Als Corona auch Worms veränderte

Es war der 11. März, als auch in Worms die Zeitenwende begann und Corona zusammen mit einem 16-jährigen Schüler in die Nibelungenstadt Einzug hielt. Auf einer eiligst einberufenen Pressekonferenz informierte Oberbürgermeister Adolf Kessel, dass der junge Mann ein Schüler des Gauß-Gymnasium-Worms sei. Dieser hatte sich in Südtirol während eines Skiurlaubs infiziert, ging aber zunächst weiter in die Schule bis er positiv getestet wurde.

Als Sicherheitsmaßnahme beschloss der neu gegründete Krisenstab der Stadt Worms am Folgetag (12.03.) das gesamte Bildungszentrum zu schließen. Noch am selben Tag wurden auch alle weiteren Schulen geschlossen. Samstags (19.03.) informierte die Stadt darüber, dass eine Klassenkameradin des Jungen ebenfalls positiv getestet wurde. Zunächst plante man, die Schulen nur bis zum Ende des Wochenendes zu schließen. Danach sollte der Krisenstab über das weitere Vorgehen entscheiden, doch die bundesweite Dynamik nahm der Stadt das Handeln aus der Hand. Nach verschiedenen Schritten, in denen das öffentliche Leben in Deutschland zunehmend zum Erliegen kam, verkündeten Bund und Länder am 22. März eine weitreichende Kontaktsperre. Auf öffentlichen Plätzen durften fortan maximal zwei Personen Kontakt haben. Die meisten Geschäfte, bis auf wenige Ausnahmen wie Gastronomie (Abhol- und Lieferservice) und Supermärkte, mussten schließen. Damit begann auch die Krise von Kulturtreibenden und -schaffenden. Zwar wurden eiligst milliardenschwere Rettungspakete vom Bund aufgelegt, doch die Hilfe glich eher einem Sturm im Wasserglas, da viele Details dafür sorgten, dass insbesondere Soloselbständige wenig bis gar keine Unterstützung bekamen. Ein paar Wormser Gastronomen, zu denen unter anderem FELIX JÄGER (Ex-Besitzer Die Funzel) oder KEVIN JORDAN (Schwarzer Bär) gehörten, versuchten mit der Aktion „95 Tresen – 95 Existenzen“ auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Ein besonders tragisches Opfer der Corona Politik war CHRISTIAN FEIN, der Mitbegründer der Initiative war und kurz vor Beginn des Lockdown die Kultkneipe BB on the Rockzz übernahm. Fein investierte in den Folgenmonaten viel Geld in ein Hygienekonzept und verlor sich zudem im Dschungel der Bürokratie. Dokumente gingen verloren und tauchten erst nach vielen Telefonaten wieder auf. Ohne seine Kneipe jemals eröffnet zu haben, gab er entnervt auf, fand Nachmieter und verließ Worms mit einigen Tausend Euro weniger in der Geldbörse. Nachdem sich die Gastronomie über den Sommer hinweg einigermaßen erholte folgte am 2. November ein zweiter Lockdown, von dem allerdings nur Gastronomie und Kultur betroffen waren. Kurz zuvor erließ bereits die Stadt Worms eine Allgemeinverfügung, da der Inzidenzwert in der Stadt deutlich über der magischen Grenze 50 lag. Es war der Beginn der Maskenpflicht in der Fußgängerzone, deren Sinn sich bis heute nicht wirklich erschließt. Schließlich erklärt einem die staatlich entwickelte Corona Warnapp, dass man mindestens zehn Minuten in einem geschlossenen Raum mit einer infizierten Person auf kurzer Distanz verbringen muss, um sich zu infizieren. Das dürfte in der Fußgängerzone eher nicht der Fall sein. Doch Corona ist auch das Zeitalter des politischen Aktionismus. Maßnahmen werden erlassen, um ihrer selbst willen. An der steigenden Anzahl positiver Tests ändern Maskenpflicht und Teil-Lockdown nichts, weshalb sich der Bund Anfang Dezember dazu entscheidet, nun einen „Harten-Lockdown“ (seit 16.12.) zu verhängen. Für Wormser Einzelhändler bedeutet das Zugleich das Aus für das Weihnachtsgeschäft und damit schwere wirtschaftliche Konsequenzen. Die Zahlen steigen vorerst trotzdem weiter. Das Gesundheitsamt Alzey-Worms vermeldete bis zum 29. Dezember 20 Todesfälle in der Nibelungenstadt, darunter auch ein Mann zwischen 30 und 40 Jahre alt, dennoch ist in der Stadt keine Übersterblichkeit zu verzeichnen. Die meisten Todesfälle waren hochbetagte Menschen in Pflegeheimen, wo das Virus immer wieder zuschlägt. Für die Landtagskandidaten und Altenpflegerin HEIKE MEHLMANN kein Wunder. WO! gegenüber erklärte sie, dass es für sie unverständlich sei, warum die Regierung Pflegeeinrichtungen bis heute nicht besser schützt. So sind Schnelltests für Besucher nicht verpflichtend, was zur Folge hat, dass das Virus weiterhin ein und aus geht. Auch für Schüler entwickelte sich der Schulbeginn nach den Sommerferien nicht gut. Bund und Länder setzten vor allem auf Masken und Lüften. Dass man zuvor die Schüler in überfüllte Busse zwängte, schien der Politik zunächst nicht besonders zu interessieren. Erst nach mehreren Vorfällen, die die Quarantäne ganzer Klassen zur Folge hatte, versuchte man eiligst ein paar zusätzliche Busse (3) zu organisieren. Für eine Lösung sorgte schließlich der Bund mit der erneuten Schließung kurz vor Beginn der Weihnachtsferien, ungelöst ist jedoch die Frage, wie es 2021 weitergeht? Insgesamt wurden in Worms 2020 1.540 Menschen positiv getestet. Grenzwertig entwickelte sich zum Jahresende die Intensivkapazitäten im Wormser Klinikum (11 Betten noch frei). Zu hoffen bleibt, dass mit dem Beginn der Impfungen ab dem 7. Januar eine schrittweise Rückkehr zur Normalität möglich ist.