Nibelungen-Festspiele informieren über die kommende Uraufführung „Der Diplomat“
Gemeinsam mit dem Freundeskreis der Nibelungen-Festspiele luden selbige Sponsoren und Presse zu einem ersten Einblick, was die Besucher der Festspiele im nächsten Jahr erwarten wird, in den Mozartsaal. Hierfür versammelten sich Regisseur Roger Vontobel, Intendant Nico Hofmann, der Künstlerische Leiter Thomas Laue und das Autorenduo Feridun Zaimoglu und Günter Senkel, um über das Stück „Der Diplomat“ zu sprechen, das vom 12. bis 28. Juli 2024 vorm Wormser Dom zu sehen sein wird.
Zunächst gab es aber eine positive Meldung von der Landesregierung. Die rheinland-pfälzische Kulturstaatsministerin, Katharina Binz, teilte nämlich mit, dass das Land die bisherige Fördersumme von 680.000 auf 750.000 Euro angehoben hat. In Anbetracht steigender Preise und Löhne ist das ein wahrhafter Segen, zumal auch an den Festspielen die Sparmaßnahmen der Stadt nicht gänzlich vorbeigehen. Derzeit beläuft sich das Budget auf 4,2 Millionen Euro. Der städtische Zuschuss liegt bei 1,7 Millionen Euro. Binz begründete das Engagement des Landes damit, dass die Festspiele weit über die Grenzen von Rheinland- Pfalz wahrgenommen und diskutiert werden und das Publikum von nah und fern nach Worms käme. Zudem ergänzte sie, dass man sich in Mainz natürlich der angespannten Haushaltslage in Worms bewusst sei, aber man gerade in solch schwierigen Zeiten Kultur dringend benötige. Ganz in diesem Sinne betonte der bekannte Filmproduzent und Festspiel Intendant Nico Hofmann die überregionale Strahlkraft. Thomas Laue machte indes darauf aufmerksam, dass die Festspiele auch ein gemeinschaftsstiftendes Element sowie Werbung nach außen seien und nicht zuletzt auch Wirtschaftsfaktor. Da es an diesem Abend nicht nur darum gehen sollte, warum die Fest- spiele wichtig für Worms und das Land sind, wandte sich der Moderator des Abends, Thomas Laue, schließlich den kreativen Köpfen zu, allen voran den beiden Autoren Zaimoglu und Senke.
Eine Nebenfigur wird zur Hauptfigur
Zaimoglu und Senkel sind keine Unbekannten in Worms. 2018 wurde deren Stück „Siegfrieds Erben“ unter der Regie von Roger Vontobel erfolgreich aufgeführt. Während sich die beiden beim letzten Stück mit den Folgen des Gemetzels an Etzels Hof auseinandersetzten, kehren sie nun an den Vorabend des Krieges zurück. Jener Moment, als Dietrich von Bern im Wissen, dass Kriemhild Rache üben möchte, den Wormsern entgegen reitet, um die Katastrophe noch abzuwenden. War Dietrich von Bern bisher eher eine Nebenfigur, steht er dieses Mal im Mittelpunkt der Erzählung. Inspiriert wurden die Autoren von den realen Ereignissen rund um den Überfall Russlands auf die Ukraine und den bisher vergeblichen Vermittlungsversuchen. Beispielhaft schilderte Thomas Laue das Bild, das um die Welt ging, als Olaf Scholz an einem überdimensionalen Tisch Putin gegenüber saß, um den Krieg zu verhindern. Etwas, was ihm bekanntlich nicht gelang. Senkel bezeichnete dann auch diesen Konflikt, diplomatische Lösungen vs. Kriegstreiberei, als Urkonflikt. Das Spannende an Dietrich von Berns Figur sei dabei, das er als früherer König wisse, welches Leid der Krieg über die Menschen zu bringen vermag. Theorien besagen, dass die Sagenfigur des Dietrich von Bern an den historischen Ostgotenkönig Theoderich den Großen angelehnt ist, der in der Provinz Ravenna herrschte. Das Bern im Namen des Exil Königs Dietrich steht übrigens nicht für die Schweizer Stadt, sondern für den mittelalterlichen Namen des italienischen Verona in Anlehnung an das Vorbild Ravenna. Während Theoderich seinem Reich erhalten blieb, wurde die Sagenfigur Dietrich aus seinem Reich vertrieben und fand schließlich Zuflucht bei den Hunnen.
„Frage mich, warum wir nichts lernen?“
Im Nibelungenlied wird diese Zuflucht alsbald zur Hölle. Die soll sich dann auch auf der Bühne wiederfinden, da Teile des Stücks während der mörderischen Auseinandersetzung spielen werden. Regisseur Vontobel, der mit dieser Inszenierung nach „Siegfrieds Erben“ und „Hildensaga.ein königinnendrama“ sein Triple in Worms vollmacht, versprach in diesem Kontext die „düsterste Kriemhild“, die es bisher zu sehen gab. Nicht minder pessimistisch fiel in dem Gespräch sein Blick auf die Welt aus. „Die Welt braucht viel Licht, ich sehe aber nur Düsternis.“ Ehe die Autoren eine kleine Kostprobe ihres Textes vor- trugen, schloss Nico Hofmann mit ebenso pessimistischem Tonfall: „Frage mich, warum wir nichts lernen“. Mit Ausblick auf das kriegerische Treiben vor dem Wormser Dom ist es womöglich etwas unpassend, von Vorfreude zu sprechen. Spannend und visuell beeindruckend dürfte es allemal werden, wenn Vontobel die Zuschauer zu einer Reise in die Finsternis einlädt. Oder ist es am Ende doch die Hoffnung, die triumphiert?
Text: Dennis Dirigo
Foto: Andreas Stumpf