuell liegt der VfR acht Punkte hinter dem Zweiten SV Gonsenheim, sechs Punkte hinter dem Dritten FK Pirmasens und zwei Punkte hinter dem SV Auersmacher sogar nur noch auf Platz fünf. Bei noch sechs ausstehenden Saisonspielen wäre es vermessen, noch von Ambitionen auf Platz zwei zu sprechen, auch wenn die davor platzierten Teams noch Punkte abgeben werden. Dagegen spricht allerdings das aktuelle Leistungsbarometer des VfR, der nach der Winterpause mit gerade einmal 13 Punkten aus 10 Ligaspielen und einem Torverhältnis von 13:20 das Niveau eines allenfalls mittelmäßigen Oberligateams erreicht hat. Dazu kam das bittere Aus im Pokalhalbfinale zuhause gegen den SV Gonsenheim (0:1 n.V.), durch das dem Verein viel Geld für die kommende Saison entgangen ist. In der Vorrundentabelle noch souveräner Zweiter mit vier Punkten Vorsprung auf Pirmasens und elf Punkte vor dem SV Gonsenheim, liegt der VfR in der Rückrundentabelle auf Platz 16. All das, was die Mannschaft in der Vorrunde ausgezeichnet hat – Souveränität, Spielfreude, Zusammenhalt oder die Mentalität, mit der man in der Vorrunde so manche Partie noch gewonnen hat – sind im Jahr 2024 nach und nach abhandengekommen.
Ursachenforschung
In Anbetracht der Entwicklung in der Rückrunde stellt sich die Frage, ob der VfR womöglich lange Zeit über seine Verhältnisse gespielt hat und erst jetzt das wahre Leistungsniveau zum Vorschein kommt? Dass die Mannschaft eigentlich mehr kann, zeigt sich daran, dass auch Leistungsträger wie Loechelt, Marx, Ludwig oder Sentürk aktuell unter ihren Möglichkeiten bleiben. Auch in der Vorrunde hat man die Gegner nicht immer dominiert, aber zumeist mithilfe der Mentalität geschlagen. Und wenn gar nichts ging, traf wenigstens Daniel Kasper. So konnte man lange Zeit den Nimbus der Unbesiegbarkeit wahren, auch beim Spitzenspiel in Trier (1:1). Die erste Saisonniederlage gab es für Wormatia Worms erst am letzten Hinrundenspieltag am 27.10.23 bei Arminia Ludwigshafen (1:2). Als hätte der erste Rückschlag nach 19 unbesiegten Partien eine Blockade ausgelöst, konnte der VfR fortan nicht mehr an die zuvor gezeigten Leistungen anknüpfen. In den letzten fünf Spielen vor der Winterpause gab es nur noch fünf Punkte für die Wormatia, darunter war die empfindliche 0:1-Heimniederlage gegen den Ortsrivalen TSG Pfeddersheim. Wer jedoch geglaubt hatte, das Trainerteam würde die kurzzeitige Schwäche des Teams, die in erster Linie auf Verletzungspech oder die hohe Belastung an Spielen zurückgeführt wurde, in der dreimonatigen Spielpause wieder in den Griff bekommen, sah sich getäuscht. Nach der Winterpause haben die Wormser Fans kein einziges restlos überzeugendes Spiel mehr gesehen, obwohl es in den zehn Ligaspielen auch vier Siege gab. Nach der ersten Saisonniederlage in Ludwigshafen am 19. Spieltag musste der VfR bis zum 32. Spieltag noch sieben weitere Niederlagen einstecken. In der aktuellen Verfassung – mit zuletzt vier Niederlagen in den letzten fünf Spielen bei 6:14 Toren – ist es auch schwer vorstellbar, dass Mannschaft und Trainer das Ruder in dieser Saison noch einmal rumreißen können.
Was ist in der Winterpause passiert?
