Politik diskutiert über Umsetzung der Fahrradstrecke Pfeddersheim nach Worms

Manchmal ist es ein Dilemma. Zwei Varianten werden erarbeitet, beide haben ihren Reiz, aber letztlich muss man sich für eine entscheiden, weil schlicht und ergreifend das liebe Geld fehlt. So geschieht es derzeit in Verbindung mit der geplanten neuen Radstrecke zwischen Pfeddersheim und Worms.

Eigentlich ist der Ursprungsgedanke die Anbindung des westlich gelegenen Stadtteils an die geplante Radschnellverbindung von Worms nach Ludwigshafen, deren Beginn in der Cornelius-Heyl-Straße liegen soll. Über den Mondscheinweg bewegt man sich schließlich Richtung Georg- Löwel-Straße in Pfiffligheim. Von dort gibt es zwei Routenvorschläge, die den Radfahrer möglichst sicher nach Pfeddersheim und wieder zurückführen sollen.

Variante 1 (Bild1)
führt über die Alzeyer Straße in die Landgrafenstraße. Von dort geht es über die Heppenheimer Straße, nördlich der Bahntrasse, nach Pfeddersheim. Dort mündet der Weg am Bahnhof. Diese Routenführung wird von der Stadtverwaltung Abt. Planen und Bauen, den Umweltverbänden und der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen bevorzugt.

Variante 2 (Bild 2 und 3)
führt den Radfahrer, der nach Pfeddersheim möchte, erst gar nicht nach Pfiffligheim. Statt vom erweiterten Mondscheinweg, der ausgebaut werden muss, auf die Georg-Löwel-Straße abzubiegen, geht es übers Land entlang der K9 (ehemals B47) Richtung Pfeddersheim. Diese Strecke wird mehrheitlich von den beiden großen Stadtratsfraktionen CDU und SPD und der Straßenverkehrsbehörde der Stadt Worms bevorzugt. Auftrieb erhielt die Diskussion um eine Radstrecke entlang der K9, nachdem im Oktober 2019 ein Radfahrer auf der Kreisstraße zu Tode kam. Kurz darauf machte sich der Landtagsabgeordnete Jens Guth (SPD) stark für diese Route. Um zu zeigen, warum diese Strecke trotz einer Überlandführung dennoch gefährlich ist, luden Bündnis 90/Die Grünen zu einem Vororttermin.

TURMFALKEN VERSUS FAHRRADWEG

Im Fokus stand insbesondere der Beginn der Route in Pfeddersheim, entlang der K9 in der Weinbrennerstraße. Richard Grünewald machte darauf aufmerksam, dass für die geplante Strecke ein Grünstreifen bis hin zu der Gärtnerei Schwahn gepflastert werden müsste, was heißt, dass Gehölz und Bäume dem Verkehr weichen. Zudem müssten verschiedene Grundstückseigner ihre Flächen verkaufen. Dazu gehört auch die Familie Schwahn, mit der die Stadt bereits Gespräche führte. Die sind zwar grundsätzlich nicht abgeneigt, erklären aber bei dem Vororttermin, dass sie mit dem Preisvorschlag nicht einverstanden seien. Ebenso kritisieren sie den damit verbundenen Kahlschlag, bei dem auch eine rund 200 Jahre alte Kiefer gefällt werden solle, in der Turmfalken leben. Auch die Sicherheit wird an dieser Stelle in Frage gestellt, da auf dem geplanten Weg die Einfahrt zu dem Familienbetrieb verläuft. Seit einiger Zeit befinden sich auf dem Gelände Automaten mit landwirtschaftlichen Produkten, die stark frequentiert werden, auch während des Vororttermins.

ABSTIMMUNG IM APRIL?

