Ein Baustellenbesuch bei Matadero (Alter Schlachthof)
Noch umschließen Gerüste das Gemäuer des historischen Alten Schlachthofs. Arbeiter bewegen sich geschäftig durch die Baustelle, während Bauherr Marc Baumüller im Gespräch mit WO! erklärt, das sei die komplizierteste Baustelle seines Lebens. Doch all das soll im Frühjahr nur noch Erinnerung sein und die neue Event Location Matadero feiert nach drei Jahren Sanierungs- und Umbauarbeiten ihre Eröffnung.
Es ist ein bitterkalter Tag, als sich WO! Redakteur Dennis Dirigo und Fotograf Andreas Stumpf mit dem Bauherren und Investor Marc Baumüller zu einer Baustellenbesichtigung in der Nähe des Rheinufers treffen. Gerade noch fiebrig im Bett, wie er erzählt, wirkt Baumüller zunächst ein wenig müde. Doch schon bald ändert sich die Stimmung, als wir die große Halle des Schlachthofs, also das Entree der zukünftigen Erlebniswelt, betreten. Als sein Blick umherschweift, ist spürbar, dass er bereits die Menschen sieht, wie sie zukünftig im neuen mexikanischen Restaurant El Callito einen gut gekühlten Mojito genießen. Neben dem bereits angekündigten Moto59 (siehe auch WO! 01/25) ist dies nun die zweite gastronomische Adresse, die Baumüller für das Matadero verkünden kann. Verortet ist das Lokal im vorderen Eingangsbereich des Schlachthofs.
Dem schließen sich zwei Veranstaltungsflächen an, die zukünftig für Hochzeiten bis hin zu kulturellen Veranstaltungen gemietet werden können. Wie Baumüller betont, ist die Gesamtfläche offen konzipiert, Abtrennungen sind aber auch möglich. In einem Nebenraum der Eingangshalle wird das Moto59 eine Heimat finden, wobei der Zu- gang auch über den bisherigen Parkplatz auf der Westseite des Schlachthofs zu erreichen ist. Die bisherige Parkfläche wird zur Außensitzfläche, zugleich betont Baumüller, dass ausreichend Parkflächen rund um das Matadero derzeit ge- schaffen werden. Beim Gang durch den Raum ist es für den Laien aktuell noch schwer vorstellbar, dass bereits in wenigen Monaten an dieser Stelle Pizzen neapolitanischen Charme verströmen und deftige Burger zum herzhaften Genuss locken. Doch Baumüller lenkt die Aufmerksamkeit auf die vielen kleinen Details in dem verwinkelten Gebäude, denen man sich in den vergangenen Jahren widmete und die die Arbeiten immer wie- der vor neue Herausforderungen stellte und noch immer stellt.
Anspruchsvolle Arbeiten
In enger Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde lag ein Fokus der Arbeiten auf dem Erhalt der historischen Bausubstanz. Das Problem, das sich hierbei zeigte, war, dass heutige Firmen oftmals nicht in der Lage dazu sind, historische Baukunst entsprechend zu bearbeiten oder rekonstruieren zu können. Das zeigt sich beispielsweise aktuell an Glasbuntscheiben, die aus den Anfangstagen des Gebäudes stammen und während der Arbeiten freigelegt wurden. Das aufwendig gearbeitete Glas wurde ausgebaut, gereinigt und dann musste man feststellen, dass es nicht so einfach war, jemanden zu finden, der dies entsprechend wieder einbauen kann. Zwischenzeitlich hat man eine Lösung gefunden, wie überhaupt jedes Problem bisher gelöst wurde. Und von denen gab es nicht wenige in dem 1912 errichteten Gebäude.
So musste beispielsweise für Erneuerungsarbeiten das Dach eines Seitengebäudes angehoben werden. Im Laufe der letzten 100 Jahre hatten sich die dort stützenden Querbalken abgesenkt. Das musste aufwendig korrigiert werden. Erst wurde das eigentliche Dach abgeräumt, anschließend rückte ein Spezialkran an, der den gesamten Dachstuhl 30 Zentimeter anhob, sodass die neuen Stützbalken eingezogen werden können. Bei einer Begehung des Dachbodens verweist Baumüller darauf, dass da- mit die Arbeiten im Dachstuhl nicht erledigt waren. So mussten kleine verwinkelte Elemente des Gemäuers im Dachstuhl neu verkleidet werden. Ebenfalls eine Arbeit, mit der herkömmliche Bauunternehmen überfordert waren. Manche Probleme schuf man sich jedoch selbst, so wurde der Hauptstromanschluss vergessen zu installieren. Wie der Bauherr erklärt, fand man allerdings mit der Unterstützung des EWR auch hier schnell eine Lösung, die allerdings noch umgesetzt werden muss.
Bürofächen mit historischem Flair
Im Dachstuhl selbst werden sich zukünftig Büroräume befinden. Einen ersten Mieter gibt es schon, wie Baumüller zu berichten weiß, nämlich das IT Unternehmen Datatronic Software AG, das derzeit in Flörsheim-Dalsheim seinen Hauptsitz hat. In dem Zusammenhang freut sich der Investor sicherlich auch darüber, dass das aufwendige und kostenintensive Projekt bald auch Geld ein- bringt. Über die Gesamtinvestitionen will der Darmstädter zwar nicht sprechen, aber gefragt danach, wie sich die Kosten prozentual entwickelt haben, räumt Baumüller eine Steigerung von rund 30 Prozent ein. Aufwendig gearbeitet wird aber nicht nur an dem denkmalgeschützten Gebäude, sondern auch den Anbauten, die das bekannte Gebäude erweitern. Mehrere Module in Holzbauweise beherbergen Platz für weitere Büroräume und spenden zudem Schatten für die Terrassenfläche gen Osten. Auf dieser Seite wird auch nach der Eröffnung des Matadero fleißig weitergearbeitet, denn dann entsteht an dieser Stelle ein Hotel, das mit 100 Zimmern potentiellen Hochzeitsgästen ausreichend Platz zum Nächtigen geben soll. Da es sich um einen kompletten Neubau handelt, muss der Matadero-Chef wenigstens an dieser Stelle nicht mit Überraschungen rechnen. Am Ende des Rundgangs verschwindet Baumüller wieder in den Gemäuern der Baustelle, die schon bald, am Fuße der Rheinbrücke gelegen, ein echter Leuchtturm für Worms sein wird.
Text: Dennis Dirigo, Fotos. Andreas Stumpf