10. Mai 2018 | Nationaltheater Mannheim:
Derzeit arbeitet der Schweizer Regisseur an dem aktuellen Festspiel-Stück „Siegfrieds Erben“. Zuvor war er jedoch u.a. für das Nationaltheater Mannheim tätig, wo er zwei Opern inszenierte, „Aida“ und „Fidelio“. Letztere unterzogen wir nun einem kritischen Blick.
Eigentlich ist Vontobel ein Mann des Schauspiels. Da er aber die Herausforderung liebt, wagte er sich in der Nachbarstadt Mannheim an zwei Opern, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Da ist auf der einen Seite Verdis opulente, extrovertierte Ägypten-Oper „Aida“ und auf der anderen Beethovens einzige Oper „Fidelio“, mit ihrem kammerspielartigen Charakter und den politischen Untertönen. Das Erstaunliche ist, dass man bei Vontobel den Unterschied kaum merkt. Wie schon bei „Aida“ neigt der Regisseur unverhohlen zum Pathos und lässt das Orchester unter der Leitung des Chefdirigenten Alexander Soddy mit musikalisch gleichförmigem Bombast durch die Oper gleiten. Das Bühnenbild schwankt hierbei zwischen Minimalismus und Futurismus, unterstreicht aber gekonnt das klaustrophobische Setting einer Kerkerzelle. Vontobel konzentriert sich in seiner Adaption voll und ganz auf Florestan, der Opfer einer Intrige ist und deswegen unschuldig im Kerker vor sich hin vegetiert. Von hier aus halluziniert das Opfer die Geschichte, die ihn dorthin brachte und konfrontiert die Zuschauer mit der Fantasie des Regisseurs, in der böse Charaktere offenbar ihren Ursprung irgendwo zwischen Addams Family und Mad Max haben. Die Hauptfigur Fidelio, eigentlich Florestans Frau, die sich als Mann verkleidet in den Kerker schmuggelt, findet ihre Inspiration dagegen eher im Reich der Manga Comics. Vontobels Stärken zeigen sich immer dann, wenn die Oper in den Hintergrund rückt und die Bühne dem gesprochenen Wort gehört. Dann fallen ihm intime Szenen ein, die Florestans Martyrium greifbar machen.
Fazit: Spätestens wenn Vontobel singende Engel auf die Bühne entlässt, die Gefangenen sich wieder in Freiheit wähnen und beim Orchester jegliche Dämme brechen, weiß man, Vontobel ist definitiv kein Mann der kleinen Gesten.