Autor: Richard Grünewald (Sprecher) für das Bündnis Hoher Stein
Versuchungen müssen nicht immer hübsch sein. Manchmal sind sie auch einfach nur groß, hässlich und gefräßig. Wenn ein Konzern wie Metro einen Logistikstandort sucht, ist das für Kommunen immer eine Versuchung, bei der gute Vorsätze der nachhaltigen Landnutzung leicht über Bord geworfen werden. Die kurzfristige Hoffnung auf Jobs – wenn auch teils in der untersten Lohngruppe – kann dann langfristige Überlegungen ausschalten.
Dass dem in Worms nicht so ist, liegt allein daran, dass 9.000 Bürgerinnen und Bürger in einem ebenso breiten wie fundierten Bündnis dem 140-Hektar-Gewerbegebiet „Am Hohen Stein“ den Garaus gemacht haben. Nur weil schlicht keine großen Flächen da sind, setzt sich die Einsicht durch, dass noch mehr Logistik für Worms nicht hilfreich, sondern riskant wäre, weil es die Abhängigkeit von einer speziellen Branche noch vergrößern würde. Aufgrund der Lage des Hohen Steins westlich der A 61 und fernab jeglicher Infrastruktur wie Schiene, Rhein, ÖPN war allen Dementis zum Trotz immer klar, dass dies ein Logistik-Zentrum geworden wäre. Denn Logistiker haben mit den größten Flächenhunger von allen Branchen – und selten wird pro Hektar weniger verdient. Nur weil die Kulturflächen am Hohen Stein aus den Planungen gestrichen werden mussten und weiterhin als Lebensraum und zum Anbau von Lebensmitteln dienen, kann man heute Volker Roth zustimmen und Flächenbegehren von Logistikern ebenso kritisch wie gelassen sehen. Unter dem Druck dieser Realitäten wird vielen klar, dass Worms mit dem knappen Gut der Fläche sparsam und effektiv umgehen muss.
Oder verpasst unsre Stadt nicht doch eine Chance mit der Logistik?
Wie lange war Metro in Gimbsheim? Nach nur 15 Jahren packt der Konzern dort schon wieder seine Koffer, das ist kein nachhaltiges Investment. Daher hatte Metro auch nicht selbst gebaut, sondern nur gemietet. Eine kurzfristige Aufgabe des Standortes ist also stets eine Option gewesen. Ebenso schnell hätte auch ein Wormser Standort wieder aufgegeben werden können.
Umweltauflagen in Gimbsheim nie erfüllt
Während der Jahre, die Metro umworbener Gast in Gimbsheim war, hat das Unternehmen die behördlichen Umweltauflagen zur Eingrünung und Ausgleichsmaßnahmen nie erfüllt. Im Gegenteil, es wurden sogar vorhandene Bäume gestutzt, die den riesigen Gebäudeblock wenigstens etwas hätten in die Landschaft einbinden können, wie der NABU-Vorsitzende Matthias Bösl weiß. (Die gleiche Kritik musste sich dieser Tage auch die VG Monsheim anhören, wo die mangelnde Einbindung des Deichmann-Lagers ins Landschaftsbild zum Punktabzug beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ führte.)
Verkehrswege leiden
Welchen Verschleiß an Straßen Logistiker verursachen, hat in Worms sogar Fachleute überrascht. So muss der Endausbau der B9-Parallelentlastung vorgezogen werden, da die bisherige Baustraße, bedingt durch den stark frequentierenden LKW-Anteil der dortigen Firmen, Schaden zu nehmen droht.
Wertvolles Gebiet
Dieses Jahr 2015 hat mit seinem trockenheißen Sommer an zwei Punkten nochmals deutlich werden lassen, dass es nachhaltig und klug war, den Hohen Stein zu erhalten. Karl Müller erklärt: „Auf dem dortigen Höhenzug liegt ein Kaltluftentstehungsgebiet, ohne das es in Pfeddersheim und im Wormser Westen sowie im Eisbachtal noch etwas heißer und unerträglicher geworden wäre.“ Markus Zechner ergänzt von Seiten der Landwirtschaft: „Bei der diesjährigen Getreideernte konnten wir auf den Lößböden am Hohen Stein mit ihrem guten Wasserspeichervermögen noch hochwertiges Brotgetreide mähen, während auf schlechteren Böden Weizen und Gerste nicht die notwendigen Eiweißgehalte erreichten.“
Lobby für Lebensgrundlage Boden
Im Team des Bündnis Hoher Stein ist man sich darüber im Klaren, dass die Diskussion über Gewerbeflächen nicht zu Ende ist und spätestens nach der Verabschiedung des künftigen Flächennutzungsplanes wieder an Fahrt aufnehmen wird. Einer maßvollen und gut platzierten Entwicklung, die vor allem auf hochwertige Jobs und die Förderung ansässiger Unternehmen zielt, werden wir uns dabei nicht verschließen. Vor allem aber werden die zahlreichen Verbände aus Umweltschutz, Landwirtschaft, Jagd und Bürgerschaft, die im Bündnis Hoher Stein die Weichen für eine verantwortungsvolle Bodennutzung gestellt haben auch weiterhin ein wachsames Auge auf unsere wertvolle Lebensgrundlage Boden haben.