Kritik zur Theaterinszenierung „Eingeschlossene Gesellschaft“
17. Oktober 2024 | Das Wormser Theater: Schaut man sich die Vita des Ensembles Theaterlust an, fällt auf, dass man sich gerne an bekannten Stoffen bedient, die bereits auf der Kinoleinwand oder im TV bestens funktionierten („Die Wanderhure“, „Die Päpstin“) – so auch bei „Eingeschlossene Gesellschaft“.
Wobei die Situation hier etwas komplizierter ist. Zunächst gab es ein erfolgreiches Hörspiel von Jan Weiler, ehe Sönke Wortmann einen noch erfolgreicheren Film daraus strickte. Der Spielbetrieb Theaterlust machte daraus eine launige Komödie mit einem etwas nervigen Hang zur Hysterie, während das Grundgerüst der Geschichte wiederum eine gewisse Toleranz erforderte. Da die Ausgangssituation ohnehin sehr konstruiert wirkt, entschied sich Weiler dazu, die Regeln logischen Handelns auch mal neben der Schreibmaschine liegen zu lassen, wodurch das Stück eher einem erzählerischen Experiment gleicht – allerdings mit zwiespältigem Ergebnis. Der übermächtige literarische Bezug ist dabei kaum zu übersehen, scheint aber von Jan Weiler eher unglücklich gewählt. Von Sartre stammt das existenzialistische Theaterstück „Geschlossene Gesellschaft“. Am Ende steht dabei die Erkenntnis: „Die Hölle, das sind die anderen“, weil man ihnen nicht ausweichen kann. Die Schule ist genau ein solcher Ort und das Lehrerzimmer jene Hölle, in der sich Menschen/Lehrer begegnen, um über andere zu urteilen. In diesem Falle sind das sechs Lehrer, die von einem enttäuschten Vater festgehalten und gezwungen werden, über die Note seines Sohnes erneut zu debattieren. Nun hätte man aus dieser Prämisse eine spitzzüngige Satire machen können, doch leider belässt es der Autor bei Klischeecharakteren, die in der Theateradaption immer wieder damit beschäftigt sind, schreiend durch ihre kleine Lehrerzimmerhölle zu irren, während die Dialoge oftmals ins Klamaukige abrutschten.
Fazit: Das Publikum im bestens gefüllten Theatersaal nahm das hysterische Spektakel gelassen und amüsierte sich prächtig. Der eigentlich angedachte Tiefgang blitzte zwar zuweilen auf, musste sich aber letztlich der Lust an der kurzweiligen Unterhaltung unterordnen.
Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf