25. Juni 2017 | Reitsportgelände Mannheim:

Helge Schneider ist ein Phänomen in der Humorbranche. Er dürfte wohl der einzige Komiker in Deutschland sein, der seit mehr als 25 Jahren mit einer Art von Anti-Humor das Publikum zu zwerchfellerschütternden Lachattacken animiert. So auch geschehen bei seinem umjubelten Aufritt beim Zeltfestival.

Rund 1.600 zahlende Gäste waren gekommen, um zusammen mit dem schwer fassbaren Menschen Schneider „240 Jahre singende Herrentorte“ zu feiern. Wahrscheinlich bezog sich die Zahl „240“ auf das Gesamtalter der auf der Bühne anwesenden Band, aber das ist nur eine Vermutung. Bekannt hingegen ist, dass er sich selbst am Anfang seiner Bühnenkarriere als diese Torte bezeichnete. Das ist natürlich rein von der Begrifflichkeit schon absurd, aber absurd ist eben auch das Rezept, mit dem der Mann Erfolge feiert. Es ist wahrscheinlich müßig, sich über das Phänomen Helge Schneider den Kopf zu zerbrechen. Man kann seinen Humor kindisch finden, dennoch muss man ihm attestieren, dass er das, was er macht, ziemlich gut macht. Egal wie absurd seine Späße sind, Schneider vermittelt immer den Eindruck, dass er nicht einfach eine Kunstfigur ist, die eine Rolle spielt, sondern dies aus tiefster Überzeugung tut. Obendrein ist er auch noch ein großartiger Musiker, der sich mit ebenso großartigen Musikern umgibt. Wenn man sich die Texte wegdenkt, könnte man sogar zu dem Eindruck gelangen, einem Jazz-Konzert beizuwohnen. Jazz ist dann auch der Schlüssel zu Schneiders Kunst. Bevor Schneider sein eigenartiges Comedy-Talent entdeckte, verdingte er sich als Studiomusiker für Jazz-Größen wie Albert Mangelsdorff oder Frank Baier. Die Kunst der Improvisation, das Auseinandernehmen von Strukturen, um sie anschließend wieder neu zusammenzusetzten, das ist das, was Schneider auf der Bühne macht. Man könnte ihn als den „Free Jazzer“ unter den Humoristen bezeichnen. Wie das funktioniert, zeigte er in Mannheim gleich zu Beginn. Wo andere ein simples „Hallo Mannheim!“ in die Menge schreien, sang Schneider seine Begrüßung. Natürlich klang das bewusst schräg, während die Band die Zeilen („Mannheim, schön, dass ihr da seid!“) mit einem zart dahinfließenden Jazz-Groove unterlegte. Man nimmt es ihm ab, wenn er im Anschluss erzählte, dass er am Tag zuvor anreiste, um die Stadt anzuschauen, sich aber dann mit dem Klapprad verfuhr.

„Ich wollte mir Mannheim anschauen, aber das Maimarktgelände
war so groß und ich habe nicht rausgefunden“,

sprach er und hatte direkt die Lacher auf seiner Seite. Dafür schaute er sich ein Konzert mit Deutschlands Rock-Lady Doro und der Band Hammerfall an und sinnierte darüber, was eigentlich Heavy Metal ist: „Heavy Metal heißt Schwermetall, da trägt man Leder. Das geht nur mit Leder, denn Leder ist ja Schwermetall“. Einen tieferen Sinn darin zu suchen, ist natürlich vergeudete Zeit. Genauso wie bei dem Stück „Klapperstrauß“, dessen Text nur aus diesem einen Wort besteht, das er im Stakkato wiederholt. Dazwischen servierte ihm sein treuer Bühnendiener Bodo (seit 22 Jahren dabei) immer wieder Tee, was er mit der Aussage, „viele Künstler trinken Tee, viele aber auch nicht!“ kommentierte. Zwei Stunden lang plauschte er gemütlich, zeigte immer wieder sein musikalisches Talent an der Gitarre oder dem Piano, witzelte über Mannheim („Mannheim sieht von oben aus wie ein Kreuzworträtsel“), machte sich wahlweise über Peter Maffay oder Udo Lindenberg lustig, ließ den Ausdruckstänzer Sergej Gleithmann als „Meisenmann“ über die Bühne flattern und lieferte seine größten Hits, sofern man im Kontext mit Schneiders Musik von Hits sprechen kann. Der „Telefonmann“ durfte da genauso wenig fehlen, wie „Es gibt Reis, Baby“, „Die Wurstfachverkäuferin“ oder „Sommer, Sonne, Kaktus“. Immer wieder wurde das Ganze musikalisch garniert mit instrumentalen Ausflügen in den Jazz, bei denen auch mal ein Bossa Nova zum Zuge kam oder Schlagzeuger Pete York ein famoses Solo hinlegen durfte. Nach zwei Stunden Nettospielzeit verließ das Publikum glücklich und zufrieden das Palastzelt, womit zugleich das zweite Zeltfestival auch einen gelungenen Abschluss fand.

Fazit: Helge Schneider lieferte an diesem Abend in Mannheim allerbesten Fanservice und führte durch 30 Jahre seines eigenwilligen Programms. Nur seinen größten Hit, „Katzenklo“, spielte er nicht. Helge Schneider ist allerdings auch bekannt dafür, Publikumserwartungen zu unterlaufen.