Während Verein und Fans vor der Saison mit dem aktuell fünften Platz zufrieden gewesen wären, so hatte die komplett neu formierte Wormser Mannschaft in der Vorrunde mit teils begeisterndem Fußball Begehrlichkeiten Richtung Platz zwei geweckt. Dass der Verein in der Winterpause aufgrund der Tabellensituation den Relegationsplatz als offizielles Ziel ausgab, wurde zusätzlich durch zwei Neuzugänge unterstrichen, die die Regionalliga Ambitionen untermauern sollten. Mit dem zuletzt vereinslosen LUCA JENSEN wurde ein gestandener Regionalligaspieler verpflichtet, der als klassischer Sechser gilt, obwohl man im defensiven Mittelfeld mit Marx, Loechelt, Haber und Saiti bereits vier Spieler für diese Position unter Vertrag hatte. Ein Königstransfer war die Verpflichtung des ehemaligen Torjägers der Wormatia aus der Saison 2019/2020, JAN DAHLKE. Nach Regionalliga Abenteuern bei Preußen Münster und Carl Zeiss Jena konnte Dahlke nun bis 2026 an den Verein gebunden werden. Eine Chance, die sich der Verein nicht entgehen lassen wollte, nachdem man in den Vorjahren immer wieder bei Dahlke abgeblitzt war. Während die Fans vom neuen Traumsturm Kasper/Dahlke träumten, stellte sich in der Realität heraus, dass beide spielerisch überhaupt nicht harmonieren wollten. Zwar traf Dahlke sieben Mal in zehn Spielen, aber der zuletzt häufig verletzt fehlende Kasper nur noch ein Mal. Durch die Verpflichtung Dahlkes wurde der vorherige Leitwolf Kasper unbewusst geschwächt. Auch wenn man die Vereinsführung verstehen kann, dass man bei den beiden Neuzugängen – auch im Hinblick auf die kommende Saison – zugegriffen hat, war es doch etwas verwunderlich, dass die beiden Neuverpflichtungen ausgerechnet für Positionen getätigt wurden, auf denen zuvor die kleinste Not geherrscht hatte. Dagegen wurde der Abgang des vor der Winterpause in die Stammelf gerutschten Außenverteidigers Holzemer nicht kompensiert, freilich ohne zu wissen, dass sich auch die beiden etatmäßigen Außenverteidiger Nicklis (rechts) und Sonn (links) ohne Konkurrenz fortan dem mäßigen Niveau der gesamten Mannschaft anpassen würden. Mit dem Wissen von heute wäre auch eher die Verpflichtung eines Innenverteidigers sinnvoll gewesen. Als die beiden Stamminnenverteidiger Ludwig und Smiljanic gleichzeitig ausfielen, musste sogar Mittelfeldmotor Jannik Marx hinten aushelfen, ebenso wie der zeitweise ebenfalls ins Team gerutschte
Stefano Maier. Das einstige Regionalliga-Urgestein der Offenbacher Kickers ist jedoch bei seinen wenigen Einsätzen erneut den Nachweis seiner Oberligatauglichkeit schuldig geblieben. In der Vorrunde noch die zweitbeste Defensive der Liga, stellen zwanzig Gegentore in zehn Spielen nach der Winterpause der Abwehr der Wormatia kein gutes Zeugnis aus.
In der Regionalliga nichts verloren
Ohne Zweifel stimmt es nicht mehr in der Mannschaft des VfR. Dass der Kader angeblich seit einiger Zeit in zwei Lager zerstritten ist – die Stammspieler, die immer spielen, gegen die Unzufriedenen aus der zweiten Reihe – dürfte bei vielen Vereinen der Fall sein. Da aber die Wahrheit zumeist auf dem Platz liegt, zeigt sich dort seit Wochen eine Mannschaft, die kein Team mehr ist, bei dem einer für den anderen kämpft. Das gilt ebenso für die Spieler aus der zweiten Reihe, die, wenn es darauf ankam, kaum Argumente für einen Startelfeinsatz lieferten. Auch ein taktisches Konzept war zuletzt nicht mehr erkennbar; eine Kritik, die auch an die Adresse des Trainers gerichtet ist, der zuletzt zunehmend hilfloser wirkte und es bis dato nicht geschafft hat, den Schalter bei seinen Spielern wieder umzulegen. Unabhängig vom aktuellen Tabellenplatz stellt sich sowieso die Frage, ob man sich mit einem Aufstieg in die Regionalliga einen Gefallen tun würde. Weder aus spielerischer Sicht, noch was das Zuschaueraufkommen angeht. Einen Aufsteiger zeichnet es in der Regel aus, dass er es im Aufstiegsjahr schafft, Euphorie in der Stadt zu entfachen. Davon ist man in Worms derzeit weit entfernt. Nach der enttäuschenden Rückrunde hat sich Ernüchterung eingestellt, die auch in der Frage mündet, mit welchen Spielern man nächste Saison das Ziel „Aufstieg“ angehen will? Im Moment ist schwer vorstellbar, wie die aktuelle Mannschaft dies im nächsten Jahr schaffen will, ohne eine Frischzellenkur in Form von neuen Spielern zu erhalten. Im Übrigen wird das Thema Aufstieg dann nicht einfacher, wenn aus der Regionalliga die Absteiger TuS Koblenz und Schott Mainz in die Oberliga zurückkehren. So leicht wie in dieser Saison wird es vermutlich nicht mehr werden. Von daher werden die letzten sechs Saisonspiele auch einen Fingerzeig geben müssen, mit wem man in der nächsten Saison das Ziel Aufstieg angehen will.
Text: Frank Fischer, Fotos: Andreas Stumpf