19. Oktober 2017 | Das Wormser Theater:

Es war schon eine kleine Sensation, als gemeldet wurde, dass der deutsche Elektro-Act Schiller für ein Gastspiel im Wormser Theater die Nibelungenstadt besuchen wird. Umso erstaunlicher, dass die Veranstalter kein „ausverkauft“ vermelden konnten. Da braucht wirklich keiner mehr zu meckern, in Worms sei nichts los.

Wer dennoch die über 60 Euro fürs Ticket zahlte, und das waren immerhin knapp 800 Zuschauer, bekam eine eindrucksvolle Show geboten, die in Sachen Sound schon mal das ehrwürdige Theater erbeben ließ. Schiller, das ist seit 20 Jahren eine Adresse für all jene, denen Techno zu hektisch ist und die sich einfach nach einer Auszeit sehnen, in der sie ihre Seele baumeln lassen können. Ganz in diesem Sinne bot der Musiker Christopher von Deylen, der von einem Schlagzeuger und einem Keyboarder rechts und links flankiert wurde, perfekten Fanservice. Dass die in Scharen ins Wormser kamen, konnte man gleich zu Beginn hören. Mit tosendem Applaus und Begeisterungsrufen wurde der unscheinbar wirkende Musiker auf der Bühne begrüßt, als würde Helene Fischer gerade einlaufen. Ohne große Umschweife stürzte er sich mit seinen beiden Kollegen in die titelgebenden „Klangwelten“. Schillers Klangwelten, das sind in ihrer Struktur streng konzipierte Songs, ausgestattet mit minimalistischen Melodielinien. Getragen werden diese von einem sphärischen Sound, der irgendwo zwischen autogenem Training, Ambient und Trance verweilt. Damit dies auf Dauer nicht zu eintönig wird, streut der erfahrene Soundtüftler immer wieder Disco, Pop oder gar Rock-Elemente ein. So auch an diesem Abend. Die Setliste des rund zweistündigen Konzertes war eine Art Best of Schiller-Programm, bei dem natürlich auch der erste große Hit „Glockenspiel“ nicht fehlen durfte. Begleitet wurde die Musik von einem effektvoll eingesetzten Lichtspiel und Videoeinspielern, die zumeist atmosphärischen Charakter hatten. Doch wo viel Licht ist, da fallen auch Schatten und die sind bei dem Erfolgsmusiker ebenso auszumachen. Schillers Musik klingt oft, als sei sie auf einem Streifzug durch die Geschichte der elektronischen Musik am Reißbrett entstanden. Ungeniert langt er immer wieder bei den Großen dieses Genre zu. Da ertönen in einem Moment Akkordfolgen, die direkt von Kraftwerk entliehen sein könnten, um im nächsten Moment den fließend, verführerischen Beat von Tangerine Dream zu kopieren. Man wähnt sich gerade richtig wohl in diesem entspannt dahinplätschernden Rhythmusfluss, da sind es plötzlich die verträumt melancholischen Klanglandschaften des Griechen Vangelis, die den Zuschauer einlullen. Schiller ist jedoch clever genug, diese Leihgaben zu einem eigenen Klangteppich zu verweben, um nicht schlicht des Plagiats beschuldigt werden zu können. Modernste Technik, kombiniert mit einem Gefühl, die besagten „Klangwelten“ akustisch ansprechend zu inszenieren, sorgen für ein angenehmes Wohlgefühl, dem sich auch in Worms kaum einer der Zuschauer entziehen konnte.

Fazit: Natürlich hätte man sich auch an diesem Abend gewünscht, dass die vorgetragene Formstrenge von spontanen musikalischen Improvisationen durchbrochen wird, aber das würde letztlich nicht in Schillers musikalische Breitwandwelt passen, bei der alles perfekt arrangiert ist wie bei einem Hollywood-Blockbuster.