Zahlreiche Konflikte in der Innenstadt beschäftigen Politik und Bürger/innen

Die Innenstadt ist Wohnort für Menschen mit den unterschiedlichsten kulturellen Prägungen, aber gleichzeitig auch Arbeitsplatz, strauchelndes Einkaufszentrum, Verkehrsweg und Tourismusziel. Das Stadtzentrum ist, gemessen an der Bevölkerungsdichte, der einwohnerstärkste Bezirk in Worms. 8.780 Menschen leben hier (Stand 2019). Nicht immer verläuft dabei das Zusammenleben so, wie sich das jeder vorstellt. 2021 taten sich gleich mehrere Konflikte auf und beschäftigten Politik, Stadt, aber auch die Polizei.

Jugendgruppen am Ludwigsplatz sorgen für kontroverse Diskussionen
Es war ein Konflikt, der schon seit Langem brodelte, allerdings erst im Frühjahr durch das selbstbewusste Auftreten eines Anwohners in den Blickpunkt der Politik geriet. Auf den ersten Blick ging es um Jugendliche, die sich immer wieder abends am Ludwigsplatz versammelten. Zunächst wandten sich Anfang März Polizei und die Stadt Worms in einer gemeinsamen Presseerklärung an die Öffentlichkeit. Darin erklärten sie, dass sie bereits seit Oktober 2020 den Ludwigsplatz verstärkt im Fokus hätten und es zu mehreren Einsätzen gekommen sei, bei denen unterschiedlich große Gruppen Minderjähriger angetroffen und kontrolliert wurden. Nicht selten belief sich die Anzahl junger Menschen in Gruppen auf 30 und mehr Personen. Ein Anwohner (Name ist der Redaktion bekannt) meldete sich kurz darauf in der WO! Redaktion und erklärte, dass die Kontrollen oft nur unzureichend seien, da sie in der Regel außerhalb der prekären Zeiten stattfänden. Schon bald zeigte sich, dass der Konflikt mehr war als nur ein Streit um Ruhestörung und rüpelhafte Verhaltensweisen. Vielmehr ist es ein Konflikt der Generationen. Im Stadtzentrum leben derzeit rund 2.800 Mädchen und Jungs. Jugendliche wollen wiederum Orte, an denen sie sich treffen können. Doch daran mangelt es im Stadtzentrum. Ein Jugendzentrum war auch 2021 in weiter Ferne. Richten sollte es ein Bauwagen, in dem Streetworker sich den auffälligen Jugendlichen annehmen sollten, bis man eine Heimat für einen innerstädtischen Jugendtreff (gemeint ist nicht das Jugendzentrum) gefunden hat. Doch daraus wurde nichts. Stattdessen sollten es Gespräche auf der Straße richten. Zwischenzeitlich ist der Winter in die Stadt eingekehrt und damit weitestgehend auch Ruhe am Ludwigsplatz. Der Anwohner ist wiederum enttäuscht weggezogen.

Kein Ballspielen auf dem Lutherplatz
Doch der Ludwigsplatz war nicht der einzige Ort, an dem Generationen aufeinandertrafen. Auch der Lutherplatz sorgte im Innenstadtausschuss am 10. November für viele Diskussionen. Während der Ludwigsplatz eher von Jugendlichen frequentiert wird, ist der Lutherplatz ein Ort, an dem sich ein buntes Sammelsurium an Menschen begegnet. Bei der Polizei bekannt als gern genutzter Drogenumschlagsplatz, ist er vor allem bei Familien mit zumeist migrantischem Hintergrund in den Sommermonaten Treffpunkt zum gemeinsamen Picknicken, Plauschen, aber auch Fußballspielen. Das ist aber eigentlich an jenem Ort verboten. Der CDU ist das wiederum nicht eindeutig genug und man stellte im Ausschuss einen Antrag auf Erlass einer eindeutigen Benutzerordnung. Im Ratssaal entbrannte eine heftige Debatte. CDU-Vertreter Dr. Jörg Koch erklärte, dass der Ort eine wichtige Tourismusachse sei, aber Müll und Fußball spielende Kinder den Platz zum Angstraum machen. Timo Horst betonte, dass das Grünflächenamt diese Beobachtungen teile. Wer im Sommer eine Zeitlang am Lutherplatz verbringt, weiß, was grundsätzlich gemeint ist. Allerdings wiederholt sich auch hier das Problem vom Ludwigsplatz, nämlich fehlender Raum für Kinder und in diesem Fall auch Erwachsene, die sich im Sommer begegnen möchten. Zugleich ist es ein Aufeinandertreffen von Kulturen und den damit unterschiedlichen Vorstellungen, wie der Platz genutzt werden soll. Letztlich wurde im Ausschuss dem Antrag zugestimmt. Dennoch dürfte allen klar sein, dass Bußgelder das Problem alleine nicht lösen werden.

