Joern-Hinkel

„Ein Regieassistent ist jemand der die Schnittstelle zu allen anderen Bereichen bildet. Klassischerweise ist es eine organisatorische Tätigkeit, die eine künstlerische Befähigung erfordert“, erklärte Joern Hinkel in einem Gespräch mit WO!. Doch der in Berlin geborenen Regisseur ist längst mehr als nur einfach der Regieassistent des Regiezampanos Dieter Wedel. Ihn auf diese Rolle zu reduzieren, würde dem jedoch nicht gerecht werden. Nicht umsonst findet sich in den Werbebroschüren unter seinem Namen die Bezeichnung „persönlicher Referent des Intendanten“, denn Hinkel ist längst viel mehr als nur das Organisationstalent.

Foto: Stefan Ahlers

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„Ich bin Dieter Wedels erster Gesprächspartner oder aber auch der erste Fragensteller beim Entwickeln neuer Ideen. Wir sitzen zusammen und spielen gemeinsam verschiedene Ideen durch“. Bei der Entwicklung des Manuskripts für die aktuelle Nibelungeninszenierung war das konkret der Gedanke, an welcher Stelle hätte die Geschichte anders verlaufen können? Wie er einräumt, ist das ein langer Prozess, der sich oftmals über Monate zieht. Überhaupt ist der Arbeitstag eines Joern Hinkel nur schwer in feste Zeiten einzubinden. Gerade in der entscheidenden Probephase ist er für das Großprojekt fast rund um die Uhr im Einsatz. Dass Joern Hinkels Weg eines Tages zur Regie führen würde, war ihm schon früh klar. So gab es drei Erlebnisse, die er mit dieser Berufswahl verband. „Als kleiner Junge hörte ich mit Begeisterung Hörspiele wie „Die drei ???“. Auf den Rückseiten der Schallplatten waren Cover anderer Episoden abgebildet. Da ich die nicht hatte, fing ich an, mir selbst Geschichten zu diesen Bilder auszudenken und vertonte die anschließend als Hörspiel“. Natürlich gab es auch die klassischen Rollenspiele mit anderen Kindern, bei denen sie Geschichten erfanden und diese im Wald nachspielten.

Das prägendste Erlebnis war jedoch, als er mit ungefähr sechs Jahren den Film „Jesus von Nazareth“ sah. Damals fand er die Kreuzigungsszene unerträglich. Um diese zu verarbeiten, begann er Szenen aus dem Film nachzuspielen. Weiterhin begann er sich damit zu beschäftigen, wie solch eine Szene so echt dargestellt werden konnte. Schließlich, wie er hinzufügte, sei Theater oder Film nichts anderes als die Simulation des Lebens. In Berlin geboren, aber aufgewachsen in der bayrischen Idylle am Starnberger See, führte auch der Weg in der Schule immer wieder in die eine Richtung. Natürlich fand er sich schnell wieder im Schultheater, genauso fand er auch Lehrer, die ihn in diesem Wunsch bestärkten. Obwohl seine Eltern anfangs von diesem Weg nicht überzeugt waren, schenkten sie ihm mit 13 Jahren eine Super 8 Kamera. Zusammen mit seiner Clique begann man, Filme zu drehen. Anfangs noch Märchenfilme, später wurden es dann selbstgeschrieben kleine Jugendfilme.

Im Nachhinein glaubt Hinkel, war es auch von großen Vorteil, auf dem Land aufzuwachsen, da man dort gezwungen sei, sich stärker mit sich selbst auseinanderzusetzen. Nach Beendigung der Schule bewarb er sich an der Bayerischen Theaterakademie Opern- und Theaterregie bei August Everding. Obwohl nicht besonders gut vorbereitet, fiel die Wahl auf ihn. Fünf Jahre arbeitete er danach als Opernregisseur und gründete nebenbei ein eigenes Theaterensemble. Schon immer geprägt von einer Liebe zu Kino, verschlug es ihn in die Filmbranche, wo er sich anfangs auch als Kabelträger verdingte. Im Jahr 2000 kam es zur ersten Zusammenarbeit mit Dieter Wedel. Dort fiel dem erfolgreichen TV Regisseur Hinkels Blick für Schauspieler und Dramaturgie auf. Eigentlich war nach den aufwändigen Dreharbeiten, die ein Jahr dauerten, geplant, ein kleineres Projekt anzugehen. Doch die Dinge entwickelten sich anders. Schauspieler Mario Adorf fragte Wedel, ob er die Regie bei einer Freiluftinszenierung in Worms übernehmen wolle.

Mit den Worten: „Das wird ein tolles Abenteuer“, zog man schließlich 2002 nach Worms, um gemeinsam die von Moritz Rinke geschriebene Neufassung der „Nibelungen“ zu realisieren. Tatsächlich gestaltete sich das erste Jahr als eine große Herausforderung, das von allen Beteiligten selbst viel Energie abverlangte. Für Joern Hinkel war es mehr oder weniger seine erste größere Berührung mit dem deutschen Sagenstoff, da in der Schule selbst ausschließlich griechische Mythologie gelehrt wurde. Zwischenzeitlich dürfte sich das nach unzähligen Auseinandersetzungen mit dem Stoff nachhaltig geändert haben. Doch längst hat sich Hinkel auch abseits der Festspiele einen Namen gemacht. Mit der Nibelungenhorde inszenierte er den prämierten Jugendfilm „Alle Tage wieder“ sowie das Bühnenstück „Winterreise“. Ein ungewöhnliches Thema wählte er für seinen 2006 entstandenen Dokumentarfilm „German Cowboy“. In diesem begleitete er eine Deutschlandreise von München nach Hamburg, die der zentrale Protagonist auf dem Rücken eines Pferdes bewältigte.

Aktuell arbeitet er an einem Imagefilm für die Stadt Worms, der im Laufe dieses Jahres seine Premiere feiern wird. Mit Wedel selbst verbindet ihn längst mehr als nur eine Arbeitsgemeinschaft. Wie Hinkel bei der diesjährigen Pressekonferenz erklärte, hatte man sich im letzten Jahr nach 12-jähriger Zusammenarbeit auch das „Du“ angeboten. Mit dem Regisseur arbeitete er an dessen TV Filmen „Papa und Mama“, „Gier“ und „Mein alter Freund Fritz“. Hinkels Tätigkeit ist längst nicht mehr nur auf die des Regieassistenten beschränkt, immer wieder übernimmt er auch kleinere Rollen, sowohl in den Filmen als auch bei den Festspielaufführungen. Wohin der Weg nach 2014 geht, wenn Dieter Wedel zum letzten Mal die Nibelungen inszeniert, vermag Joern Hinkel noch nicht genau zu sagen. Eigene Projekte als Regisseur sind zumindest nicht ausgeschlossen, ebenso wie eine weitere Zusammenarbeit mit dem Festspielregisseur. Erst mal gilt jedoch die gesamte Konzentration der aktuellen Aufführung. Was das eingespielte Team sich für die Zuschauer ausgedacht hat, davon kann man sich ab dem 5. Juli selbst ein Bild machen.

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