16. Oktober 2020 | Das Wormser Theater:

Mit nur 69 Jahren verstarb im Jahr 2016 das große musikalische Chamäleon der britischen Musikszene, David Bowie, viel zu früh an den Folgen einer Lungenkrebserkrankung. Wie sehr der Mann fehlt, der immer wieder auf der Bühne die Auseinandersetzung mit Identitäten suchte, veranschaulichte diese Tribute Show, die durch das abwechslungsreiche Werk führte und dabei unterstrich, dass die Magie eines Songs nicht nur im perfekten Ausdruck eines Solos liegt.

Bevor man allerding in den Genuss von Klassikern wie „Space Oddity“ oder „China Girl“ kam, galt es erstmal, den ausgeklügelten Sicherheitsparcours zu überwinden, den man sich im Wormser Theater ausgedacht hat, um das Risiko von unfreiwilligen Begegnungen auszuschließen. Nicht von ungefähr erweckte das Theater Erinnerungen an einen Hochsicherheitstrakt. Sonst von Menschen bevölkert, erwartete den Gast ein menschenleeres Foyer, denn die Gäste werden nach der Registrierung persönlich an ihren Platz gebracht. Das kurze Gespräch vor dem Stück, begleitet von einem Wein, Bier oder Limonade, ist ebenso wenig möglich wie das Flanieren in der Pause, die es aktuell sowieso nicht gibt. 250 Menschen dürften derzeit in den Theatersaal, der normalerweise 850 Zuschauern Platz bietet. So will es die Corona Bekämpfungsverordnung. Nachdem immer wieder Meldungen über die Verbreitung von Aerosolen bei vielen Bürgern für nachhaltige Verunsicherung sorgten, fanden sich gerade mal 100 Zuschauer im großen Theatersaal ein. Die zeigten sich allerdings von Beginn an als große Bowie Fans und begrüßten jeden Song genauso begeistert wie einen alten Bekannten. Nicht wenige dürften wahrscheinlich noch in den Genuss eines Liveauftritts des Meisters gekommen sein. Das kann man bei der siebenköpfigen Band sicherlich ausschließen, da diese ausnahmslos erst Mitte der 90er Jahre das Licht der Welt erblickten, was wiederum deren Begeisterung für den Briten keinen Abbruch tat. Im Todesjahr Bowies entschloss man sich, Auszüge aus Bowies Werk live auf der Bühne zu präsentieren. Der Anspruch der Musiker, die aus Süddeutschland kommen, ist groß. „Bowie erfand sich künstlerisch stetig neu und setzte mit seinen theatralischen Liveshows neue Maßstäbe, wie eine Rockshow zelebriert werden konnte. Heroes – David Bowie Tribute hat sich zum Ziel gesetzt, das alles in einer packenden und authentischen Liveshow darzubieten“, schreiben sie selbstbewusst auf ihrer Homepage. Markige Worte, die der Sänger Jonas Kalnbach kurz nach Beginn der Show bereits ein wenig zurecht stutzte. „Ich sehe nicht aus wie Bowie“, erklärte er und fügte hinzu, dass man nicht den Anspruch habe, Bowies Werk 1:1 wiederzugeben. Die Musiker aus Jazz und Klassik hätten das schon längst verstanden, nur in der Popmusik seien die Fans sozusagen etwas engstirniger. Eine Aussage, der man gerne widersprochen hätte. Ein Blick bei You Tube verrät, dass es unzählige Cover Versionen von Bowies Klassikern gibt. Kaum eine davon belässt es dabei, den Song originalgetreu zu replizieren. So wirkte dann auch die Ansage wie eine vorausschauende Verteidigung. Denn im Laufe des Konzerts zeigte sich, dass die Musikstudenten ihre Instrumente zwar perfekt beherrschen, es aber nicht immer vermochten, die Seele der Songs einzufangen. Gerade bei den rockigeren Nummern wie „Modern Love“, „Rebel, Rebel“ oder „Heroes“ bewegt man sich zwar sehr stark am Original, dennoch fehlte es an Dynamik. Zugleich litt die Performance auch an dem doch sehr bescheidenen Auftreten Kalnbachs, der oftmals die Bühne verließ, wenn die Musiker ihre Soloparts zelebrierten. Ein schicker Anzug, den er ohne Zweifel trug, reichte da nicht, um die Magie von Bowies Liveshows begreifbar zu machen. „Let’s Dance“, das zugleich das Finale einläutete, nutzte man zudem, um jedem Musiker in bester Jazzband Tradition seinen musikalischen Moment zu verschaffen. Das führte wiederum dazu, dass die geölte Bandmaschinerie den dramaturgischen Fluss des Konzertes behinderte. Ähnliches geschah, als man zwischen einer angerockten „This is not America“ Version und dem großartigen „Life on Mars“ Bowies Spätwerk „Lazarus“ einschob. Gerade noch in bester Partystimmung, hieß es nun, andächtig den alterweisen Lyrics zu lauschen, in denen Bowie seinen eigenen Tod besang.

Fazit: Der größte Verdienst dieser Tribute-Band war es, einerseits gezeigt zu haben, dass Konzerte auch im Zeitalter von Corona funktionieren, andererseits wieder Lust auf die Originalaufnahmen des Briten gemacht zu haben. Und das ist sicherlich nicht das schlechteste.