Raser nerven
Aber nicht nur spielende Kinder und Müll in der Innenstadt beschäftigten den Ausschuss in dieser Sitzung, sondern auch zu schnell fahrende Autos in der Renzstraße. Die würde die SPD gerne auf eine maximale Geschwindigkeit von 30 km/h begrenzen lassen. Schnell zeigte sich in der anschließenden Diskussion, dass dieser Wunsch nicht nur auf die Renzstraße begrenzt ist. Neben der Umweltbelastung ist es vor allem der Lärm aufgemotzter oder einfach PS starker Autos, der Anwohnern gehörig zusetzt. Eine Lösung ist allerdings nicht so einfach. Eine Geschwindigkeitsreduzierung auf besagtes Tempo 30 ist gesetzlich klar definiert. So muss beispielsweise eine Unfalluntersuchung belegen, dass häufig geschwindigkeitsbedingte Unfälle in dieser Straße passieren. Geregelt ist zudem, dass Tempo 30 dann anzuordnen ist, wenn eine Kita, Schule, Förderschule, Seniorenheim, Krankenhaus oder ähnliches an der Straße liegt und einen unmittelbaren Zugang zu ihr hat. Das ist in den meisten Straßen im Stadtzentrum nicht der Fall. Die Lösung verspricht sich die Stadtpolitik von einer Resolution, der man im Stadtrat am 15. Dezember zustimmte. Dort fordern die Kommunen zukünftig mehr Handlungsspielraum ein, da diese die Gegebenheiten vor Ort am besten kennen. Wie Stadtentwicklungsdezernent Timo Horst anmerkte, sei das allerdings kein Versuch, durch die Hintertür ein flächendeckendes Tempo 30 einzuführen. Bis klar ist, ob die Resolution überhaupt Erfolg haben wird, dürften noch etliche Autos mit unangepasster Geschwindigkeit zahlreiche Mitbürger/innen nerven.

Ein Fördertopf soll es mal wieder richten
Um das angekratzte Image der Innenstadt aufzuwerten, setzt die Stadt auf das Projekt „Worms wir WOW“, das wiederum durch ein Förderprogramm des Bundes ermöglicht wird. Bis 2025 kann die Stadt finanzielle Hilfen in Höhe von 2,3 Millionen Euro beantragen. „Unser Vorhaben ist, Worms zu einer klimagerechten, nachhaltigen Stadt, die soziale und kulturelle Begegnungsorte schafft, zu entwickeln“, erklärt Bürgermeisterin Stephanie Lohr in einer Pressemitteilung zu dem Projekt. Für dieses Vorhaben kooperiert die Stadt auch mit den innerstädtischen Immobilieneigentümern. Auch das Thema Leerstand steht nämlich auf der Agenda und soll mit intelligenten Nutzungsmöglichkeiten wie „Pop-Up Stores“ angegangen werden. Wie man der Pressemitteilung von Jens Guth entnehmen kann, ist zudem die Schaffung eines neuen Citymanagements geplant, das wiederum ins Stadtmarketing integriert werden soll. Bleibt zu hoffen, dass am Ende das Geld nicht nur für neue Stellen und Konzepte genutzt wird, sondern auch spürbare Impulse für das Stadtzentrum gesetzt werden.