„Mich interessierte an Mystery Dramen, dass sie die Grenzen der Logik sprengen können“

Ein Mann steht auf dem Teppich, als plötzlich seine Füße offenbar ein Eigenleben entwickeln und ihn unfreiwillig dazu nötigen, sich einem seltsamen Tanz hinzugeben. Diese kleine Szene in der Mitte des Kurzfilms „Johnny Lonesome“ ist eine Schlüsselszene und zugleich charakteristisch für den mysteriösen Film, der am 27. März in der Kinowelt Worms seine Premiere feierte.

„Johnny Lonesome“ ist nach rund zehn Jahren der zweite Kurzfilm des in Freiburg lebenden Wormsers FLORIAN SCHÄFER. Gedreht wurde er im vergangenen Jahr an zwei Wochenenden in Worms (siehe auch WO! 12/21). Gerademal elf Minuten dauert der Film, dennoch schafft es der Hobby Regisseur Schäfer mit wenigen Szenen und noch weniger Dialogen, den Zuschauer in die düstere Welt des Johnny Lonesome zu ziehen. Erzählt wird die Geschichte von dem Autoverkäufer und leidenschaftlichen Westernfan Johannes, der nach dem Tod seiner Mutter in deren Haus zieht. Nach und nach beginnt der eigentlich cool auftretende Cowboyhutliebhaber, sich zu isolieren. Doch die Isolation kommt wohl nicht ganz freiwillig, denn irgendetwas scheint ihn in seinen Bann zu ziehen. Der eingangs erwähnte Teppich scheint auf ominöse Weise mit den Geschehnissen im Zusammenhang zu stehen. Vor rund 40 Besucher/innen wurde der Film auf Einladung von Kinochef PATRICK MAIS am 27. März nun erstmals der Welt gezeigt.

Spannende Einblicke in den Entstehungsprozess

Im Anschluss an den eigenwilligen Film, der entfernt an Kafkas Paranoia Erzählungen oder Roman Polanskis „Ekel“ erinnert, wusste der Filmemacher Interessantes rund um den Entstehungsprozess zu berichten. Polanski und Kafka kamen dabei zwar nicht vor, aber Schäfer verriet, dass insbesondere Horrorfilme von John Carpenter und aus dem Italien der 70er Jahre Einfluss auf die Inszenierung und Entwicklung der Geschichte hatten. Schäfer hierzu: „Mich interessierte an Mystery Dramen, dass sie die Grenzen der Logik sprengen können.“ Beispielhaft verwies er auf die Tanzszene, die für ihn das künstlerische Highlight des Films ist. In seiner Vorstellung war die Szene eigentlich weniger bedeutsam, doch dann bestand der aus- gebildete Schauspieler und Hauptdarsteller CEDRIC CALVATORE auf eine Choreografie, da er mit Tanzszenen keine Erfahrungen hatte. Man wurde fündig, entwickelte gemeinsam die Abfolge und schuf so eine skurrile Szene, die zugleich das Herz dieser Reise in die Finsternis ist. Nicht unbedingt in Verbindung zu dem düsteren Kern der Geschichte steht Florian Schäfers Liebe zum Western. Auch die sollte in dem kurzen Film ihre Erwähnung finden. Das ist auch der Grund, warum der tragische Titelheld Johannes gerne mit Cowboyhut und Westernstiefel über den Parkplatz seines Arbeitsplatzes marschiert. Eine inhaltliche Annäherung gibt es zumindest in der Kernbotschaft. Wie Schäfer dem Publikum verriet, ist das der Kampf eines Mannes gegen sein Schicksal.

Helfende Hände aus Worms

Um das auf Film zu bannen, benötigte der Regisseur natürlich viele helfende Hände und die fand er in Worms und im näheren Umfeld seiner Familie. Wichtigster Partner war nämlich sein Cousin ALEXANDER WALKENBACH, mit dem er das Drehbuch verfasste und der auch als Regieassistent tätig war. Nahezu alle Nebenrollen wurden wiederum mit Wormser Gesichtern besetzt. Unterstützung gab es von Seiten der Nibelungenhorde (JENS KALTSCHMIDT und JANA SCHELLENSCHLÄGER) und dem omnipräsenten künstlerischen Tausendsassa PETER ENGLERT, der in einer kurzen Szene einen Möbelpacker spielt. Viel Einsatz gab es von den ehrenamtlichen Helfern des Offenen Kanal Worms. Die unterstützten Schäfer bei der technischen Umsetzung und sorgten für den richtigen Ton und eine gelungene Kameraführung. MICHAEL MEIERHOFER und TOBIAS HACK traten zudem als Leichenbestatter vor die Kamera. Gezeigt wird der Film zunächst auf diversen Kurzfilmfestivals, ehe er bei „You Tube“ für alle Interessierten zugänglich gemacht wird. Eine Sichtung dieses eigenwilligen, aber faszinierenden Films lohnt sich auf jeden Fall.

 

Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf