9. – 11. August 2013
Fünf Plätze rund um den Wormser Dom:

Jazz und Joy 2013 – das hieß „Sonne satt“, gepaart mit einem abwechslungsreichen Programm. Natürlich ist es bei 40 Bands, die auf fünf Bühnen verteilt waren, unmöglich einen Rückblick zu gestalten, der allen gerecht werden könnte. Deshalb hier eine kleine subjektiv gestaltete Auswahl an gelungenen und weniger gelungenen Auftritten.

Jazz
Traditionsgemäß waren die Jazzperlen wieder mal im unschlagbar schönen Innenhof des Andreasstifts zu finden. Ein echtes Glanzlicht setzten die Veranstalter mit dem Konzert des in Frankfurt lebenden Jazz Pianisten MICHAEL WOLLNY und dessen beiden Mitmusikern, Tim Lefebvre (E-Bass) und Eric Schaefer (Schlagzeug). Dass ein großer Auftritt bevorstehen würde, zeigte sich an diesem sonnendurchfluteten frühen Samstagabend schon 45 Minuten vor Beginn. Im dichten Gedränge offenbarte sich allerdings eine deutsche Unart, die bei einem unbekannten Gast auf massives Unverständnis stieß. In einem Konflikt mit zwei älteren Damen bezeichnete dieser die wenig schöne Geste, Stühle mit einer Jacke oder einem Pullover schon geraume Zeit vor Konzertbeginn zu reservieren, zu Recht als „Mallorca Handtuch Terrorismus“. Aber das nur am Rande, da es hier schließlich um die Musik geht, und die hatte es in sich. Mit leidenschaftlicher Intensität über das Piano gebeugt, untermauerte der lausbubenhaft wirkende 35-jährige Musiker seinen Status als Ausnahmetalent in der aktuellen Jazzszene. Besonders angenehm: das MICHAEL WOLLNY TRIO zeigte keinerlei Berührungsängste, Reisen in verschiedene musikalische Genres zu unternehmen. Pop wurde gleichberechtigt neben die Interpretation klassischer Werke gestellt. Nicht minder talentiert und mindestens genauso ambitioniert präsentierte sich das ERIC TRUFFAZ QUARTETT im übervollen Andreasstift mit aufregend gespieltem Fusion Jazz. Der wahre Höhepunkt des Jazzprogramms an diesem Samstag sollte aber auf dem Weckerlingplatz stattfinden. Verziert mit elektronischen Klangexperimenten und einem unverhohlenen Blick Richtung Funk/ Rock begeisterte das Berliner DJ Kollektiv JAZZANOVA mit ihrem Sänger Paul Randolph das zahlreiche Publikum. Kaum ein Bein konnte bei den mitreißenden Klängen stillgehalten werden.

Einen würdigen Abschluss fand das 23. „Jazz & Joy“ am Sonntag auf dem Weckerlingplatz mit dem legendären Trompeter FRED WESLEY und dessen NEW JB`S. „Wow“, blieb einem in Anbetracht des energiegeladenen Gigs nur übrig zu sagen. Das Publikum, eine einzige wogende Masse, in der auch Oberbürgermeister Kissel nicht stillhalten konnte. Mit einem eindrucksvollen Groove gesegnet, pendelte die Band von Easy Listening Jazz über Funk zu R`n B. Einfach toll! Schade, dass am Sonntag schon um 22 Uhr Schluss sein musste….

Joy
Wer Gute-Laune-Pop mit einem kräftigen Schuss Reggae mochte, war auf dem Platz der Partnerschaft am Samstagmittag genau richtig. Dort lud CRIS COSMO mit Bläserensemble im Gepäck zu seinem ganz persönlichen Animationsprogramm ein. Die Songs zeigten sich nicht immer besonders tiefsinnig („Facebook ist scheiße“) und mitunter etwas rudimentär, einen gewissen Unterhaltungswert konnte man dem Auftritt jedoch nicht absprechen. Ebenfalls mit Bläserensemble im Rücken, aber musikalisch mit etwas mehr Anspruch ausgestattet waren SHANTEL UND DAS BUCOVINA CLUB ORKESTRA, bei denen selbstverständlich der Hit „Disko Partizani“ nicht fehlen durfte. Das Publikum dankte es mit lautstarkem Mitsingen. Etwas gepflegter, man möchte auch sagen „gewollt intellektueller“ ging es bei MAX HERRE zu. Obwohl absolut professionell dargeboten, wollte zumindest in den hinteren Reihen der Funke nicht so recht überspringen. Auf der Renolit-Bühne an der Jugendherberge funkte es hingegen gehörig. Dort lieferte die aufstrebenden Newcomerin LESLIE CLIO ein großartiges Konzert ab. Mit ausdrucksstarker Stimme und lässig groovenden Songs untermauerte sie, warum sie in der Branche zurzeit hoch gehandelt wird. Sonntags war es eindeutig WALLIS BIRD, die in Worms ein gern gesehener Gast ist und die den Platz der Partnerschaft für sich beanspruchte. Wie eine Hyperaktive auf Ritalin-Entzug tobte sie über die Bühne und generierte sich zum diesjährigen Sympathiepreisträger des Festivals – spätestens als die kleingewachsene Irin nach ihrem Auftritt hinter der Bühne bereitwillig für Fotos mit ihren Fans zur Verfügung stand. Die Sängerin mit großer Stimme hatte zudem noch eine großartige Liveband am Start, die mit ordentlich Power die eingängigen Songs begleitete. Für eine weitere positive Überraschung sorgten ungefähr zur gleichen Zeit WE INVENTED PARIS auf der Renolit-Bühne, die mit ihren herzergreifenden Popsongs das Publikum vor der Jugendherberge entzückten.

Wormser Bands
Natürlich dürfen bei einem Wormser Musikfestival auch Wormser Eigengewächse nicht fehlen. Mit so unterschiedlichen Bands wie SQUARED CIRCLES, DEJA VU, STEREOSWITCH, SOUL ON und FLOW MOTION mit dem bekannten Musiker Tom Bola, bewiesen die Musiker, dass die Nibelungenstadt über eine vielschichtige Musikszene verfügt, von der man gerne auch mehr gesehen hätte.

FAZIT: Sicherlich könnte man an dieser Stelle mal wieder aufs Trefflichste über die richtige musikalische Mischung diskutieren. Letztlich bleibt dies eine Frage des individuellen Geschmacks. Bei 40 Bands gab es einige großartige Konzerte zu entdecken. Einige überboten sogar die Erwartungen, wie z.B. Wallis Bird, Fred Wesley oder We invented Paris eindrücklich belegten, andere konnten diese nicht ganz erfüllen, wie der schwäbische Hip Hopper Max Herre. Der Publikumszuspruch spricht allerdings für sich. Mit der offiziell verkündeten Zahl von 22.000 Zuschauern, also 2.000 mehr als in den Vorjahren, scheint der Erfolg den Veranstaltern und vor allem dem künstlerischen Leiter, David Maier, Recht zu geben. Den Rest besorgte schließlich das rundum perfekte Wetter.