Klärung, über welche Variante im Stadtrat Anfang April abgestimmt wird, sollte eine gemeinsame Sitzung des Mobilitätsausschusses mit den Ortsbeiräten von Pfeddersheim und Pfiffligheim bringen. Aber auch die rund zweistündige Diskussion zeigte, dass die Gräben aktuell verfestigt sind. Dieter Hermann, Abteilungsleiter der Straßenverkehrsbehörde, wurde nicht müde zu betonen, wie gefährlich die Straßenquerungen seien, die die Variante nördlich der Bahnlinie verursache. Insbesondere die Verbindung über die Heppenheimer Straße in Pfiffligheim zum eigentlichen Radweg, bereite seiner Abteilung große Sorgen, da in der Straße auch zwei Bushaltestellen installiert seien. Annett Böttner, Abteilungsleitung Planen und Bauen, konterte, dass die Straße in Verbindung mit der Landgrafenstraße sowieso erneuert werden müsse und man hierfür Lösungen finden könnte.

WER NUTZT WELCHE STRECKE?

Die Ortsbeiräte sprachen sich wiederum mehrheitlich für die Überlandstrecke entlang der K9 aus, da hier deutlich weniger Begegnungsverkehr mit Autos stattfinde. Ganz in diesem Sinne betonte der für Sicherheit und Ordnung zuständige Dezernent Kosubek (CDU): „Eins ist klar, das wichtigste ist Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit!“ Kosubek ergänzte, dass man sich aber auch die Frage stellen müsse, welcher Weg eher angenommen wird. Außerdem verwies er darauf, dass man an die überregionalen Fahrer denken müsse. Und genau hier liegt die Krux! Wer schnellstmöglich zur Radschnellwegverbindung nach Ludwigshafen möchte, oder umgekehrt von dort ins Zellertal, wird voraussichtlich eher jene Strecke entlang der K9 nutzen – auch die Schüler, die nach Horchheim in die IGS Nelly Sachs fahren. Stadträtin Heidi Lammeyer (SPD), die auch im Ortsbeirat Pfeddersheim sitzt, verwies wiederum darauf, dass die meisten Pfeddersheimer, die in die Innenstadt, zum Bildungszentrum oder zum Eleonoren Gymnasium wollen, eher den Weg entlang der Bahnstrecke und anschließend über die Landgrafenstraße Richtung Stadt fahren werden. Das sah auch Baudezernent Uwe Franz (SPD) so.

EIN VERGLEICH VON ZEIT UND GELD

Ein Faktor, der ebenfalls für diese Route spricht, ist die Zeit. Sowohl Böttner als auch Franz betonten, dass man mit dieser Route in kürzester Zeit beginnen könnte, da die landwirtschaftlichen Wege entlang der Bahnlinie bereits der Stadt gehören. Bei der anderen Variante sei hingegen mit langwierigen Preisverhandlungen oder Rechtsstreitigkeiten aufgrund von möglichen Enteignungen zu rechnen. In Zahlen bedeutet das, Variante 1 könne in zwei Jahren fertiggestellt sein, während man bei der Variante 2 von mindestens fünf Jahren ausgehe. In diesem Sinne fragte Alexandra Zäuner (SPD): „Wer übernimmt die Verantwortung, wenn in den nächsten fünf Jahren erneut ein Radfahrer zu Tode kommt, weil wir uns für die aufwendigere Variante entschieden haben?“ Natürlich spielt auch das liebe Geld eine Rolle. Böttner verwies darauf, dass es aktuell ein gefördertes Spezialprogramm für Projekte gäbe, die bis Ende 2023 abgeschlossen seien. Welche Förderungen für das andere Projekt möglich sind, ist derzeit noch unklar. Unklar sind bei der zweiten Variante auch die abschließenden Kosten. Aktuell werden diese mit 2,38 Millionen Euro angegeben. Aufgrund des Zukaufs von Fläche oder eines möglichen Rechtsstreits sind die echten Kosten nur schwer zu kalkulieren. Bei der Variante 1 würden sich diese auf 2 Millionen Euro belaufen. Einigkeit herrschte in der lebhaften Diskussion darüber, dass für beide Routen noch eine Umweltuntersuchung erstellt werden müsse. Es ist allerdings zu befürchten, dass diese auch wieder dazu führt, dass das Thema nicht wie geplant Anfang April zum Abschluss gebracht wird.