Autor: Dr. Karl-Heinz Büchner für den Humanistischen Verband Deutschland (HVD), Landesverband RLP, Gruppe Worms
Ein ganzes Buch über ein komplexes Thema zu schreiben, ist nicht besonders schwierig, wenn man das Thema beherrscht; ein kürzerer Aufsatz ist schon viel schwieriger und eine viertel Seite eine echte Herausforderung. Warum?
Weil Komplexität die differenzierte Betrachtungen ihrer unterschiedlichen Auswirkungen erfordert, was nicht immer einfach ist. Ich will es deshalb hier bei einer Begriffsdefinition bewenden lassen.
Humanismus heißt, den Menschen und nur ihn in den Mittelpunkt seiner Bemühungen zu stellen, was bedeutet, Menschen- und Bürgerrechte als oberste Richtschnur des eigenen Handelns zu sehen. Das hat zur Folge, dass man sich nicht in die Arme eines (angenommenen) Gottes flüchten und sich damit von der mühevollen Aufgabe entbunden fühlen darf, sich den Problemen der Gegenwart stellen zu müssen. Alleine daran lässt sich bereits erkennen, inwiefern sich der Humanismus des 21. Jh. von dem klassischen Renaissance-Humanismus unterscheidet, der in einer Zeit entstand, als Bürger- und Menschenrechte noch unbekannt waren. In der Jetztzeit versteht man unter dem Oberbegriff Evolutionärer Humanismus eine neuere, wissenschaftsgeprägte Strömung innerhalb der humanistischen Weltanschauungen, die von Julian Huxley, dem ersten Generaldirektor der UNESCO begründet wurde. Damit geriet er schon früh in Gegensatz zum christlichen Konzept eines auf Gott ausgerichteten Lebens. Von beiden Seiten werden diese Ansätze als miteinander unvereinbar angesehen. Das wird auch in den Kernsätzen des Evolutionären Humanismus deutlich, die Humanisten auf ihre Fürsorge gegenüber der gesamten Menschheit, einschließlich der zukünftigen Generationen verpflichten und eine rationale Weltsicht unter Anwendung wissenschaftlicher Methoden und freier Recherche fordern, um die Probleme des menschlichen Wohlergehens zu meistern. Der Humanismus des 21. Jh. kennt keine religiösen Dogmen und erlegt seinen Anhängern kein Glaubensbekenntnis auf. Er ist daher in Bildung und Erziehung frei von jedweder Indoktrination. Zu den wichtigsten Merkmalen des humanistischen Selbstverständnisses gehört die Erkenntnis, dass es kein Recht gibt, nicht gekränkt zu werden oder widersprechende Meinungen nicht hören zu müssen. Humanisten vertreten vielmehr die Ansicht, die beste Reaktion auf eine Meinung, Anschuldigung oder Behauptung, mit der sie nicht übereinstimmen, sei eine passende Antwort darauf.